Flug in Die Nacht
für Erprobungszwecke zu sichern.
Selbstverständlich brauchen wir dafür einen erstklassigen Projektoffizier, der große Erfahrung mit Bombern hat, unser neues strategisches Begleitkonzept aus der Praxis kennt, eigene Ideen entwickeln kann und sich in Probleme verbeißt und nicht mehr lockerläßt, bis sie gelöst sind. Natürlich haben wird dabei an Sie gedacht.«
McLanahan war sprachlos. John Ormack, der seine Verblüffung erkannte, grinste noch breiter. General Ormack war ein Absolvent der Air Force Academy, nur mittelgroß, mit grau-meliertem braunen Haar und schlanker, drahtiger Figur.
Obwohl er selbst Pilot mit einigen tausend Flugstunden auf Dutzenden von Flugzeugmustern war, fühlte er sich im Labor, im Flugsimulator oder vor einem Computer am wohlsten. Die jungen Männer, mit denen er zusammenarbeitete, waren entweder ruhige, fleißige Ingenieure oder sehr selbstsichere Testpiloten, die sich ihres Werts bewußt waren, weil sie sich gegen harte Konkurrenz diesen Job im HAWC erkämpft hatten.
McLanahan gehörte keiner dieser beiden Gruppen an. Er war kein Absolvent der Air Force Academy, kein Ingenieur und kein Testpilot. McLanahan war ein einsdreiundachtzig großer Blonder, dessen Auftreten große Willens- und Körperkraft verriet; ein begabter, strebsamer, intelligenter, tüchtiger Offizier. Als ältester Sohn irischer Einwanderer war McLanahan in New York geboren, aber in Sacramento aufgewachsen und schon während seines Studiums am California State Polytechnic College Reserveoffizier der Luftwaffe geworden. Gleich nach dem Studium war er 1973 zur US Air Force gegangen, hatte die Ausbildung zum B-52-Navigator geschafft und war dem 320th Bomber Wing auf der Mather AFB in Sacramento zugewiesen worden.
Dort war McLanahan der beste Radar-Bombenschütze der Vereinigten Staaten geworden, was seine in sechsjähriger Dienstzeit an Bord von B-52 bei Wettbewerben errungenen zahlreichen Trophäen bewiesen. Dadurch war Generalmajor Brad Elliott, der HAWC-Kommandeur, auf ihn aufmerksam geworden und hatte McLanahan auf sein geheimes Versuchsgelände in Nevada geholt, wo eine »Megafortress«
entwickelt wurde: eine zur Erprobung von High-Tech-Waffen und Stealth-Technologien umgebaute B-52. Eine unwahrscheinliche, aber beängstigende Verkettung von Ereignissen hatte dazugeführt, daß McLanahan dann mit der Megafortress Old Dog und einer zusammengewürfelten Besatzung in die Sowjetunion geflogen war und eine Laserstation zur Satellitenabwehr zerstört hatte.
Um die Gefahr zu verringern, daß dieser streng geheime und politisch brisante Einsatz bekannt wurde, war McLanahan dringend nahegelegt worden, im HAWC zu bleiben und sich praktisch damit abzufinden, in einer amerikanischen High-Tech-Version des Archipels Gulag zu leben. Andererseits hatte er dort Gelegenheit, mit den modernsten Flugzeugen und Waffensystemen der Welt umzugehen. Der Flug des Bombers Old Dog, der mit zum Zerfall der Sowjetunion beigetragen hatte, mußte unter allen Umständen für immer geheim bleiben.
Im HAWC machte Patrick McLanahan rasch Karriere. Die Luftwaffe beförderte ihn zwei Jahre früher als sonst üblich zum Major. Er bekam einen Stellvertreter, dann eine Sekretärin, dann einen Assistenten, einen Stab und schließlich einen eigenen Gebäudekomplex. Auch seine Projekte änderten sich. Er leitete anfangs Teams, die neue Konzepte entwickelten, führte als nächstes Verhandlungen mit Rüstungsfirmen, war danach für Untersysteme zuständig und trug zuletzt die Verantwortung für ganze Waffensysteme. Die Tinte auf seiner Beförderungsurkunde zum Major war noch nicht ganz trocken, als er schon zum Oberstleutnant befördert wurde.
McLanahan blieb jedoch nicht nur in seinem »Exil« in Nevada, sondern der talentierte junge Offizier wurde häufig an andere Dienststellen wie Border Security Force, Special Operations und Aerospace Defense Command ausgeliehen, die ebenfalls mit Forschung und Entwicklung zu tun hatten. So dauerte es nicht lange, bis McLanahan an sämtlichen neuen Projekten auf dem Luft- und Raumfahrtsektor beteiligt war.
Jetzt gehörte er zu den angesehensten Programm-Managern des amerikanischen Verteidigungsministeriums.
Auch die Aufgaben, die das High Technology Aerospace Weapons Center zu erfüllen hatte, hatten sich geändert.
Mittelkürzungen und verstärkte Abrüstung der strategischen Bomberverbände machten es notwendig, all die außer Dienstgestellten Maschinen für den Fall, daß sie wieder gebraucht würden,
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