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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Lederimitat; Frye nahm in einer Platz.
    Die Bedienung, die sofort an seinen Tisch eilte, war klein, fast genauso breit wie groß und hatte ein rundes, überraschend hübsches Gesicht. Sie hob ihre Stimme, um Freddie Fenders süßlich-klagenden Gesang aus der Jukebox zu übertönen, fragte Frye, was er wünsche, und nahm seine Bestellung entgegen: eine doppelte Portion Chili Verde und zwei Flaschen Dos Equis, kalt. Er trug immer noch Lederhandschuhe. Jetzt zog er sie aus und bewegte seine Finger.
    Abgesehen von einer Blondine in einem tiefaus-geschnittenen Pullover, in Begleitung eines schnurrbärtigen Chicanos, war Frye der einzige Gast in Garrido's, in dessen Adern kein mexikanisches Blut floß. Er merkte, daß einige der Gäste ihn anstarrten, aber es machte ihm nichts aus. Die Kellnerin brachte das Bier. Frye ließ das Glas unberührt, führte die Flasche zum Mund, schloß die Augen, legte den Kopf in den Nacken und trank. In weniger als einer Minute leerte er die Flasche. Er trank das zweite Bier etwas weniger hastig als das erste, doch war auch diese Flasche leer, als sie sein Essen brachte. Er bestellte sich zwei weitere Flaschen Dos Equis. Bruno Frye aß gierig mit totaler Konzentration, weder fähig noch willens, den Blick von seinem Teller zu wenden, blind für alles in seiner Umgebung, den Kopf gesenkt, schaufelte er die Nahrung fieberhaft wie ein Automat in sich hinein. Mit kleinen animalischen Lauten des Entzückens verschlang er das Chili Verde, kaute die von Soße triefenden Stücke, eines nach dem anderen, hastig und heftig, so daß ihm die Backen anschwollen. Zu dem Gericht kam ein Teller mit warmen Tortillas, mit denen er die köstliche Soße auftunkte. Mit großen Schlucken eisigen Bieres spülte er alles runter.
    Er hatte bereits mehr als die Hälfte verschlungen, da kam die Kellnerin und fragte, ob alles in Ordnung sei, erkannte aber schnell, daß ihre Frage unnötig war. Er schaute sie an, mit Augen, die beinahe glasig wirkten. Mit belegter, weit entfernt klingender Stimme bestellte er zwei Tacos, ein paar Käse-Enchiladas, Reis, gekochte Bohnen und zwei weitere Flaschen Bier. Ihre Augen weiteten sich, aber sie war zu höflich, um einen Kommentar zu seinem Appetit abzugeben. Ehe sie die zweite Bestellung brachte, hatte er das Chili Verde aufgegessen. Trotz des leeren Tellers löste er sich nicht aus seiner Trance. Auf jedem Tisch stand eine Schale Taco-Chips; er zog die seine zu sich heran. Er tauchte die Chips in die dazugehörige würzige Soße, und steckte sie sich ganz in den Mund, zerkaute sie mit ungeheurem Vergnügen und erheblicher Geräuschentwicklung. Kaum brachte die Kellnerin seine zweite Bestellung mit dem Bier, murmelte er kurz ein Dankeschön und begann unverzüglich, die Käse-Enchiladas in sich hineinzustopfen, arbeitete sich dann durch die Tacos und die Beilagen. Eine Ader fing an seinem Stiernacken sichtbar zu pochen an, und die Venen auf seiner Stirn traten deutlich hervor. Eine dünne Schweißschicht überzog sein Gesicht, und Schweißtropfen rannen vom Haaransatz über seine Stirn. Zu guter Letzt schluckte er die Bohnen, spülte das Ganze mit Bier hinunter und schob dann die leeren Teller weg. Eine Weile saß er da, die eine Hand auf den Schenkel gestützt, mit der anderen die Flasche haltend, und starrte aus der Nische ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen. Mit der Zeit trocknete der Schweiß auf seinem Gesicht ab, und plötzlich begann er wieder die Musik aus der Jukebox wahrzunehmen, ein weiteres Freddie-Fender-Stück. Er schlürfte sein Bier und schaute sich unter den Gästen um, nahm sie zum ersten Mal bewußt wahr. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf eine Gruppe, die am Tisch bei der Tür saß. Zwei Paare. Gutaussehende Mädchen. Dunkelhäutige Männer mit gutgeschnittenen Gesichtern. Alle Anfang zwanzig. Die jungen Männer spielten sich bei den Frauen auf, redeten eine Spur zu laut, lachten zuviel, balzten, gaben sich große Mühe, die kleinen Hühner zu beeindrucken. Frye beschloß, sich mit ihnen einen Spaß zu erlauben. Er überlegte, dachte nach, wie er es anpacken wollte, und grinste dann vergnügt in Erwartung der Unruhe, die er stiften würde.
    Er verlangte bei der Bedienung die Rechnung, gab ihr mehr als genug Geld und meinte: »Das Wechselgeld können Sie behalten.«
    »Sie sind sehr großzügig«, lächelte sie und nickte ihm auf ihrem Weg zur Registrierkasse zu.
    Er zog die Lederhandschuhe an. Seine sechste Flasche Bier war noch zur Hälfte voll, deshalb

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