Flüsterherz
Luftholen.
Tarik und ich versuchten, zur Bar durchzukommen, was nicht ganz einfach war, denn die Tanzfläche war mittlerweile gut gefüllt.
Jemand rempelte mich an, ich bekam Bierspritzer ins Gesicht und verlor das Gleichgewicht. Tarik fing mich auf und legte mir schützend den Arm um die Taille.
Tibby stand nicht mehr an der Bar. Und auch auf der Tanzfläche konnte ich sie nirgends entdecken.
Tarik sagte etwas, aber ich verstand kein Wort. Ich wollte mich gerade von ihm losmachen, da sah ich Easy, nur ein paar Schritte entfernt. Er guckte total irritiert.
Schlagartig bekam ich weiche Knie und ein flaues Gefühl im Bauch. Er sah mich an und lächelte gezwungen. Seltsam – was hatte er?
Mein vom Tanzen ohnehin schon pochendes Herz legte noch einen Zahn zu, und ich spürte, dass ich schon wieder rot anlief.
Ich musste hier weg – sofort!
»Ich guck mal, wo Tibby steckt!«, rief ich Tarik zu und wandte mich zum Gehen. Er griff nach meinem Ärmel und hielt mich fest. Hatte er zu viel getrunken, oder was?
Ich machte mich los. »War nett, Tarik. Wir sehen uns später«, sagte ich laut, was ihn aber nicht zu beeindrucken schien, denn er legte schon wieder den Arm um mich. Tarik war echt eine Klette.
»Lass mich los!«, rief ich.
Er lachte albern. Hatte er mich nicht verstanden oder wollte er mich absichtlich auf die Palme bringen?
Egal, ich musste wohl deutlicher werden. Ich formte die Hände zu einem Trichter und brüllte ihm ins Ohr: »Mach dich vom Acker!«
Endlich kapierte er und verzog sich.
Ich kaufte zwei Cola und machte mich auf die Suche nach Tibby.
Es dauerte eine ganze Weile, bis ich sie fand. Sie stand in einer Ecke bei der Garderobe, machte ein mürrisches Gesicht und tat so, als sähe sie mich nicht.
Als ich ihr die Cola geben wollte, starrte sie mich wütend an.
»Falls das ein Witz sein soll …«, verstand ich, »… verdammt schlechter … Und wenn’s ernst ist, dann bring ich dich um.«
Wie bitte??? Ich war völlig perplex und suchte noch nach Worten, da tauchte auch schon wieder Tarik auf.
War der Typ taub?
Grinsend hielt er mir eine Cola hin.
»Danke. Ich hab schon, wie du siehst.« Ich ließ ihn stehen und bugsierte Tibby zu den Toiletten, damit wir in Ruhe reden konnten.
»Was hast du, Tibs?«, fragte ich. »Ist was passiert?«
»Was hast du, Tibs?«, äffte sie mich mit schriller Stimme nach. »Gar nichts ist passiert! Außer dass du dich an Tarik ranmachst! Weil du den nämlich leichter kriegen kannst als deinen dämlichen Tattergreis! Hast du jetzt ein schlechtes Gewissen? Brauchst du nicht! Ich amüsier mich prächtig, so gut, dass ich fast erstickt wär.«
»Hallo? Ich hab doch nur ein bisschen mit ihm getanzt«, sagte ich. »Warum hast du nicht mitgemacht? Ich hab dir doch gewunken wie wild.«
»Klar doch«, sagte sie, »tanz ruhig mit meinem Freund. Wackel ihm mit deinem sexy Arsch vor der Nase rum. Schmeiß dich an ihn ran, knutsch ihn ab. Am besten so, dass alle esmitkriegen. Echt Anna, dass du mir so was antust! Und dich hab ich für meine beste Freundin gehalten.« Mit einem heftigen Ruck riss sie sich das Tuch ab und schüttelte das schwarze Haar, das sie nun wie eine Gewitterwolke umgab.
»Tarik wollte doch nur … ich meine: Tarik …«
Irgendwie hatte ich noch nicht ganz kapiert, wie Tibby auf so was Absurdes kam. Tarik war doch nicht ihr Freund. So ein Quatsch! Oder lief da was, das mir entgangen war? Sie hatte erzählt, dass er ihr mit dem Reifen geholfen hatte. Vielleicht hatte er sie damals auch geküsst?
»Hat Tarik … hat er … «, begann ich, doch dann wurde mir klar, dass es sinnlos war, egal, was ich sagte.
Sie war außer sich vor Wut.
»Was stotterst du so blöd rum? Tarik, Tarik, Tarik …«, fuhr sie mich an.
Mein Mund wurde so trocken, als hätte ich gerade eine ganze Rolle Klopapier verspeist. Ich rang nach Luft. Ich hatte mich auf diesen Abend gefreut und war so erleichtert gewesen, dass auch Tibby gute Laune hatte. Und nun veranstaltete sie schon wieder ein Drama.
»Kannst du vielleicht mal kurz die Klappe halten und mir zuhören?«, fragte ich.
»Nein! Du lügst ja doch nur!«
»Tibby, ich hab einfach nur mit Tarik getanzt, mehr nicht. Im Gegenteil: Ich wollte ihn für dich festhalten, damit er nicht gleich wieder die Flatter macht und sich ein anderes hübsches Mädchen sucht. Du weiß ja, wie er ist. Aber du bist nicht gekommen. Ich versteh echt nicht, warum du jetzt so ’ne Szene machst.«
Tibby schwieg. Sie warf mir einen
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