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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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trotzdem irgendwie das Kunststück fertig zu lächeln.
    »Vielen Dank«, seufzte er. »Du hättest keine Sekunde später kommen dürfen. Ich dachte wirklich, diesmal ist es aus. Aber jetzt schlage ich vor, dass du ein wenig Gas wegnimmst – und in einen höheren Gang schaltest. Auch so ein Wagen kann sich im Schlamm festfahren, weißt du?«
    »Willst du lieber fahren?«, fragte Rachel spitz, nahm aber dennoch den Fuß vom Gas und schaltete gehorsam in einen höheren Gang. Aus dem gequälten Heulen des Motors wurde ein noch immer lautes, aber nicht mehr ganz so bedrohliches Dröhnen und der Wagen wurde nicht langsamer, sondern spürbar schneller. Ein finsteres Etwas mit geometrischen Kanten sprang sie aus der Dunkelheit heraus an, aber diesmal sah Rachel das Hindernis rechtzeitig genug, um ihm auszuweichen.
    »Schon besser«, lobte Benedikt. »Aber fahr etwas langsamer. Wenn uns ein Reifen platzt, haben sie uns.«
    »Ich wiederhole meinen Vorschlag«, sagte Rachel gereizt. »Du kannst fahren.«
    »Im Prinzip gerne, aber im Augenblick bin ich leider etwas gehandikapt.« Benedikt hob die aneinander gefesselten Hände und machte zugleich eine Kopfbewegung. »Dort vorne ist das Tor.«
    Rachel schenkte ihm einen giftigen Blick, nahm aber trotzdem noch einmal Gas weg und steuerte auf das offene Tor zu. Der Wagen schlingerte immer noch leicht und die Reifen drehten trotz des Vierradantriebs immer wieder durch, sodass sie noch einmal Gas wegnahm und sie nun spürbar langsamer wurden. Benedikt sagte nichts dazu, aber er sah nervös in den Rückspiegel.
    »Sie kommen nicht nach«, sagte Rachel. Benedikt blickte fragend und sie fügte hinzu: »Der Wagen. Es gab … einen Unfall.«
    Das hörbare Zögern in ihren Worten schien Benedikt genug zu sagen, denn er verzichtete auf jede weitere Frage, sondern sah nur lange und konzentriert aus dem Heckfenster, obwohl es dort außer vollkommener Dunkelheit absolut nichts zu sehen gab. Erst nachdem das aufgebrochene Tor und der Schrottplatz vollkommen außer Sicht gekommen waren, drehte er sich herum und machte sich eine Zeitlang am Handschuhfach zu schaffen. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er ein Drahtstück zwischen den Fingern, mit dem er den Verschluss der Handschellen bearbeitete.
    »Du hättest einfach verschwinden können.«
    »Prima Idee«, sagte Rachel. »Allein, ohne Wagen und bei diesem Wetter. Wahrscheinlich hätte ich mich in Alaska wiedergefunden.«
    »Du hättest weglaufen können«, beharrte Benedikt. Er sah sie nicht an, sondern konzentrierte sich vollkommen darauf, mit dem Drahtende im Schloss der Handschellen herumzufuhrwerken. Rachel war nicht ganz sicher, ob das, was er tat, wirklich einen Sinn machte. »Sie hätten keine Chance gehabt, dich zu finden. Nicht bei diesem Wetter. Stattdessen bist du zurückgekommen, um mich zu befreien. Danke.«
    »Ich brauchte den Wagen«, antwortete Rachel. »Ich bin im Moment nicht gut zu Fuß, weißt du?«
    Benedikt sah sie einen Moment lang stirnrunzelnd an und konzentrierte sich dann wieder auf seinen Draht. Ein scharfes Klacken erklang und die Handschellen sprangen auf. Benedikt warf sie achtlos auf den Wagenboden, steckte den Draht aber sorgfältig in die Brusttasche seines Hemdes. Aus irgendeinem Grund wartete Rachel darauf, dass er sich die Handgelenke massierte, aber stattdessen machte er nur eine Kopfbewegung zum Lenkrad.
    »Wenn du willst, übernehme ich jetzt.«
    »Hast du Probleme mit Frauen am Steuer?«, fragte Rachel.
    Benedikt blickte irritiert. »Warum bist du so gereizt?«
    »Es tut mir Leid«, antwortete Rachel wahrheitsgemäß. »Ich bin …« Sie sprach nicht weiter, sondern beendete den Satz mit einem Achselzucken. Sie war gereizt und sie hatte jeden Grund dazu, aber sie musste Acht geben, dass sich ihr verständlicher Zorn nicht auf Benedikt entlud – obwohl sie auch dafür jeden Grund hatte, realistisch betrachtet. Statt irgendetwas zu sagen, lenkte sie den Wagen an den Straßenrand, stieg aus und ging mit schnellen Schritten um das Heck herum, um auf der Beifahrerseite wieder einzusteigen. Benedikt war inzwischen hinter das Steuer gerutscht, aber er fuhr nicht sofort weiter, sondern sah sie nur erneut und diesmal viel intensiver auf diese sonderbar beunruhigende Weise an, die sie einfach nicht einzuordnen vermochte.
    Rachel zog die Tür neben sich ins Schloss und machte eine entsprechende Geste. »Worauf wartest du?«
    »Was ist passiert?«, fragte Benedikt. Die Mutlosigkeit und Resignation, die sie

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