Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüsterherz

Flüsterherz

Titel: Flüsterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Debora Zachariasse
Vom Netzwerk:
Ferien?«, fragte Jeske. »Wir fahren nach Friesland. Meine Tante hat dort ein Ferienhaus mit Boot. Sechs Wochen segeln, das wird ein Leben!«
    »Ich weiß noch nicht«, sagte Eileen. »Aber ich möchte auf jeden Fall irgendwohin, wo was los ist.«
    »Ich bleib zu Hause«, sagte Tibby. »Ich leg mich am Wasser in die Sonne und faulenze. Dafür brauch ich nur ein paar Schritte zu gehen.«
    Ich dagegen hatte jede Menge Ferienpläne. Zwei Wochen Familienurlaub in der Schweiz und eine Woche Musikfreizeit. Außerdem wollte ich ins Schwimmbad, knackebraun werden, und mal wieder mehr Zeit mit Eileen verbringen.
    Aber es kam anders.
    Eileen, dieser Glückspilz, wurde von ihrem Opa nach New York eingeladen, und weg war sie: sechs Wochen Amerika und Segeln in der Karibik.
    Jeske und Lianne waren in Friesland und so verbrachte ich die halben Sommerferien mit Tibby. Sie war auch allein. Sharima konnte wegen ihres Ladens nicht weg und Jeff hatte den Bus repariert und war wieder unterwegs.
    »Wolltest du nicht mit?«, fragte ich Tibby.
    Sie zuckte nur mit den Schultern.
    »Fehlt er dir?«
    »Nein, er ist ja nie lange weg.«
    Ich sah sie von der Seite an und kam zu dem Schluss, dass Jeff ihr sehr wohl fehlte. So verbissen, wie sie sich plötzlich mit der Harke zu schaffen machte.
    Sharima bekamen wir auch so gut wie nie zu sehen. Sie war immer bis spätabends in ihrem Laden. Einerseits tat Tibby mir deswegen leid, doch andererseits konnten wir auf diese Weise tun und lassen, was wir wollten. Schwimmen, Lagerfeuer machen, Hamburger über der Glut grillen … Wir verkleideten uns und steckten uns Blumen ins Haar, die wir im Garten gepflückt hatten. Dort grünte und blühte alles so üppig und intensiv, als hätte jemand darüber einen Zaubertrank ausgegossen. Wenn ich meine Nase in eine der Rosen steckte, hatte ich das Gefühl, selbst zu blühen. Ich nahm große Sträuße mit nach Hause: zartfarbene Teerosen und duftende lila Blumen, die ich nicht kannte.
    »Lathyrus«, sagte Tibby,
»sweet pea.«
    »Süßerbse?« Nun verstand ich Jeffs Kosenamen für sie. »Die duften ganz wunderbar.«
    Tibby zuckte wieder nur mit den Schultern. Manchmal hätte ich gern gewusst, was in ihr vorging.
    Wir kochten zusammen und Tibby brachte mir viel bei. Mal gab es Brechbohnen mit frisch geriebenem Muskat, mal eine köstliche Spaghettisoße mit Hack und Zwiebeln und frischem Oregano aus dem Garten.
    »Mir knurrt der Magen«, sagte Tibby oft, und dann kam jedes Mal etwas Neues, zum Beispiel: »Weißt du was, wir machen Äpfel im Schlafrock.«
    »Wie? Das kannst du auch selber?«
    »Klar. Ist doch kein Hexenwerk«, antwortete sie und kurz darauf duftete es in der Küche verlockend nach Äpfeln und Zimt.
    So gingen die Tage dahin und ich genoss das Leben wie noch nie.

2
    »Kommst du morgen wieder?«, fragte Tibby, wenn ich mich abends von ihr verabschiedete. Jeden Tag fragte sie das und sagte dann: »Die Beete müssen mal wieder gejätet werden«, oder: »Die Hühner müssen die Flügel gestutzt kriegen, damit sie nicht davonfliegen.«
    »Wie wär’s, wenn du mich mal zur Abwechslung besuchst«, schlug ich eines Tages vor. »Und wir machen was anderes als immer nur Gartenarbeit.«
    »Bei euch ist alles so edel, kalt und nüchtern. Da komm ich mir vor wie die arme Verwandte.«
    »Dann zieh doch mal was Hübsches an«, sagte ich. »Weißt du was, wir machen einen Einkaufsbummel in Utrecht. Gerade ist Sommerschlussverkauf.«
    »Du weißt genau, dass ich auf so was keine Lust hab«, sagte sie. »Außerdem: Wie soll ich mit meinem Rad dahin kommen?«
    Ihr Rad war wirklich mehr als klapprig. Das Schutzblech hing nur noch an einer Schraube und der Hinterreifen war mittlerweile gut viermal geflickt.
    »Okay, dann nehmen wir das als Erstes in Angriff«, sagte ich. »Morgen schauen wir beim Fahrradhändler vorbei.«
    »Der ist garantiert nicht scharf drauf, das Uralt-Teil zu reparieren.«
    »Lass uns wenigstens fragen, was es kosten würde.«

3
    Am nächsten Tag fuhren wir die Einkaufsstraße entlang. Fahrradhändler Nummer eins riet zu einem neuen Reifen und einer ganzen Reihe von Reparaturen.
    »Hundert Euro! Der hat sie wohl nicht alle!«, empörte sich Tibby. »Was jetzt?«
    »Wir gehen zu Van der Linden«, sagte ich. »Vielleicht macht der es billiger.«
    Die alte Ladenglocke bimmelte fröhlich. Nach ein paar Minuten kam ein Mann angeschlurft. Er trug eine Art Elvis-Presley-Tolle, allerdings dünn und grau, und einen blauen Arbeitskittel, auch etwa aus

Weitere Kostenlose Bücher