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Flut: Roman (German Edition)

Flut: Roman (German Edition)

Titel: Flut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Aufforderung, von sich aus weiterzureden, aber wahrscheinlicher war wohl, dass er ohnehin auf ein Stichwort gewartet hatte. »Es ist nichts von alledem.«
    »Sondern?« Verdammt, warum antwortete sie überhaupt?
    »Ich glaube, du kennst die Antwort«, sagte Darkov.
    »Wer weiß?« Rachel deutete ein Achselzucken an und gewann eine weitere Sekunde damit, einen langen Blick in den Rückspiegel zu werfen und die Straße hinter ihnen zu begutachten. Sie war leer. Aber sie war auch nicht mehr ganz sicher, ob sie sich tatsächlich wünschen sollte, dass sie es blieb.
    »Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde  …«
    »... die sich unsere Schulweisheit nicht erklären kann, ich weiß.« Rachel war selbst ein wenig erschrocken über die Schärfe in ihrer Stimme, aber sie versuchte auch erst gar nicht mehr sich zur Ordnung zu rufen. Ihr Verstand beharrte weiter darauf, dass sie jetzt besser die Klappe hielt. Aber da war offensichtlich irgendetwas in ihr, das dieses Gespräch führen wollte. Vielleicht, weil ein Teil von ihr spürte, wie wichtig es war.
    »Und? Etwas nicht erklären zu können heißt noch lange nicht, dass es keine Erklärung gibt, oder?«
    »Was soll das denn sonst sein, wenn kein natürliches Phänomen?« Sie machte eine wedelnde Bewegung zum Wagendach hinauf. »Vielleicht Gottes Strafgericht?«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Lächerlich!«
    »Es wundert mich, dass gerade du das sagst«, antwortete Darkov ernst. »Du glaubst doch an Gott.« Es war eindeutig keine Frage, aber dafür lag eine Art sanfter Tadel in seiner Stimme und wieder verging eine geraume Weile, ehe sie antwortete.
    Diesmal ließ sie die Sekunden jedoch ganz bewusst verstreichen und sie war sich auch darüber im Klaren, dass der hauptsächliche Grund für ihr Zögern der war, dass sie Angst vor der Antwort hatte. Nicht, dass sie sie tief in sich drinnen nicht schon kannte. Da war dieses Glitzern in seinen Augen, dieser ganz bestimmte Ton in seiner Stimme, fast so etwas wie ein heiliger Zorn … O ja, sie kannte all das zur Genüge und besser, als ihr lieb war. »Ich glaube an Gott«, antwortete sie ernst. »Nicht an einen alten, weißhaarigen Mann mit Bart und Harfe, der auf einer Wolke sitzt und voller Güte auf uns herabsieht, wenn Sie das meinen. Aber ich glaube an eine höhere Macht.« Sie hob die Schultern. »Vielleicht finde ich ja auch nur den Gedanken unerträglich, dass dieses ganze gewaltige Universum nur durch Zufall entstanden sein soll. Willkürlich. Dass es keinen anderen Sinn hat außer dem zu existieren.«
    Darkov wollte antworten, aber Rachel sprach schnell und mit ganz leicht erhobener Stimme weiter: »Aber das eine schließt das andere schließlich nicht aus. An Gott zu glauben bedeutet nicht zwangsläufig, die Wissenschaft zu leugnen. Und umgekehrt.«
    »Ich kenne eine Menge Leute, die anderer Meinung sind«, sagte Darkov.
    »Dann kennen Sie die falschen Leute«, erwiderte Rachel. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Wissenschaft verleugnet nicht die Existenz einer höheren Macht. Sie erklärt, wie die Dinge funktionieren, nicht warum.« Fast hätte sie gelacht. Die Situation war … einfach absurd. Noch vor wenigen Stunden hatte sie ein ganz normales, eher durchschnittliches (und um ehrlich zu sein, ziemlich langweiliges) Leben geführt – nun: Über Langeweile konnte sie sich nun nicht mehr beschweren. Irgendwelche Verrückten hatten versucht, sie zu entführen, jemand hatte auf sie geschossen, sie hatte sich mitten durch ein Kriegsgebiet gekämpft und war auf der Flucht vor einer Bande blutrünstiger Terroristen, die wahrscheinlich nicht einmal davor zurückschrecken würden, einen taktischen Atomsprengkopf einzusetzen, um ihrer habhaft zu werden, und das aus einem Grund, den sie sich nicht einmal vorstellen konnte – und sie saß mit einem wildfremden Mann, von dem sie kaum mehr als seinen Namen (der wahrscheinlich falsch war) kannte, im Wagen und führte eine theologische Diskussion!
    »Also gut«, fuhr sie fort, als Darkov nicht antwortete, sondern sie nur weiter stumm und auf diese fast unheimliche Weise vorwurfsvoll ansah. Sie fragte sich, ob sie mit einem Verrückten im Wagen saß. Und wenn ja, wie gefährlich er war. »Ohne Umschweife: Wer sind diese Männer und was wollen sie von mir?« Noch während sie sprach, wurde ihr klar, dass Darkov nicht antworten würde, weil das die falsche Taktik war, und sie machte erneut eine wedelnde Handbewegung zum Wagendach hinauf und fügte in etwas versöhnlicherem Ton

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