Flugrausch
Ihrerseits, ich interessiere mich nur für die Rolex, die wir bei dem Opfer gefunden haben.«
Jelbart starrte ihn an. Challis hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige verpasst.
»Na gut.«
»Ich danke Ihnen.«
Jelbart schnippte ungeduldig mit den Fingern. »Einzelheiten.«
Challis starrte den Mann an. »Die haben wir Ihnen zugefaxt.«
»Ich kann unmöglich alles aufheben, was mir auf den Schreibtisch flattert.«
Challis ging insgeheim davon aus, dass Jelbart in Wahrheit alles aufhob, seufzte, blätterte durch seinen Notizblock und teilte ihm die Seriennummer mit, die auf der Rolex gefunden worden war.
»Warten Sie hier.«
»Wird es lange dauern?«
»Das habe ich im Computer«, sagte Jelbart, so als ob Challis in der Steinzeit leben würde.
Challis wartete, hasste den Klang der Uhren, und fünf Minuten später kam Jelbart mit einem Zettel wieder zurück.
»Hab ihn gefunden.«
»Toll«, seufzte Challis erleichtert. Er besah sich den Namen, den Jelbart ihm aufgeschrieben hatte. »Ich habe mir schon gedacht, dass die Sache aussichtslos ist.«
Jelbart verschwand in den Schatten zwischen seinen Uhren, und Challis verließ den Laden und fragte sich, warum Trevor Hubble aus St. Kilda, falls er denn die Ankerleiche war, niemals auf der Liste der vermissten Personen aufgetaucht war.
31
Kaum war Dwayne Venn auf Kaution freigekommen, da schlug er schon wieder zu. Zumindest glaubte Ellen Destry, dass es Venn gewesen war. Der Tathergang war etwas anders: Freitagnacht hatte ein vierzigjähriger verheirateter Architekt Sex gehabt mit seiner achtzehnjährigen Sekretärin auf dem Rücksitz seines Wagens an einer abgelegenen Seitenstraße in der Nähe des Devil-Bend-Staudamms, als sie von einem Mann gestört wurden, der ein Kapuzensweatshirt mit Reißverschluss trug, Baseballschuhe und sonst nichts. Er hatte sie gezwungen, sich gegenseitig oral zu befriedigen, während er zuschaute und in ein Kondom onanierte; dann hatte er sie ausgeraubt und den Autoschlüssel des Architekten weggeworfen.
Ellen hatte die beiden in getrennten Befragungsräumen auf dem Revier untergebracht. Es ist Samstag, beschwerten sie sich, Sie haben kein Recht … Doch Ellen blieb hart und bekam heraus, dass sie tatsächlich kurz darauf ein Fahrzeug davonfahren hörten, aber nicht wussten, was für eins oder wo es gestanden hatte. Nein, sie hatten den Wagen nicht kommen hören – wie denn auch, wo sie doch so beschäftigt gewesen waren, dachte Ellen.
Nein, keine besonderen Merkmale. Ein ganz normaler männlicher Unterleib. Beine? Spindeldürr, sagte der Architekt. Kräftig, sagte seine Sekretärin. Penis? Der Architekt hatte ein mürrisches Gesicht gemacht, die Frau war rot geworden, beide hatten mit den Schultern gezuckt.
»Nun, manchmal sind sie tätowiert oder tragen einen Ring durch die Vorhaut«, sagte Ellen, um es dem glücklichen Pärchen noch ein wenig peinlicher zu machen.
Gesicht?
Es war zu dunkel, sagten sie. Die Kapuze hat alles verdeckt.
Hat er ejakuliert?
Ja.
Hat er das Kondom wieder abgestreift?
Ja, mit einem Taschentuch. Hat dann alles in die Tasche gestopft.
Wie hatte er sie bedroht?
Hauptsächlich durch sein Verhalten. Ziemlich bedrohlich.
Hatte er ein Messer?
Nein. Eine Eisenstange, ein Montiereisen vielleicht.
Hat er irgendwelche Andenken mitgenommen?
Häh?
Kleidungsstücke, Haarsträhnen, etwas in der Art?
Nur unser Geld.
Die Einzelheiten deuteten darauf hin, dass es sich um jemand anderen als Venn handelte. Trotzdem musste sein Alibi überprüft werden. Ellen ließ den Architekten und seine Sekretärin nach Hause gehen und befragte die beiden Tully-Schwestern.
»Er war die ganze Zeit bei Ihnen? Sind Sie sich sicher?«
Lisa nickte. Sie waren in einem der Befragungsräume in dem Flur hinter der Dienstkantine, Ellen stellte die Fragen, Scobie beobachtete regungslos Lisa Tully.
Donna Tully wartete zwei Türen weiter und trank Tee, während sie von einem anderen CIB-Detective bewacht wurde. Die beiden Schwestern waren eisern: Dwayne Venn war letzte Nacht bei ihnen zu Hause gewesen. Ellen fragte sich, ob er mit beiden schlief.
»In welcher Beziehung stehen Sie zu Dwayne?«
»Was meinen Sie damit?«
»Ist er ein Bekannter? Ein Freund? Ihr Verlobter? Untermieter?«
»Er ist der Freund von meiner Schwester. Für was halten Sie mich?«
»Verstehen Sie sich gut mit Ihrer Schwester?«
»Sie ist meine Schwester.«
»Würden Sie für sie lügen?«
»Was meinen Sie damit?«
»Wenn Sie sie bitten würde, vor der
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