Flug in Die Nacht
gehört. Erst allmählich wurde ihm klar, daß Yin recht hatte. Binnen weniger Sekunden war er der neue Präsident der Republik der Philippinen geworden … nein, der Präsident der Demokratischen Republik Aguinaldo. Dieser Titel gefiel ihm: Präsident der Demokratischen Republik Aguinaldo. Der Name erinnerte an die glorreichen Zeiten des Revolutionärs Emilio Aguinaldo, der im philippinischen Freiheitskampf den Großmächten Spanien und Amerika getrotzt hatte. Demokratische Republik Aguinaldo – ein zündender Name, ein Schlachtruf für eine neue Nation!
Der Tote in dem braunen Anzug war hastig mit einem Tischtuch bedeckt worden und wurde von chinesischen Soldaten hinausgetragen. »Halt!« rief Teguina. »Ich will den Orden!«Er faßte an sein Revers und zeigte dann auf den Toten.
Ein chinesischer Offizier ging hinaus und kam Sekunden später mit dem philippinischen Ehrenzeichen zurück. Teguina sah dunkle Flecken an den Fingern des Offiziers, aber er ignorierte sie, während er sich den Orden ansteckte. Die Tür des Amtszimmers des Präsidenten wurde von chinesischen Soldaten geschlossen, und Daniel Francisco Teguina machte sich daran, die wichtigen nächsten Schritte zur Konsolidierung der neugewonnenen Macht zu planen.
Oval Office, Weißes Haus, Washington, D.C.
Mittwoch, 28. September 1994,10.35 Uhr Ortszeit
Als die Besucher hereingeführt wurden, saß der Präsident an seinem Schreibtisch und starrte durch die Panzerglasscheibe eines der Fenster in den Rosengarten hinaus. Er drehte sich nicht einmal nach ihnen um. Seine Gedanken kreisten um persönlichere Dinge als das Thema, das diese Gentlemen mit ihm zu besprechen hatten. Außenminister Dennis Danahall und Paul Cesare, der Stabschef des Weißen Hauses, standen neben seinem Schreibtisch.
Die Sekretärin des Präsidenten führte General Curtis herein.
Curtis war zu einer Besprechung mit dem Präsidenten und dem National Security Council herbestellt worden.
»Sir … «, sagte Curtis, als die Sekretärin die Tür hinter ihm geschlossen hatte, damit der Präsident wußte, daß er anwesend war.
Der Präsident schwieg zunächst; dann drehte er sich endlich um und holte tief Luft.»Arturo Mikaso ist wahrscheinlich tot«,sagte er.
Curtis starrte ihn an. »Was? Mikaso tot?«
»Eine Bestätigung liegt noch nicht vor«, stellte Danahall fest, »aber wir haben vor einigen Minuten eine Mitteilung des britischen Geheimdiensts bekommen, der eine Quelle im Präsidentenpalast hat. Mikaso soll vor etwa einer Stunde erschossen worden sein, als chinesische Truppen den Palast besetzt haben. Auch einige Minister, fast der ganze Stab Mikasos und die meisten Soldaten seiner Leibwache sollen erschossen worden sein.«
Mikaso könnte noch am Leben sein.« Der Präsident seufzte.»Aber ich glaub’s nicht.«
»Was ist mit den Chinesen?« fragte Curtis. »Unterstützen sie den Staatsstreich?«
»Die Chinesen haben nicht nur Militärstützpunkte auf Palawan, sondern die ganze Insel besetzt und von Teguina die Erlaubnis erhalten, vier weitere Einrichtungen im Süden zu nutzen«, sagte Verteidigungsminister Preston. »In der Hauptstadt stehen bereits chinesische Infanterie- und Panzerverbände, um die Aufständischen zu unterstützen.«
Curtis, der den Präsidenten beobachtete, konnte sich vorstellen, was in ihm vorging. Präsident Taylor und Mikaso waren trotz des erzwungenen Abzugs der Amerikaner Freunde geblieben, und der Präsident hatte sich wiederholt verpflichtet, weiter seine schützende Hand über Mikaso und seinen Inselstaat zu halten. Für Taylor mußte die Meldung von seiner Ermordung ein schwerer Schlag gewesen sein. »Mr. President, ich kann nur sagen, daß ich … «
»Den restlichen NSC oder das Kabinett habe ich noch nicht informiert«, sagte der Präsident leise. »Verdammt, das hätte ich ahnen müssen! Ich hätte erkennen müssen, daß Arturo von Anfang an gefährdet gewesen ist … « Er drehte sich nach seinen Beratern um. »Okay, was, zum Teufel, machen wir jetzt?«
»Die Chinesen haben den Flughafen abgeriegelt«, berichtete Danahall. »Also können wir keine Amerikaner mehr aus Manila evakuieren. Wir sollten fordern, daß alle Abreisewilligen ungehindert das Land verlassen dürfen.«
»Ja, unbedingt … kümmern Sie sich sofort darum«, stimmte der Präsident zu. Er runzelte die Stirn. »Was ist mit unseren Flugzeugträgern? Sind sie jetzt durch die Chinesen gefährdet?«
»Ich denke, daß sie sich gegen alle Angriffe von Schiffen und U-Booten
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