Flug in Die Nacht
Anweisungen wartete.
Die Shuihong-5 war ein hauptsächlich als Seeaufklärer und U-Boot-Jäger eingesetztes großes Amphibien-Flugboot mit Propellerturbinen, aber die zehn seiner Nansha-Flottille unterstellten Maschinen waren für die Bekämpfung von Schiffszielen ausgerüstet. Die Bewaffnung dieser mit dem französischen Seeüberwachungs- und Zielsuchradar Heracles II ausgerüsteten Flugboote bestand aus zwei überschallschnellen Abwurflenkwaffen C-101 an externen Aufhängepunkten und sechs französischen Mehrzwecktorpedos NTL-90 Murène, die ebenfalls unter den Flügeln mitgeführt wurden. Für Schiffe ohne Fla-Lenkwaffen war die Shuihong-5 ein sehr gefährlicher Gegner – und nach Yins Informationen war kein philippinisches Kriegsschiff mit Fla-Lenkwaffen ausgerüstet.
Die Kampfkraft einer einzigen Shuihong-5 genügte, um den feindlichen Verband erheblich zu dezimieren. Wurde Yin später von seinem Vorgesetzen, dem berüchtigt cholerischen Generaloberst Chin Po Zihong wegen der vernichteten Chagda zum Rapport bestellt, konnte er wenigstens mit zahlreichen getöteten Filipinos aufwarten. Und damit würde Generaloberst Chin bestimmt sehr zufrieden sein.
Vor der Westküste der Vereinigten Staaten bei Vandenberg, Kalifornien
Dienstag, 21. September 1994, 11.31 Uhr Ortszeit
An diesem Tag herrschte ideales Flugwetter. Von einigen Kondensstreifen abgesehen war der Himmel wolkenlos blau.
Winde und Turbulenzen waren sehr schwach, was in rund zwölftausend Meter Höhe ziemlich ungewöhnlich war.
Weit stärkere Turbulenzen gab es an Bord der speziell umgebauten DC-10 der Firma Sky Masters, Inc., die vor der kalifornischen Küste kreiste.
An diesem Morgen lag im Frachtraum der DC-10 nur eine Trägerrakete, wodurch Jon Masters’ nervöse Anspannung sich eigentlich hätte halbieren müssen. Statt dessen war Masters jedoch aufgeregt und reizbar – sehr zum Kummer der restlichen Besatzung. Schuld an seiner Gereiztheit war Jackson-1, ihre neueste Trägerrakete: ein glattes, schlankes Projektil, das schon äußerlich den Eindruck von Kraft und Schnelligkeit erweckte. Aber die nach dem siebten Präsidenten der Vereinigten Staaten benannte Rakete war nicht startklar.
Und das war das Problem.
»Warum geht nichts voran?« fragte Masters über die Bordsprechanlage, während seine Finger einen Marsch auf dem Kontrollpult trommelten.
Helen Kaddiri seufzte. »Wir sind noch auf der Suche nachdem Fehler, Jon. Es gibt Schwierigkeiten mit der Q-Band-Verbindung zu Homer-Seven.«
»Ihr habt noch fünf Minuten Zeit«, erinnerte Masters sie.»Steht die Verbindung zu dem Satelliten bis dahin nicht, müssen wir den Start abbrechen.«
Kaddiri seufzte erneut. Als ob sie das nicht wüßte! Einer der Techniker gab ihr den Computerausdruck eines weiteren Eigentests. Sie verdrehte die Augen und zerknüllte das Blatt.
Dann holte sie tief Luft und drückte ihre Sprechtaste: »Die Verbindung steht noch immer nicht, Jon – und das liegt nicht an unserer Bodenstation. Wir müssen den Start abbrechen. Die Luftwaffe ist derselben Meinung.«
Aber davon wollte Masters nichts hören. »Vor siebzig Minuten hat Homer-Seven noch einwandfrei funktioniert.«
Homer-Seven war einer der acht Bahnverfolgungs- und Datenübermittlungssatelliten (TDRS), die seit Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre ein weltumspannendes Kommunikationsnetz für Raumfähren, militärische Satelliten und Spionagesatelliten bildeten. Sie hatten mehrere veraltete Bodenstationen in so abgelegenen Gebieten wie dem Kongo und dem australischen Outback ersetzt.
»Die Luftwaffe will jetzt plötzlich abbrechen ? Nachdem sie mir zugesetzt hat, dieses Scheißding schnellstens raufzubringen, damit sie die Philippinen beobachten kann? Das ist wieder typisch! Sie soll ihre Nase nicht in meinen Kram stecken, sondern lieber feststellen, wo der Fehler bei ihrem Satelliten liegt.«
Schon während Masters das sagte, war er sich darüber im klaren, daß das nicht das war, was die Luftwaffe hören wollte.
Außerdem hatte das TDRS-System sich bisher als zuverlässig erwiesen, und Jon Masters’ NIRTSats waren auf dieses System angewiesen, das ihre Informationen an ihre Bodenstelle in Blytheville, Arkansas, und an Behörden und militärische Dienststellen übermittelte, die den jeweiligen Satelliten nutzten. Also mußte das Problem an Bord der DC-10 liegen …
»Ich brauche weitere Systemchecks in Blytheville und hieran Bord«, ordnete Masters an. »So schnell wie möglich.
Los,
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