Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
geworden. Junas Strickjacke bot gegen den merklich auffrischenden Wind wenig Schutz. Wie so häufig in dieser Region änderte sich das Wetter rasch. Der Himmel über ihr war zwar immer noch blau, doch die Sonne schien sich verhüllt zu haben, und die Wiesen unter ihr wirkten eigentümlich fremd. Fast so, als habe sich ein Schleier darüber gelegt. Es wurde Zeit, den Rückweg anzutreten.
    Je näher sie dem Wäldchen kam, in dem ihr Auto geparkt war, desto mulmiger wurde ihr. Arian war nicht zu sehen, und sie begann sich Sorgen zu machen. Nicht das Wetter hatte sich verändert - die ganze Welt schien plötzlich in eine angstvolle Starre verfallen zu sein. Kein Schmetterling tanzte mehr über die Wiesen, kein Vogel sang. Außer dem Wind, der beständig zuzunehmen schien, herrschte beklemmende Stille.
    Von einer Sekunde auf die andere, als hätte sie einen magischen Schutzschild durchbrochen, erkannte Juna den Grund für dieses Phänomen: Sieben Engel landeten auf der kurzgeschnittenen Wiese, ihnen voran niemand anderer als Micaal. Die weißen Schwingen der Gerechten waren herrlich anzusehen. Arian aber verlieh das glänzende Schwarz seiner Flügel eine bedrohliche und zugleich majestätische Ausstrahlung, die der seiner Gegner in nichts nachstand.
    Micaal rief etwas, doch der Wind trug die Worte fort, Juna verstand ihn nicht. Arian antwortete in höhnischem Tonfall. Sie waren in einen Hinterhalt geraten. Während sich die irdischen Engel noch organisierten, waren die Gerechten hier angetreten, um Tatsachen zu schaffen, indem sie ihren stärksten Widersacher auslöschten.

    Starr vor Angst stand Juna am Waldrand, unfähig, eine Entscheidung zu treffen.
    Ihre Gedanken waren von einer einzigen Frage blockiert. Was soll ich nur tun? Sollte sie Arian zu Hilfe eilen und ihn damit womöglich ablenken? Juna wusste, dass er von ihr verlangen würde, sich in Sicherheit zu bringen. Und sei es um den Preis, ihn im Stich zu lassen. Doch das konnte und wollte sie nicht.
    Juna tat einen Schritt nach vorn und spürte plötzlich einen heftigen Stoß im Rücken. Gleich darauf fand sie sich am Boden zwischen zwei Tannen wieder. Finn zwängte sich unter den tiefen Ästen hindurch und kroch dicht an Juna heran. Er legte seine Schnauze auf ihre Hand, als wollte er sie davor warnen, das mit Blättern und Tannennadeln ausgepolsterte Versteck zu verlassen. Sie fühlte sich wie ein Reh, in dessen nächtlichem Schlafplatz sie sehr wahrscheinlich gelandet waren. Der Wald bot ihr seine Freundschaft an. Irgendjemand hatte ihr die schwere Entscheidung abgenommen, und vorläufig vertraute Juna sich dem Schutz der Natur an. Das Amulett an ihrem Hals hielt sie vorsichtshalber fest umklammert.
    Aus ihrem Versteck beobachtete sie das weitere Geschehen. Micaal und seine Mitstreiter waren, ebenso wie bei ihrer letzten Begegnung, wie Krieger der Antike gekleidet. Mit Brustpanzer und Beinschienen, dazu ein schlichtes weißes Gewand, unterschieden sie sich von Arian nur farblich.
    Weiß gegen Schwarz, die Figuren in diesem tödlichen Spiel standen einander kampfbereit gegenüber, und bei dieser Übermacht schien klar zu sein, wer gewinnen würde. Doch noch war die Partie offen.

    Juna hoffte auf ein Wunder. Was hätte ihr Leben noch für einen Sinn, wenn er bei dem Versuch, sie zu schützen, stürbe? Und noch viel mehr stand auf dem Spiel. Die Freiheit all jener Engel, die zwar aus Elysium ausgeschlossen worden waren, aber den Versuchungen der Hölle widerstanden hatten, und von denen jeder Einzelne mehr für die Menschheit tat als diese seelenlosen, selbstgerechten Verfechter des reinen Wegs.
    Ihre stillen Gebete wurden erhört. Wie aus dem Nichts tauchte Daniel neben Arian auf, und mit ihm ein gutes Dutzend kampfbereiter Mitstreiter in mehr oder weniger geeigneter Ausrüstung. Ihre Schwerter waren in Ordnung, aber eine anständige Rüstung sah anders aus. Hatten sie das Recht verloren, das Kampfgewand der Engel und Dämonen zu tragen?
    Juna staunte über ihren Mut. Einer hatte sich lediglich einen Motorradhelm zu Jeans und T-Shirt aufgesetzt, gleich zwei waren im blau-weißen Trikot ihres heimischen Rugby-Vereins erschienen. Immerhin sah sie auch vier oder fünf von ihnen in der Kampfuniform der Special Forces, die zumindest etwas Schutz bieten würde.
    »Wo ist sie?« Als hätten die Worte ihr gegolten, konnte sie Micaal nun verstehen. Seine Stimme klang so unbeteiligt wie immer.
    Arian starrte ihn nur an. Es war alles gesagt, er würde Juna niemals

Weitere Kostenlose Bücher