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Flugrausch

Flugrausch

Titel: Flugrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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geschafft. Ich möchte gern meinen Mann anrufen, wenn es dir nichts ausmacht.«
    Dann hob sie beide Hände und sah sie verwundert an. »Schau nur, wie ich zittere.«
    »Ich ruf ihn für dich an«, sagte Challis und zog sein Handy aus der Tasche. »Wie heißt er?«
    »Rex.«
    »Ist er zu Hause?«
    Kitty nickte. »Er ist immer zu Hause. Am liebsten ist er zu Hause und spekuliert übers Internet an der Börse.« Sie wirkte ein wenig peinlich berührt, so als sollte ein Ehemann einen Beruf haben, bei dem er mehr herumkam. »Ich habe ihm das Fliegen beigebracht, aber er ist nicht wirklich daran interessiert.«
    Sie plapperte, ein Zeichen von nervlicher Erschütterung, also lächelte Challis und bat sie freundlich und bestimmt um die Telefonnummer und wählte dann.
    Es klingelte fünfmal, dann sprang der Anrufbeantworter an. Rex Casements Stimme, starker englischer Akzent: »Dies ist der Anschluss von Rex und Janet Casement. Sie können nach dem Signalton eine Nachricht hinterlassen.«
    »Mr. Casement, hier spricht Detective Inspector Challis. Erschrecken Sie nicht, Ihrer Frau geht es gut, aber es hat auf dem Flugplatz Waterloo einen Zwischenfall gegeben, und Ihre Frau möchte gern abgeholt werden. Rufen Sie mich bitte zurück«, sagte er und nannte seine Handynummer.
    »Nicht da?«, fragte Kitty.
    »Nein.«
    »Ich wette doch. Er surft und kümmert sich nicht ums Telefon. Nach einer Weile wird er den Anrufbeantworter abhören.«
    Sie warteten und nippten an ihren Drinks. Kitty wirkte plötzlich verloren, so als sei sie sich ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst geworden. Bei jedem Geräusch draußen blickte sie auf, so als rechne sie damit, dass ihr Mann auftauchte. Challis wollte schon vorschlagen, noch einmal anzurufen und zu hinterlassen, dass er sie nach Hause bringen würde, als das Handy in Kittys Tasche klingelte.
    Sie riss es heraus. »Ja … ja, Liebling, es geht mir gut. Nein, nichts dergleichen … Ja, aber ich fühle mich ein wenig mitgenommen …«
    Sie lachte zärtlich. »Ich wusste doch, dass du im Internet bist. Klar, ich bin hier. Bye.«
    Sie klappte das Handy zu. »Er kommt sofort. Du brauchst nicht länger zu warten, Hal.«
    »Ist schon in Ordnung.«
    Sie lächelte dankbar, wollte aber offenkundig nicht reden. Challis setzte sich und sah sich im Hangar um, so als würde er ihn zum ersten Mal sehen. Ersatzteile, Werkzeug, Werkbänke, die Dragon Rapide, die er restaurierte, ein mit schäbigem Segeltuch bespannter Regiestuhl, Kittys Arbeitsecke mit der Pinnwand, die wie angeknabbert aussah, ein Aktenschrank, Mappen, aus denen Briefe und Rechnungen quollen, auf einem Regal Bücher mit Luftfahrtbestimmungen und Navigationstafeln. An die Pinnwand gezwickt Geschäftskarten, Luftaufnahmen und die Fluglizenz.
    Plötzlich sagte Challis: »Schuldest du jemandem Geld?«
    Kitty schaute erst überrascht, dann beleidigt: »Bestimmt nicht.«
    »Der Geschäftsaufbau muss eine ganz schöne Stange Geld gekostet haben.«
    »Mein eigenes«, erwiderte sie kühl.
    Challis sagte nichts, zeigte keinerlei Regung. Diese Taktik hatte er sich im Laufe der Jahre angeeignet, um Reaktionen zu erzwingen; war das in diesem Fall fair? Er fühlte sich zu Kitty hingezogen. Sie teilten sich den Platz im Hangar und unterstützten einander mit Arbeitszeit, Kontakten und freundschaftlichem Smalltalk am Ende der langen Nachmittage. Freunde. Aber das hatte sich im Laufe der letzten Stunde verändert, ohne dass er es bemerkt hatte. Da war der Ärger mit Tessa Kane und mit seiner Frau, und nun war er auch noch Zeuge eines Mordversuchs an Kitty geworden. Sie war erschüttert, verletzlich, brauchte Trost. Und doch war er kurz davor, sie mit all diesen Fragen nach Feinden und Schulden zu drangsalieren. Wo genau stand er eigentlich? Was war er hier und jetzt – Polizist oder Freund?
    Blödsinn. Sie war verheiratet. Sie wollte, sie brauchte ihren Mann, keinen neugierigen Bullen. In Challis fiel eine Tür zu.
    Sanft sagte er: »Hat dein Mann irgendwelche Feinde?«
    »Rex hockt in seinem Büro, handelt übers Internet mit Aktien und verdient damit eine Menge Geld. Nein, nein, er hat keine Feinde.«
    Doch in ihrer Stimme lag ein Hauch von Vernachlässigung, und Challis dachte an die einsamen Stunden, die sie wohl verbrachte, wenn der Ehemann sich zurückzog. Challis entschied, die Angelegenheit fallen zu lassen. Er berührte sie am Oberarm.
    »Routinefragen«, versicherte er ihr. »Vergiss, dass ich überhaupt gefragt habe. Wir werden versuchen, den

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