Flut: Roman (German Edition)
Sternen«, sagte Uschi hämisch, aber De Ville blieb weiter ernst.
»Wie gesagt: Ich will es ihnen leichter machen«, sagte er. »Reden wir nicht mehr von göttlichem Wirken oder Glauben. Reden wir von Ihrer Wissenschaft, an der Ihnen ja so viel liegt. Die Katastrophe, die uns heimsuchen wird, ist nicht die erste, die die Erde trifft, und sie wird nicht die letzte bleiben. Sie sind eine gebildete Frau. Sicherlich kennen Sie die Theorie der zyklisch wiederkehrenden Zerstörung.«
Uschi ließ sich nicht anmerken, ob und, wenn ja, wie sie diese Frage beantworten konnte, aber Rachel kramte einen Moment in ihrem Gedächtnis und erinnerte sich dann. Da sie sich niemals sonderlich für Sensationsmeldungen und Katastrophen interessiert hatte, war ihr auch dieses Thema nicht besonders vertraut. Dennoch wusste sie natürlich, dass immer mehr Wissenschaftler die These vertraten, dass die Erde und mit ihr alles Leben darauf in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen von gewaltigen Katastrophen heimgesucht wurden, deren Ursprung im Weltraum zu suchen war: Meteoriten, die verheerende Flutkatastrophen, Erdbeben und Feuerstürme zur Folge hatten und deren bisher dramatischster Besuch nicht nur zum Ende der Dinosaurier, sondern fast zur Auslöschung allen Lebens auf der Welt geführt hatte. Obwohl die Frage Uschi gegolten hatte, nickte Rachel und De Ville drehte sich leicht in ihre Richtung, bevor er weitersprach.
»Der Meteoritenschwarm, durch den die Erde gerade zieht, ist vielleicht nicht das erste Mal hier. Es gibt eine Theorie, nach der er in regelmäßigen Abständen kommt – vielleicht alle zehntausend Jahre, vielleicht auch nur einmal in einer Million Jahren, und vielleicht trifft er die Erde auch nicht immer mit ganzer Wucht, sodass die Folgen dieser Begegnungen unterschiedlich sind. Diesmal scheinen wir Glück gehabt zu haben. Was in den letzten drei Wochen geschehen ist, mag entsetzlich sein und es hat verheerende Folgen, aber bisher war es nichts, was die Menschheit in ihrer Existenz bedroht.« Er legte eine kurze, aber, wie Rachel glaubte, ganz genau bemessene dramatische Pause ein. »Das wird sich in weniger als vier Stunden ändern. Zumindest für den Großteil der Menschheit.«
»Das können Sie gar nicht so genau wissen«, sagte Rachel lahm. Sie kam sich vor wie ein Boxer, der nur noch aus einem reinen Reflex die Hände hob und genau wusste, dass die Hiebe seines Gegners seine Deckung ohne Probleme durchdringen würden.
»Wir wussten die Stunde Ihrer Geburt«, sagte De Ville ruhig.
»Und wie, wenn niemand diese ominösen Schriftrollen lesen konnte?«, wollte Uschi wissen.
»Ich sagte: bis vor ungefähr fünfzig Jahren«, erinnerte De Ville sanft. »Wir sind nicht mehr auf einsame Genies angewiesen, die ein Leben damit zubringen, einen einzelnen Satz zu entschlüsseln oder die Bedeutung eines Zeichens. Noch nie zuvor in ihrer Geschichte hatte die Menschheit ein solches technisches Niveau erreicht. Wir verfügen über Hilfsmittel, von denen unsere Vorfahren nicht einmal geträumt haben.«
»Computer«, vermutete Rachel.
De Ville nickte. »Unter anderem«, sagte er geheimnisvoll. »Aber auch Menschen wie Sie, die ihre von Gott gegebenen Geschenke einsetzen, um dort weiterzuhelfen, wo die Wissenschaft versagt.«
Rachel wollte eine entsprechende Frage stellen, aber De Ville machte eine abwehrende Handbewegung, und sie schwieg. Natürlich hatte er Recht. Jetzt war wirklich nicht der Moment, darüber zu reden.
»Vielleicht können Sie sich das Entsetzen der Männer vorstellen, die die ersten Verse übersetzten und begreifen mussten, dass die Geschichte der Menschheit auf diesen fünftausend Jahre alten Pergamenten vor ihnen ausgebreitet war. Nicht in allen Details. Vieles war verschlüsselt, manches ist bis heute unverständlich, aber zu viel ist eingetroffen, um es als Zufall abtun zu können.«
»Selbst wenn ich das glauben würde«, sagte Uschi und machte eine Kopfbewegung auf Rachel, »was hat das mit ihr zu tun? Oder mit mir oder einer der anderen?«
De Ville wollte antworten, aber in diesem Moment drehte sich Johannes Petrus herum, und De Ville straffte sich unwillkürlich und trat einen halben Schritt zurück.
»Es steht geschrieben, dass in der ersten Sekunde des ersten Tages des neuen Jahrtausends ein Kind geboren wird, das die Menschen in eine neue Zeit führt, eine Zeit ohne Gewalt, ohne Hass und ohne Neid.«
»O ja, ich verstehe«, sagte Uschi spöttisch. »Ein neuer Messias, wie? Ich will
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