Flug in den Weltraum
Gefahren aufmerksam gemacht worden, aber der Deutsche hat sich nicht an die Vorschriften gehalten. Es hat Explosionen gegeben. Nur dadurch sind wir in den Besitz dieser Probe gekommen.«
»Explosionen?« unterbrach ihn Hidetawa, »in Ihrem Funcspruch war nur von einer Explosion die Rede.«
»Eine zweite hat sich später ereignet, Herr Hidetawa. Wir hörten den Knall und konnten gerade noch sehen, wie ein Projektil aus dem abgesperrten Gelände, auf dem die Deutschen ihren Versuch machten, in schräger Richtung nach oben schoß. Es streifte einen Betonbunker des Werkes hart an der Kante und verschwand nach dem Anprall mit geändertem Kurs in westlicher Richtung.
Der Bunker lag dicht bei unserem Laboratorium. Wir sahen, wie etwas an der getroffenen Stelle abbröckelte und nach unten fiel. Wir gingen hin und fanden zwischen den abgesprengten Betonbrocken mehrere Gramm eines metallischen Stoffes. Wir haben ihn mitgebracht.«
»Eine Probe von einem zweiten deutschen Versuch?« Hidetawa hatte Mühe, seine Erregung zu verbergen, während er fragte; Erwartung malte sich in seinen Zügen, als Saraku die bleierne Dose, welche die zweite Probe enthielt, auf den Tisch stellte. »Das ist gut, das ist viel mehr als das erste Mal. Das wird uns weiterhelfen!« kam’s von den Lippen des Alten, während seine Augen an dem Stückchen strahlender Materie hingen. »Kommen Sie mit in mein Laboratorium, wir wollen es untersuchen.« Längst war die Helle des Frühlingsmorgens der Abenddämmerung gewichen. Schon wurde es notwendig, das Licht einzuschalten, um die Skalen der Meßinstrumente ablesen zu können, doch Hidetawa achtete nicht der fliehenden Stunden, vergaß seine Jahre, vergaß Zeit und Raum über den Untersuchungen der neuen Probe. Mit stiller Bewunderung sahen die beiden Jüngeren, wie er in immer neuen Versuchen nach immer wieder veränderten Methoden analysierte. Die Uhren im Gebäude kündeten die zweite Morgenstunde, als er die letzte Untersuchung beendete und das Ergebnis niederschrieb. Minuten hindurch saß er danach vor dem Geschriebenen, schweigend, grübelnd, bis er zu sprechen anhub.
»An der Tatsache ist nicht zu zweifeln. Auf zehn verschiedenen Wegen sind wir zu dem gleichen Ergebnis gekommen. Trotzdem bleibt es kaum glaublich. Fast möchte ich es ein Wunder nennen ...«
Gespannt lauschten Saraku und Yatahira den Worten, die immer langsamer und schwerer von den Lippen des greisen Gelehrten fielen.
»Hat den Deutschen ein Schutzengel zur Seite gestanden? Sie haben die explosive Phase übersprungen. Fast doppelt so stark als in der ersten Probe ist der den Zerfall fördernde Zusatz in diesem Stoff. Viel stärker als die erste Probe strahlt der neue Stoff. Aber gleichmäßig, gebändigt verstrahlt die Materie. Wie mögen die Deutschen es geschafft haben, die explosive Phase zu überspringen? Man müßte es wissen, sonst ...«
Erst nach geraumer Zeit wagte Yatahira das Schweigen zu brechen. »Was wäre sonst, Meister?«
»Sonst werden wir Opfer der entfesselten Naturkraft, Yatahira. Wenn wir den Stoff nicht besiegen, besiegt er uns!«
»Opfer müssen gebracht werden.« Mehr zu sich selbst als zu den anderen hatte Saraku es vor sich hin gesprochen.
»Opfer? Keine unnötigen Opfer, Saraku! Es ist schon spät in der Nacht. Wir wollen ruhen; morgen im Licht des Tages wollen wir weiter darüber sprechen.«
Hidetawa stand auf. Saraku und Yatahira verneigten sich und verließen den Raum. Nachdenklich blickte Hidetawa vor sich hin. Langsam begann er auf und ab zu gehen, während seine Lippen abgerissene Sätze formten. »Sie sind noch jung ... sie sprechen von Opfern und meinen den Tod ... Eine geringe Unvorsichtigkeit ... er käme schneller über sie, als sie es ahnen ... Zwecklose Vernichtung wäre es, kein Opfer. Für eine Sache sterben? Wenn es ihr dient, ja! Besser ist es, für eine Sache zu leben!« Hidetawa hielt in seinem Selbstgespräch inne, vertiefte sich wieder in die Aufzeichnungen über die letzten Versuche und Analysen, rechnete und plante. Die Strahlen der Frühsonne fielen bereits durch das Fenster, als er das Laboratorium verließ, um für kurze Stunden der Ruhe zu pflegen.
»Wir müssen den gleichen Weg gehen wie die Deutschen.« Wieder und immer wieder mußten Yatahira und Saraku in den nächsten Tagen diese Mahnung hören und zahllose Fragen beantworten, die Hidetawa deswegen an sie richtete. Nebensächlichkeiten, Zufälligkeiten, längst vergessene Dinge mußten sie sich unter dem Zwang seiner
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