Flug in Die Nacht
mächtigsten Offiziere der Welt beobachtet, die auf sie warteten – und vermutlich ständig beurteilten. Sie erinnerte sich gut daran, wie nervös sie anfangs auf diesem Platz gewesen war. Aber nachdem sie ein gutes halbes Dutzend Krisen überstanden hatte, fand sie die Tatsache beruhigend, etwas zu wissen, was diese mächtigen Männer und Frauen nicht wußten.
Anwesend waren der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, General Wilbur Curtis; der Stellvertretende Vorsitzende, Marinekorpsgeneral Mario Lanuza; der Chef des Admiralstabs. Admiral Randolph Cunningham; der Oberbefehlshaber des Marinekorps, General Robert Peterson; der Chef des Generalstabs der Luftwaffe, General William Falmouth; der Chef des Generalstabs des Heeres, General John Bonneville; ihre engsten Mitarbeiter und Offiziere aus anderen J-2-Abteilungen. Damit der Stab wenigstens einmal täglich als Team zusammenkam, bestand Curtis darauf, daß alle Mitglieder der Vereinigten Stabschefs an dieser Morgenbesprechung teilnahmen.
Der Vorsitzende saß an der gekappten Spitze des Dreiecks, wo zwei Sessel für den Fall reserviert blieben, daß der Verteidigungsminister oder der Präsident der Vereinigten Staaten an einer Besprechung teilnehmen wollten. Allerdings hatte der Präsident, der seit zwei Jahren im Amt war, noch keinen Fuß in diesen Raum gesetzt. Links neben dem Vorsitzenden saßen die Mitglieder der Vereinigten Stabschefs und ihre engsten Mitarbeiter; rechts hatten die J-2-Offiziere ihre Plätze; an der Grundlinie des Dreiecks saßen Gäste und vortragende Offiziere. Ein vor jedem Sessel in die Tischplatte eingelassener Computer-Arbeitsplatz stellte die Verbindung zu dem gigantischen C3-Zentrum in einem anderen Stockwerk des Pentagons her.
»Das heutige Hauptthema sind die Philippinen und die Zwischenfälle im Südchinesischen Meer«, sagte Rodgers nach einem Kurzbericht über die Einsatzstärke aller US-Teilstreitkräfte. »Als Reaktion auf die Anfang Juni erfolgte Beschießung einer Ölbohrmannschaft in der neutralen Zone der Spratly Islands haben China und die Philippinen ihre Aktivitäten in diesem Gebiet deutlich verstärkt.
Die Chinesen haben dort einen sehr starken Flottenverband unter Führung des Zerstörers Hong Lung, der aus zwei Fregatten, vier Schnellbooten, einigen Minensuchern und verschiedenen Nachschubschiffen besteht. Im allgemeinen bildet er drei Kampfgruppen: Zwei werden von je einer Lenkwaffenfregatte geführt, und die dritte besteht aus der Hong Lung und ihren Begleitschiffen. Einheiten der in Zhanjiang stationierten Südmeerflotte lösen diese Schiffe etwa im Vierwochenturnus ab – nur die Hong Lung wird sehr selten abgelöst. Der chinesische Stützpunkt auf Spratly Island ist zwar sehr klein, aber für mittlere Transportflugzeuge zur Versorgung der Flotte durchaus geeignet.
Nach dem Angriff auf die Bohrmannschaft haben die Filipinos ihre Flottenpräsenz in diesem strittigen Gebiet erheblich verstärkt. Sie haben zwei ihrer drei Fregatten dorthin entsandt und überwachen ihren Sektor mit Schiffen und Flugzeugen. Trotz dieser Verstärkung ist die philippinische Marine praktisch nicht existent, denn ihre größeren Einheiten sind alt, langsam und störanfällig. Die Besatzungen sind im allgemeinen nicht gut ausgebildet und operieren nur selten mehr als eine Tagesreise von ihren Heimathäfen entfernt.«
»Ohne amerikanische Unterstützung sind sie also nur Zielscheiben für die Chinesen«, warf Admiral Cunningham ein.
»Sir, die chinesische Flotte – zumindest der im Gebiet der Spratly-Inseln operierende Verband – ist nicht viel stärker als die philippinische Marine«, antwortete Rodgers. »Er besteht zum größten Teil aus kleinen, leicht bewaffneten Vorposten-und Schnellbooten. Eine Ausnahme bildet natürlich das Flaggschiff Hong Lung: Es entspricht einem unserer Zerstörer der Kidd-Klasse und ist zweifellos das kampfstärkste Kriegsschiff im gesamten Südchinesischen Meer. Auch die Fregatten sind schwer bewaffnet; ihre Fla-Lenkwaffen HQ-91 ließen sich wirkungsvoll gegen philippinische Hubschrauber und vielleicht sogar gegen Marschflugkörper Sea Ray einsetzen. Vergleichbar sind sie mit unseren Fregatten der Perry-Klasse – allerdings ohne Hubschrauberdeck und hochmoderne Elektronik.
Sollte es bei einer weiteren Verschärfung dieses Konflikts zu einer Offensive kommen, würden die Chinesen vor allem auf ihre gewaltige Übermacht bei den Bodentruppen setzen«, schloß Rodgers. »Obwohl wir die chinesische
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