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Flugrausch

Flugrausch

Titel: Flugrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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von dem Frettchen angezogen, hatten aber Angst und standen grüppchenweise in gehörigem Abstand. Scobie hörte, wie Pearce sagte: »Ist schon in Ordnung, es beißt nicht.« Er klang ungeduldig, so als verbringe er sein ganzes Leben damit, Menschen, die schwer von Begriff, dumm oder gedankenlos waren, alles erklären zu müssen. Sein Blick kreuzte huschend den von Scobie, registrierte alles, ruhte nirgendwo.
    Scobie stand ein paar Minuten allein da, lächelte und nickte den Müttern zu, die mit ihren Kindern kamen. Ein halbes Dutzend Mal sagte er heiter Hallo, doch keine von ihnen kam auf ihn zu. Zehn Minuten vor neun … Inger würde bald das Klassenzimmer aufschließen. Ältere Kinder rannten schreiend vorbei. Die Schule war fröhlich und vielseitig, aber es gab keinerlei schwarze oder asiatische, keine verschleierten Gesichter, und dem Stil der wöchentlichen Mitteilungen und anderen Zettel für daheim war zu entnehmen, dass es noch keinerlei Anzeichen für eine irgend geartete feministische Sichtweise hier im Süden gab.
    Sutton lauschte den Unterhaltungen ringsumher. Waren Sie über Ostern fort? Bald ist wieder Footballsaison. Die Kinder haben heute Morgen ganz schön getrödelt. Was würde der vermaledeite Bürgermeister wohl dazu sagen, wenn man ihm ein Internierungslager direkt vor die Nase setzt, das möchte ich mal gern wissen …
    Und dann sah Scobie Aileen Munro. Sie schien sich hineinzuschleichen und hielt sich abseits, eine massige Erscheinung auf dem sich schlängelnden Weg zum Klassenzimmer I. Scobie schaute zu, wie sie den beiden älteren Kindern einen Abschiedskuss gab, ihnen nachsah, wie sie zu ihren jeweiligen Klassenzimmern rannten, und dann mit der jüngsten Tochter stehen blieb. Offenbar bemerkte sie seine Neugier, blickte auf und sah Scobie schmerzlich und flehend an.
    Sie wusste, wer er war. Seit achtzehn Monaten wusste sie, dass er Polizist war und in Waterloo arbeitete. Es war ihr peinlich, ihn zu kennen, peinlich, dass er Grund dazu hatte, sie in ihrer Farmersküche an der Five Furlong Road aufzusuchen und zu befragen.
    Ian Munro, ihr Mann, wurde verdächtigt, einem Bankangestellten in Waterloo einen gefütterten Umschlag mit einer Patrone Kaliber .303 geschickt zu haben. Die Bank hatte zuvor damit gedroht, einen Kredit zu kündigen, den Munro bei ihnen hatte. Die Angelegenheit wurde fallen gelassen, als Munro ein Stück Land verkaufte, um den Kredit zurückzuzahlen, doch seitdem hatte es noch eine Reihe von Zwischenfällen gegeben. Munro hatte offenbar mit der Waffe auf Inkassoleute gezielt, war dem Bezirkssheriff mit den Reifen seines Pick-ups über die Zehen gefahren und hatte einen Gerichtsboten niedergeschlagen, der versucht hatte, ein offizielles Dokument zuzustellen. Munro hatte Kommunalbeamte beschimpft und stand unter dem Verdacht, Plastiksprengstoff auf dem Fahrersitz des Wagens des für die Kreditvergabe zuständigen Bankangestellten deponiert zu haben.
    Scobie hatte die Untersuchungen durchgeführt und einige Leute gedrängt, Anzeige zu erstatten, doch Munro war ein kräftiger, kaltschnäuziger und uneinsichtiger Rüpel; die Ortsansässigen wussten schon, warum sie sich nicht trauten.
    Scobie schaute zu, wie Aileen Munro sich einen Weg durch die Eltern bahnte, bis sie ihm ins Ohr flüstern konnte: »Ich mache mir Sorgen um Ian.«
    Scobie machte eine abrupte Kopfbewegung. Sie entfernten sich von den neugierigen Ohren. »Erzählen Sie mir davon«, sagte er.
    Aileen sah ihn mit ihrem sorgenzerfurchten Gesicht an. »Er ist total aufgedreht. So als ob er gleich explodiert.«
    Aileens Tochter klammerte sich an die trockenen, knochigen Finger ihrer Mutter und sah zu Scobie hinauf. An der Nase hatte sie eine Wunde, unter einem Auge war noch die Spur eines blauen Flecks zu sehen. Dann kratzte sie sich am Kopf, Scobies Blick wanderte zu ihrem Haar, und er schauderte bei dem Gedanken an die Läuse, die dort herumkrabbelten.
    Er wandte sich Aileen zu. »Hat Ian Ihnen oder den Kindern irgendetwas getan?«
    »Ian? Nein, nie.«
    »Wie hat sich Shannon im Gesicht verletzt?«
    »Ist vom Trampolin gefallen«, entgegnete sie mit einem Ton in der Stimme, der besagte, dass sei die Version, an die sie sich halten würde.
    »Schon gut«, seufzte Scobie. »Also, was ist mit Ian los?«
    »Wie ich schon sagte, er ist total aufgedreht.«
    »Wegen irgendwas Speziellem?«
    »Geld. Es geht immer ums Geld. Es war alles in Ordnung, bis er diesen Kredit bekam. Jetzt steckt er zu tief drin und zahlt die

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