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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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offensichtlich nicht zu reichen. Sie war weder allwissend noch allsehend. Er befand sich in ihrem Haus, aber sie wußte es anscheinend noch nicht. Er grinste.
    Er zog das Messer aus der Scheide und hielt es in der rechten Hand.
    Mit der Taschenlampe in der Linken schlich er lautlos durch jedes Zimmer im Erdgeschoß. Sie waren alle dunkel und verlassen.
    Dann schlich er die Treppe ins Obergeschoß hinauf, hielt sich dabei dicht an der Wand, für den Fall, daß eine der Treppendielen ächzen sollte. Er erreichte geräuschlos das Obergeschoß.
    Er durchsuchte das Schlafzimmer, fand aber nichts von Bedeutung. Im letzten Zimmer auf der linken Seite glaubte er einen Lichtschein unter der Tür wahrzunehmen, und schaltete seine Taschenlampe ein. In dem pechschwarzen Korridor markierte nur eine nebulöse silberne Linie die Schwelle des letzten Zimmers, aber damit hob sich dieser Raum von den anderen ab. Er ging zur Tür und versuchte vorsichtig, den Türknopf herumzudrehen. Abgesperrt. Er hatte sie also gefunden. Katherine.
    Die vorgab, Hilary Thomas zu heißen. Das Miststück. Das dreckige Miststück. Katherine, Katherine, Katherine . . .
    Der Name hallte durch sein Bewußtsein und gleichzeitig krampfte sich seine Faust um das Messer und vollführte kurze, zustoßende Bewegungen in die Finsternis hinein, so als würde er auf die Frau einstechen.
    Auf dem Boden ausgestreckt, das Gesicht an der Bodenritze, spähte Frye durch den Spalt unter der Tür. Ein großes Möbelstück, vielleicht eine Kommode, war auf der anderen Seite dagegengerückt. Indirektes Licht von einem Ort rechterhand erfüllte das Schlafzimmer, und etwas davon drang durch die Tür nach draußen.
    Das Wenige, das er sehen konnte, entzückte ihn, und ein optimistisches Gefühl durchflutete ihn. Sie hatte sich in diesem Zimmer verbarrikadiert, und das bedeutete, das verhaßte Miststück hatte Angst vor ihm. Sie hatte Angst vor ihm. Obwohl sie aus dem Grab wiederauferstehen konnte, hatte sie Angst vor dem Sterben. Vielleicht wußte oder fühlte sie dieses Mal, daß sie nicht wieder zu den Lebenden würde zurückkehren können. Er würde verdammt gründlich vorgehen beim Beseitigen der Leiche, wesentlich gründlicher als bei all den vielen anderen Frauen, deren Körper sie bewohnt hatte. Er würde ihr das Herz herausschneiden, einen Holzpflock hindurchtreiben, ihr den Kopf abschneiden und ihren Mund mit Knoblauch füllen. Außerdem hatte er vor, Kopf und Herz mitzunehmen, wenn er das Haus verließ; er würde diese zwei scheußlichen Trophäen in geheimen unterschiedlichen Gräbern verscharren, in der heiligen Erde zweier unterschiedlicher Friedhöfe, weit von der Stelle entfernt, wo die Leiche selbst begraben werden würde. Offenbar wußte sie, daß er diesmal außergewöhnliche Vorkehrungen treffen wollte, weil sie sich ihm diesmal mit bisher ungeahnter Wut und Entschlossenheit widersetzt hatte.
    Sie war sehr ruhig dort drinnen.
    Ob sie schlief? Nein, entschied er. Um zu schlafen, hatte sie viel zuviel Angst. Wahrscheinlich saß sie mit der Pistole in der Hand im Bett.
    Er malte sich aus, wie sie sich dort drinnen versteckte, wie eine Maus, die Zuflucht vor der Katze suchte, und er kam sich stark und mächtig vor, wie eine Urgewalt.
    Haß wallte jetzt dunkel in ihm auf. Er wollte, daß sie vorAngst zitterte und bebte, so wie er so viele Jahre lang ihretwegen gezittert hatte. Ein fast übermächtiger Drang, sie plötzlich anzuschreien, erfaßte ihn. Er wollte ihren Namen hinausbrüllen - Katherine, Katherine - und ihr Flüche entgegenschleudern. Die Anstrengung, sich zurückzuhalten, trieb ihm jetzt den Schweiß ins Gesicht und die Tränen in die Augen. Er erhob sich, stand lautlos in der Finsternis und überlegte was zu tun war. Er konnte sich gegen die Tür werfen, sie aufbrechen und das Hindernis aus dem Weg schieben, aber das würde einem Selbstmord gleichkommen. Er würde die Barrikade nicht schnell genug überwinden können, um die Frau zu überraschen. Sie hätte genügend Zeit, die Waffe auf ihn zu richten und ihm ein halbes Dutzend Kugeln in den Leib zu jagen. Also blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten, bis sie herauskam. Wenn er im Korridor blieb und die ganze Nacht keinen Laut von sich gab, würde ihre Wachsamkeit erlahmen. Bis zum Morgen würde sie sich vielleicht in Sicherheit wiegen und glauben, er käme nicht wieder. Sobald sie das Zimmer verließe, konnte er sie packen und zum Bett zurückdrängen, ehe sie wußte, wie ihr geschah. Frye

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