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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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keine vernünftige Antwort von ihm bekommen. Wozu das alles auch? In spätestens fünf Minuten würde sich die Tür des Flugzeuges schließen und dann saßen sie so oder so in der Falle.
    »Also gut«, seufzte sie. »Wir sind also Marc und Steffie Sonstwer. Prima. Wenn du mir jetzt noch verrätst, warum ich die Ersparnisse aus drei Jahren harter Arbeit für zwei Flugtickets ausgegeben habe, die wir gar nicht brauchten, dann habe ich vielleicht sogar eine winzige Chance zu verstehen, was ich tue.«
    »Wer sagt, dass wir sie nicht brauchen?« Benedikts nervendes Grinsen verschwand und er klappte die Brieftasche mit einem hörbaren Knall zu, ehe er sie wieder in der Brusttasche verschwinden ließ. »Du hattest völlig Recht, weißt du?«, sagte er. »Wahrscheinlich wussten Naubach und sein neuer Freund De Ville im gleichen Moment, wo wir sind, in dem du deine Kreditkarte benutzt hast. Wenn nicht, dann wären sie ziemlich dumm. Genau aus diesem Grund habe ich die Flugkarten mit deiner Karte bezahlt. Es wäre kein Problem gewesen, genügend Bargeld aufzutreiben, um sie zu bezahlen.«
    Rachel verzichtete darauf, darüber nachzudenken, wie er an so viel Bargeld hätte kommen wollen. Je näher sie Benedikt kennen lernte, desto mehr Dinge gab es, die sie im Grunde nicht über ihn wissen wollte.
    »Sie werden auch nicht lange brauchen, um herauszufinden, mit wem ich telefoniert habe«, fuhr Benedikt fort, »und zwei und zwei zusammenzuzählen. Mit ziemlicher Sicherheit kommen sie dabei auf Buenos Aires.«
    »Aber wir sitzen nicht in der Maschine«, erinnerte Rachel.
    »Doch, das tun wir«, behauptete Benedikt. »Du erinnerst dich an den Mann, mit dem ich gesprochen habe? Ich war früher einmal ganz gut als Taschendieb. Ich glaube nicht, dass er gemerkt hat, dass er jetzt unsere Tickets hat. Niemand vergleicht die Namen auf den Flugscheinen mit denen im Pass. Aber der Computer hält die Namen fest, die elektronisch auf den Tickets gespeichert sind. Wenn also jetzt jemand die Passagierlisten einsieht …« Er hob die Schultern.
    »Dann sind wir an Bord«, murmelte Rachel. Sie war nicht ganz sicher, ob sie Benedikts kompliziertem Gedankengang wirklich in allen Einzelheiten hatte folgen können. Und ob sie es überhaupt wollte.
    »Ganz genau«, sagte Benedikt.
    »Das ist so verrückt, dass es sogar funktionieren könnte«, sagte Rachel.
    »Es wird funktionieren«, behauptete Benedikt.
    »Und wenn nicht?«
    »Dann sind wir so gut wie tot«, antwortete Benedikt gelassen. »Und deine Freundin vermutlich auch.«
    ***
    Nach diesen aufmunternden Worten kam es ihr zwar selbst schier unglaublich vor, aber sie schlief tatsächlich ein, kaum dass die Maschine abgehoben hatte, und wachte erst durch den unsanften Ruck wieder auf, mit dem sie einen halben Kontinent entfernt wieder aufsetzte. Die eineinhalb Stunden Schlaf in der verdreckten Kammer auf dem Autofriedhof hatten längst nicht ausgereicht, um ihre Batterien vollständig wieder aufzuladen, und sie fühlte sich auch jetzt noch nicht wirklich erholt – von der Bedeutung des Wortes frisch, die sie mittlerweile fast vergessen hatte, ganz zu schweigen. Während die Maschine langsam ausrollte und um sie herum die ersten Fluggäste bereits aufsprangen und ihr Gepäck aus den Fächern nahmen, um ein wenig länger in der Schlange zu stehen, die sich vor dem Ausgang drängte, versuchte Rachel den Schlaf wegzublinzeln und wenigstens den Anschein von Ordnung in das Chaos zu bringen, das hinter ihrer Stirn herrschte.
    Beides misslang gründlich. Die Landung musste sie wohl mitten in einer REM-Phase erwischt haben, was zu dem bekannten Ergebnis führte: Sie fühlte sich, als hätte sie überhaupt nicht geschlafen, sondern die letzten dreieinhalb Stunden in einem Steinbruch geschuftet.
    Dazu kam, dass Benedikt geradezu unverschämt wach zu sein schien und unentwegt versuchte, sie mit irgendwelchen ach so witzigen Bemerkungen aufzumuntern. Rachels einzige Antwort bestand aus einer gemurmelten Verwünschung, dass er sie nicht geweckt hatte, als die Stewardess mit dem Kaffee kam. Benedikt grinste nur dazu und schien noch fröhlicher zu werden. Vielleicht, dachte sie, war es doch gar nicht so schlimm, wenn die Welt in ein paar Stunden unterging. Wenigstens würde sie dann Benedikts infantilen Humor nicht mehr ertragen müssen.
    Die Maschine brauchte ungewöhnlich lange, um das Terminal zu erreichen und auszurollen. Unter den Passagieren begann sich Unruhe breit zu machen und weiter vorne am Ausgang

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