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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Cardinal
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dass ihre Karriere endlich bergauf ging. Und jetzt würde ich ihr all diese Hoffnung nehmen.
    Ich sah mich in der Wohnung um. Eigentlich war sie schön. Wenn man die Wände etwas umfärbte und ein bisschen mehr Leben schaffte, konnte es einem wirklich gelingen, hieraus eine wohnenswerte Umgebung zu machen. Und jetzt würde Emilia nie genug Geld verdienen, damit sie und Valentin sich diese Wohnung weiter finanzieren konnten.
    Der Kloß in meinem Hals wurde langsam schon zur Gewohnheit. Natürlich, ich war daran schuld, dass sie es sich bald nicht mehr leisten konnten. Immerhin hätte Emilia in dieser Woche einen ganz anderen Artikel schreiben können, der sie vielleicht vor dem Ruin gerettet hätte. Sie beide.
    »Nina?«, holte Emilia mich in die Gegenwart zurück.
    »Tut mir leid«, erwiderte ich sofort. »Es ist nur so, dass ich nicht weiß, wie ich dir das erklären soll. Ich …« Ich seufzte. »Ich möchte nicht, dass du diesen Artikel veröffentlichst«, sagte ich dann unverblümt. Es war, wie wenn man ein Pflaster von einer verheilten Wunde riss. Schnell und ohne Gnade.
    Die Stille, die daraufhin folgte, zerrte an meinem Trommelfell. Es war die Art der Stille, in der man hören konnte, wie zehn Stadtviertel entfernt eine Tür zufiel. Die einen wahnsinnig machte, weil man das Gefühl hatte, seinen eigenen Herzschlag zu hören. Laut, wie ein stetes Echo im eigenen Schädel. Unaufhörlich.
    »Bitte?«, fragte Emilia dann leise. Sie hatte mich durchgehend angestarrt, nach der Lüge gesucht, die sie irgendwo in meinen Augen zu finden erwartete. Aber sie konnte suchen, wie sie wollte. Es gab keine Lüge, die sie finden konnte.
    »Ich möchte nicht, dass du diesen Artikel veröffentlichst«, wiederholte ich. »Ich werde meinen Namen nicht unter diesen Vertrag setzen.«
    Emilia schluckte. Ich sah, wie sie zu zittern begann und ihre Arme fester verschränkte, um es daran zu hindern, ihren ganzen Körper einzunehmen. »Wie bitte?«, fragte sie heiser. »Wieso …«
    »Es tut mir leid«, sagte ich wieder und senkte den Blick. »Ich bin in Wirklichkeit nur auf der Suche nach einer Möglichkeit, dass hier loszuwerden. Diese ganze Scheiße mit den Engeln und den Gedanken und der Liebe. Ich wollte wissen, ob es mit Provokation klappt. Und …«
    »Provokation?« Ihre Stimme bebte, als passte sie sich Emilias Körper an.
    Ich konnte ein leises, verzweifeltes Auflachen nicht verdrängen. »Ja. Ich dachte, vielleicht habe ich irgendwo einen Chef, der nicht möchte, dass diese Sache an die Öffentlichkeit kommt. Der mich quasi feuert.« Ich lachte wieder. »Es klingt bescheuert, ich weiß.« Das tat es wirklich. Jetzt, wo ich es so direkt aussprach, wurde mir bewusst, dass es wirklich von Anfang an eine vollkommen dämliche Idee gewesen war.
    Emilia stand nur da, starrte mich an und suchte nach Worten, während sie immer noch versuchte, in meinen Augen eine Lüge auszumachen.
    »Es ist wahr, Emilia. Ich verarsche dich nicht.«
    »Du hast die ganze Zeit …« Sie brach ab. Ich sah ein leichtes Glitzern in ihren Augen, wie von Tränen.
    »Ich habe das schon die ganze Zeit gewusst, ja«, murmelte ich. »Ich wollte nie, dass du diesen Artikel rausbringst. Ich habe …« Ich ließ die Schultern hängen und vergrub das Gesicht kurz in den Händen. »Ich habe dich die ganze Zeit nur benutzt.«
    Emilia schüttelte denn Kopf. »Das kann nicht dein Ernst sein«, brachte sie hervor. Jetzt kullerte die erste Träne über ihre Wange und suchte sich ihren Weg nach unten.
    Ich nickte. »Doch. Ist es. Jedes Wort. Und ich wäre dir dankbar, wenn du mir sagen könntest, wie ich das wieder gutmachen kann.«
    Das kann ich nicht, dachte ich. Das kann ich nicht wieder gutmachen. Unmöglich. Ich habe ihr Leben ruiniert. War dieser Gedanke zu hart? Ich wünschte es mir, aber irgendwie war ich mir sicher, dass es die Wahrheit war. Ich hatte ihr so viel Hoffnung gemacht, es war für sie eine Art Lichtblick gewesen, und jetzt krachte alles innerhalb von wenigen Sekunden zusammen. Doch, ich hatte ihr Leben ruiniert.
    »Wie viel willst du?«, fragte ich dennoch. »Von mir aus bezahle ich dir eine Abfindung, aber ich kann wirklich nicht zulassen, dass du diesen Artikel veröffentlichst.«
    Emilia nickte langsam. Wieso? Weil sie Geld wollte? »So ist das also«, murmelte sie und atmete tief ein. Ihre Brust bebte.
    »Wie ist was?« Ich runzelte die Stirn.
    »Wieso hast du Valentin gestern angerufen?«, fragte sie sofort.
    Ich stutzte. Valentin hatte recht

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