Flut: Roman (German Edition)
lächerlich«, murmelte Uschi. Ihre Stimme klang flach, so sehr ohne Kraft und Überzeugung, dass ihr Ton das Gegenteil ihrer Worte aussagte.
»Und das wissen Sie so genau?«, fragte Rachel. »Ich meine: Es steht auf die Stunde oder vielleicht sogar die Minute genau in einer über zweitausend Jahre alten Prophezeiung? Das wollen Sie mir erzählen?«
»Sie ist mehr als fünftausend Jahre alt«, antwortete De Ville leise. »Die Bibel ist nicht das einzige Buch, das Menschen über Gott, seine Ziele und sein Wirken geschrieben haben, und längst nicht das älteste. Große Teile des Alten Testamentes gehen auf viel, viel ältere Texte zurück. Und diese wiederum auf Überlieferungen, die vielleicht älter sind, als wir auch nur erahnen können. Es ist bisher alles so gekommen, wie es geschrieben steht – der große Regen, die Plagen, der Untergang von Sodom und Gomorra, ich könnte Ihnen Hunderte von Beispielen nennen und sie belegen. Aber glauben Sie mir einfach, dass es so kommen wird.«
»Weil irgendjemand vor fünftausend Jahren einen Albtraum hatte und das, was heute passiert, rein zufällig damit übereinzustimmen scheint?« Rachel schüttelte zornig den Kopf. »Das ist mir zu einfach.«
»Aber es ist kein Zufall«, beharrte De Ville. »Ich weiß, dass es heutzutage schick ist, nicht mehr an Gott zu glauben und sich über alles lustig zu machen, woran Menschen seit zehntausend Jahren glauben. Wofür so viele Generationen gelebt und gelitten haben.«
»Wenn Sie mich bekehren wollen, kommen Sie zu spät«, sagte Rachel bitter.
De Ville schüttelte den Kopf. »Ich will Sie nicht bekehren«, antwortete er. »Dazu haben wir weder die Zeit noch wäre ich in der Lage dazu. Ich wollte es auch gar nicht. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Für mich ist es Gottes Wille, aber vielleicht finden Sie ja eine andere Erklärung. Vielleicht hat es immer schon Menschen gegeben, die die Zukunft vorhersehen können. So wie Sie.«
»Das … das ist etwas anderes«, murmelte Rachel verstört.
»So?« De Ville lächelte humorlos. »Wieso? Ich war nicht dabei, aber Naubach hat mir erzählt, was im Krankenhaus geschehen ist. Sie haben ihm das Leben gerettet, weil Sie wussten, wo die Granate einschlagen würde. Wie oft hat Ihnen Ihre Fähigkeit der Präkognition« – Sie war sicher, dass er dieses Wort nur benutzte, um nicht schon wieder von Glauben oder Gott sprechen zu müssen – »bisher das Leben gerettet oder Sie zumindest vor Schaden bewahrt? Muss ich ausgerechnet Ihnen erklären, dass es Dinge gibt, die wir mit unserer Schulwissenschaft nicht erklären können?«
Rachel sagte nichts. Sie fühlte sich in die Enge getrieben und das machte sie wütend – umso mehr, weil er Recht hatte.
»Gut«, fuhr De Ville in verändertem, hartem Ton fort. »Wir haben weder die Zeit für eine theologische Grundsatzdiskussion noch ist dies der richtige Moment dafür. Nennen Sie es von mir aus ein parapsychologisches Phänomen, das ist ja wohl der moderne Ausdruck für ein Wunder. Tatsache ist, dass alles bisher ganz genau so eingetroffen ist, wie es vorhergesagt wurde.«
»Von wem?«, mischte sich Uschi ein.
»Das wissen wir nicht«, gestand De Ville. Wieder warf er einen fragenden Blick in Richtung des Papstes und wieder fuhr er erst fort, nachdem dieser fast unmerklich genickt hatte. »Die Schriften, von denen ich gesprochen habe, sind uralt«, sagte er. »Mindestens fünftausend Jahre, wenn nicht älter. Sie wurden vor annähernd tausend Jahren von einem Kreuzritter in einem geheimen Raum unter den Ruinen von Massada gefunden und hierher nach Rom zurückgebracht. Niemand konnte sie entziffern und damals wusste natürlich auch niemand, wie alt diese Schriften waren, aber die Führer der Kirche erkannten bereits damals, welchen Schatz sie da in Händen hielten.« Er hob die Schultern. »Vielleicht hat dieser Ritter damals den Heiligen Gral gefunden, ohne es wirklich zu wissen. Doch seit annähernd einem Jahrtausend arbeiten Priester und Wissenschaftler im Auftrag der Kirche daran, diese Dokumente zu entschlüsseln.«
»Mit Erfolg?«, fragte Uschi spöttisch.
De Ville deutete ein Kopfschütteln an. »Mit sehr wenig Erfolg, zumindest bis vor fünfzig oder sechzig Jahren. Sowohl die Sprache als auch die Schrift, in der die Dokumente abgefasst wurden, sind vollkommen unbekannt. Es handelt sich wohl um eine Sprache, die zusammen mit dem Volk, das sie gesprochen hat, verschwunden ist.«
»Wahrscheinlich waren es Dänikens Besucher von den
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