Flug in Die Nacht
Volksrepublik Sulu-Inseln«, erklärte Teguina Mikaso, wobei er auf Friscino deutete.»Er hat Ihre vergeblichen Bemühungen verfolgt, die Philippinen wieder unter amerikanische Diktatur zu bringen, und sich mit mir zusammengeschlossen, um einen besseren Staat zu errichten – mit gleichberechtigten, weitgehend selbständigen Provinzen, die zum Wohle aller einen Staatenbund bilden.«
Mikaso starrte Friscino ungläubig an. »Eduarde … «
Friscino sah aus wie ein geprügelter Hund. Obwohl die Soldaten ihm den Rücken hätten stärken sollen, hatte er von Anfang an den Kopf hängen lassen; unter Mikasos vorwurfsvollem Blick wäre er offenbar am liebsten im Boden versunken. Aber er schwieg hartnäckig.
»Wegen der politischen und kulturellen Unterschiede zwischen der Nordinsel und den südlichen Inseln«, fuhr Teguina fort, »habe ich mich für eine Föderation aus Provinzen entschieden, die selbständig, aber sehr eng mit dem Norden verbündet sein werden. Unter meiner Führung bilden Luzon und die Sibuyan-Inseln die Demokratische Föderation Aguinaldo, deren Schutz loyale Truppen und in die Miliz übernommene Einheiten der Neuen Volksarmee sicherstellen werden. Palawan, Mindanao und der Sulu-Archipel werden als Volksrepublik Sulu-Inseln vereinigt. Ist der geplante Zusammenschluß später vollzogen, erhält der neue Staatenbund den Namen Demokratische Republik Aguinaldo.«
»Daniel, das schaffen Sie nicht!« sagte Mikaso eindringlich.»Samar und die Provinz Mindanao machen bei Ihrer Revolution nicht mit – sie setzen sich gegen diese Annexion zur Wehr, kämpfen um ihre Selbständigkeit und sagen sich von den Philippinen los, bevor sie … «
»Ja, Vizepräsident Samar macht Schwierigkeiten«, gab Teguina zu.»Aber sobald die Stadt Davao gefallen ist, gehört auch Mindanao uns.«
Mikaso lehnte sich in seinen Sessel zurück und versuchte zu begreifen, was Teguina ausgeführt hatte. Ein aberwitziges Vorhaben! Teguina wollte die Atomexplosion zu einem Staatsstreich nutzen. Mikasos Heimat – die Nation, die er liebte, der er diente – zerfiel vor seinen Augen. Sogar ihre Staatsform würde abgeschafft werden. Dagegen mußte erkämpfen, mußte auf Zeitgewinn spielen …
… mußte Teguina stoppen.
Aber dazu brauchte er vor allem Zeit.
»Daniel«, fragte Mikaso, »was ist mit diesen chinesischen Soldaten hier? Welche Rolle spielen sie in Ihrem Plan?«
»Freut mich, daß Sie das fragen, Mikaso«, antwortete Teguina selbstbewußt. Er zeigte auf den Offizier mit Stahlhelm und kugelsicherer Weste. »Das ist Admiral Yin Po L’un, der Befehlshaber der Flottille, die Ihre verräterischen Soldaten vor drei Nächten mit Bomben und Bordwaffen überfallen haben.
Aus kommunistischer Solidarität ist er bereit – mit voller Rückendeckung der chinesischen Führung, die uns Botschafter Dong aus Peking übermittelt hat –, mich beim Aufbau der neuen Föderation zu unterstützen.
Dafür habe ich der Volksrepublik China gegenüber auf unsere illegalen Ansprüche auf die Spratly-Inseln verzichtet.
Außerdem habe ich ihren Streitkräften die Benutzung unserer Häfen auf Palawan und – sobald die Rebellen eliminiert sind – des Marinestützpunkts Zamboanga sowie der Flugplätze Cebu und Davao gestattet. Darüber hinaus erhalten sie Zugang zu den ehemaligen amerikanischen Militärstützpunkten Subic Bay und Angeles … «
»Sie überlassen den Chinesen vier Stützpunkte?« ächzte Mikaso ungläubig. »Sie sind verrückt, Teguina! Das läßt unser Volk nicht zu … gegen solche Vorherrschaft steht die ganze Welt auf.«
»Die Vorbereitungen zur Übergabe laufen bereits, Mikaso«, erklärte ihm Teguina.
»Nicht mit mir!« sagte Mikaso und griff nach der Pistole, die seit Jahren in einer Schublade seines Schreibtischs lag.
Aber sein Entschluß kam zu spät.
Ein halbes Dutzend Schnellfeuergewehre des Typs 56, eines Nachbaus des sowjetischen Sturmgewehrs AK-47, richteten sich auf ihn. Dann drückte einer der Soldaten ab. Sein Feuerstoß traf Mikaso, der über dem Schreibtisch zusammensackte, bevor er langsam zu Boden rutschte.
Teguina stand wie vor den Kopf geschlagen da und starrte den ermordeten Präsidenten an. Er hatte Mikaso nie liquidieren, sondern nur verhaften und festsetzen wollen.
Während er weiter den Toten anstarrte, merkte er, daß er keuchend atmete. Dann fühlte er eine Hand auf seiner Schulter.
»Genosse Präsident … «, sagte Admiral Yin mit schwachem Lächeln.
Diese Anrede hatte Teguina noch nie
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