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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hypnotisierte. Wenn Sie sich erinnern, so hat Bruno erzählt, sie hätte ihn zur Strafe in ein dunkles Loch im Boden gesteckt – und jetzt zitiere ich –, ›dafür, daß ich mich nicht wie einer verhalten habe und auch nicht so gedacht habe‹. Ich nehme an, damit meinte er, daß sie ihn und seinen Bruder in dieses dunkle Loch steckte, wenn sie nicht wie eine einzige Person denken und handeln wollten. Sie muß sie immer wieder längere Zeit dort eingesperrt haben, und dort mußte etwas Lebendes existieren, etwas, das über sie krabbelte. Was auch immer in diesem Raum oder diesem Loch passiert sein mag ... es muß so schrecklich gewesen sein, daß sie jahrzehntelang Alpträume davontrugen. Wenn es noch so viele Jahre später derartig starke Eindrücke hinterließ, würde ich sagen, es handelte sich um eine genügend harte Strafe, um eine Gehirnwäsche zu bewirken. Ich würde sagen, Katherine hat mit den Zwillingen genau das erreicht, was sie wollte: Sie hat sie zu einer Person verschmolzen.« Joshua starrte durch das Kabinenfenster hinaus.
    Nach einer Weile sagte er: »Nach der Rückkehr aus Mrs. Yancys Hurenhaus hatte Katherine das Problem, die Zwillinge als das eine Kind auszugeben, von dem sie geredet hatte, um damit die Mary-Günther-Lüge aufrechtzuerhalten. Aber das hätte sie auch erreichen können, indem sie einen der Brüder einsperrte, ihn im Haus festhielt und nur den anderen hinausließ. Das wäre schneller, leichter, einfacher und ungefährlicher gewesen.« »Aber wir kennen doch alle Clemenzas Gesetz«, meinte Hilary. »Eben«, nickte Joshua. »Clemenzas Gesetz: Verdammt wenige Leute tun das, was schnell, leicht, einfach und ungefährlich ist.« »Außerdem«, fügte Hilary hinzu, »brachte Katherine es einfach nicht übers Herz, einen der Jungen für immer einzusperren und den anderen ein normales Leben führen zu lassen. Nach all den durchgemachten Qualen gab es für sie vielleicht eine Grenze, die sie ihren Kindern zumuten wollte.«
    »Mir scheint, sie hat ihnen eine ganze Menge zugemutet!« entgegnete Joshua. »Sie hat sie in den Wahnsinn getrieben!« »Ja, aber ohne es zu wollen«, versicherte Hilary. »Sie wollte sie nicht in den Wahnsinn treiben. Sie glaubte, das zu tun, was für sie am besten war, aber ihr eigener Geisteszustand ließ sie das natürlich nicht erkennen.«
    Joshua seufzte müde. »Schon eine sehr ausgefallene Theorie, die Sie da vertreten.«
    »Gar nicht so ausgefallen«, meinte Tony. »Sie stimmt mit den Tatsachen überein, die wir kennen.«
    Joshua nickte. »Ja, und ich muß wohl auch daran glauben. Wenigstens an den größten Teil. Ich wünschte, alle Bösewichte in diesem Stück wären nur gemein und verabscheuungswürdig. Irgendwie halte ich es persönlich nicht für richtig, so viel Mitgefühl für sie zu empfinden.«
    Bei ihrer Landung in Napa war der Himmel schon fast völlig schwarz; sie fuhren sofort zum Büro des Sheriffs und berichteten alles Peter Laurenski. Zuerst starrte er sie an, als hätten sie den Verstand verloren, doch dann fing er langsam, wenn auch widerstrebend, an, ihnen zu glauben. Mit einer derartigen Reaktion rechnete Hilary für die nächste Zeit noch oft. Laurenski rief die Polizei in Los Angeles an und erfuhr dort, daß das FBI bereits wegen des Bankbetruges mit San Franzisko telefoniert und sich nach jemandem erkundigt hatte, der als Bruno Fryes Doppelgänger auftrat und von dem man annahm, daß er sich im Augenblick im Zuständigkeitsbereich von Los Angeles befand. Laurenski konnte dazu jetzt natürlich seinerseits mitteilen, daß der Verdächtige nicht nur ein Doppelgänger, sondern echt war – obwohl ein zweiter Echter tot war und begraben im Napa County Memorial Park lag. Er teilte der Polizei weiterhin mit, er habe Grund zu der Annahme, daß die beiden Brunos in den letzten fünf Jahren sich darin abgewechselt hätten, Frauen zu ermorden, in eine Serie von Mordtaten in der nördlichen Hälfte des Staates verwickelt gewesen sein könnten, obwohl er im Augenblick dafür noch keine stichhaltigen Beweise liefern könne. Im Augenblick verfüge er nur über Indizienbeweise: die unheimliche, aber logische Interpretation des Briefes aus dem Schließfach im Licht jüngster Erkenntnisse über Leo und Katherine und die Zwillinge – und die Tatsache, daß beide Zwillinge versucht hatten, Hilary zu ermorden; die Tatsache, daß einer der Zwillinge letzte Woche dem anderen ein Alibi verschaffte zum Zeitpunkt des ersten Überfalles auf Hilary, was auf

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