Flug in Die Nacht
zu reduzieren. Mit ihrem hochmodernen Navigationssystem, ihrem Angriffsradar und ihren Sensoren konnte die B-2 schon Ziele bekämpfen, während sie sich noch mehrere Kilometer außerhalb des Erfassungsbereichs gegnerischer Zielsuchradargeräte befand.
Die Produktionskosten des B-2-Programms waren ungeheuer: eine halbe Milliarde Dollar pro Flugzeug, fast achtzig Milliarden Dollar für eine gesamte Flotte – inklusive Forschung, Entwicklung und Stationierung. Die geplante Beschaffung von 132 B-2 binnen fünf Jahren wurde rasch auf fünfundsiebzig Maschinen herabgesetzt, und selbst dieses Beschaffungsprogramm mußte später bis zur Jahrhundertwende gestreckt werden. Deshalb würde die B-52, als deren Nachfolgemodell die B-2 konzipiert war, noch bis weit ins 21. Jahrhundert hinein als Atomwaffenträger im Einsatz bleiben.
Aber die Black Knight, der nachgesagt worden war, sie werde veraltet sein, bevor sie in Dienst gestellt werden könne, war jetzt eine Realität und hatte ihre Fähigkeiten gründlich unter Beweis gestellt. Vor einigen Monaten war die erste B-2-Staffel – die »Tiger« der 393rd Bomb Squadron, die 1945 die erste Atombombe auf Hiroshima abgeworfen hatten – auf der Whiteman Air Force Base in Missouri aktiviert worden und hatte mit einem Schlag gegnerisches Luftverteidigungsmaterial im Wert von Milliarden Dollar obsolet gemacht.
»Haben Sie Zeit für einen Rundgang um die Maschine, Sir?«fragte McLanahan.
»Klar«, antwortete der junge Luftwaffengeneral und setzte sich in Bewegung, um ihn dabei zu begleiten.
Die B-2 hatte keinen eigentlichen Rumpf wie herkömmliche Flugzeuge; sie sah aus, als habe jemand die Flügel einer B-52 abgesägt, zusammengesetzt und auf Räder gestellt.
McLanahan, der den Anblick der deutlich herabhängenden Tragflügel einer B-52 gewöhnt war, sah zu seiner Überraschung, daß die Flügel der B-2, die ebenso lang und mindestens doppelt so tief waren, keine Handbreit herabhingen. Ihre Beplankung war völlig glatt – ohne die Streßfalten, die jede B-52 aufwies – und ohne Außenantennen, die ungewollt als Radarreflektoren hätten dienen können. Das Leitwerk anderer Maschinen war bei diesem Nurflügelflugzeug durch Klappenruder ersetzt, die vom Abgasstrahl der Triebwerke angeblasen wurden und dadurch die B-2 wendig wie einen Jäger machten.
Auf dem Weg nach hinten zu den nebeneinander angeordneten zwei Bombenkammern, die McLanahan als SAC-Bombenschützen verständlich erweise interessierten, kamen sie unter dem Bug vorbei. Auf beiden Seiten des Bugfahrwerks waren große rechteckige, von Gummiwülsten geschützte Fenster in die Rumpfunterseite eingelassen. »Sind das die Laser- und IR-Fenster?« erkundigte sich McLanahan.
»Genau, Patrick«, bestätigte Ormack. »Miniaturisierte Lasersucher und Infrarotdetektoren, die mit dem Navigationssystem gekoppelt sind. Diese Fenster hier und die Cockpitfenster sind hauchdünn mit einem Material beschichtet, das Radarenergie durchläßt, aber nicht wieder abstrahlt. Ohne die Beschichtung würde allein das Radarecho der Helme der beiden Piloten die Radarsignatur der B-2 fast verdoppeln.«
»Wo ist das Navigationsradar? Die B-2 hat doch eines?«
»Natürlich. Das Mehrzweckradar AN/APQ-181 der Black Knight sitzt in den Flügelvorderkanten und kann für terrestrische Navigation, als Terrainfolgeradar, zur Zielsuche und als Überwachungsradar benutzt werden. Das System läßt sich soweit ausbauen, daß es sogar für Luftkämpfe tauglich ist … «
»Luftkampf mit dem B-2-Bomber?« McLanahan stieß einen leisen Pfiff aus. »Aber das ist noch Zukunftsmusik, stimmt’s?«
Ormack schüttelte den Kopf. »In Zukunft wird’s kein Militärflugzeug mehr geben, das nicht für ein Dutzend verschiedener Einsätze geeignet ist – und dazu gehört, daß schwere Bomber mit Jagdraketen bewaffnet werden. Das ist nur vernünftig, denn wer sechzehn bis zwanzig verschiedene Waffen mitführen kann, ist auf jeden Fall im Vorteil. Da die B-2 nur ein Hundertstel des Radarquerschnitts eines Jägers F-15 Eagle hat, könnte sie angreifen, bevor der Gegner weiß, daß sie irgendwo dort draußen unterwegs ist. Und in großen Höhen ist sie so wendig und belastbar wie eine F-4 Phantom.«
Die Unterseite der B-2 glich einer riesigen schwarzen Gewitterwolke – sie schien sich endlos weit nach allen Richtungen zu erstrecken und alle Lichtpartikel förmlich aufzusaugen. McLanahan staunte über die Größe der Bombenkammern. »Die sind viel geräumiger, als ich
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