Flut
Bestseller vor, außerdem gibt es ein ganzes Regal mit Psychologiebüchern, aber letzten Endes hat er Angst, das Falsche zu nehmen, und kauft doch nichts. Er macht einen letzten Versuch im balinesischen Dekorationsgeschäft am Stadtrand. Die kleinen Figuren und Küchenutensilien sind zumindest bezahlbar. Die Verkäuferin versichert, alles werde direkt von Handwerkern auf Bali hergestellt. Er entdeckt eine atemberaubende Überdecke mit kompliziertem grün-goldenen Muster, die auch nicht viel kostet, bis ihm plötzlich klar wird, was er da eigentlich tut, und er augenblicklich das Geschäft verlässt. Zu Hause wirft er einen Blick auf seinen Arbeitsplan und stellt fest, dass er am nächsten Tag Dienst hat. Er geht früh schlafen und ist um acht Uhr morgens im Schwimmbad. Bis zum Ende der Schicht um eins erscheint kein einziger Schüler. Es sind nicht mal zehn Grad, und es sieht nach Regen aus. Statt Mittag zu essen, zieht er seine Laufschuhe, Shorts und die Trainingsjacke an, die er von seinen Schülern bekommen hat, und joggt am Strand entlang bis nach Siriú. Er nimmt sich vor, so lange an Jasmim zu denken, bis er sie vergessen hat, Gas zu geben, bis der Motor heiß läuft, und das nicht enden wollende Verlangen, sie wiederzusehen, auszuschwitzen. Erst nach einer Stunde stellt sich eine leichte Erschöpfung ein. Und schließlich kommt er zur Ruhe. Es klappt immer. Irgendwo hört er Donnergrollen, aber weder blitzt es, noch regnet es.
Als am Sonntagmorgen wieder die Sonne scheint, beschließt er, Beta bei einem ersten längeren Ausflug auf die Probe zu stellen. Er trägt sie runter an den Strand und geht dann langsam neben ihr her. Sie humpelt merkwürdig, das Vorderbein, das gebrochen war, ist steif und die Bewegung der Hinterbeine noch sehr eingeschränkt. Trotzdem läuft sie schneller als erwartet und macht keine Anzeichen aufzugeben. Im Gegenteil, ihr Selbstvertrauen scheint mit jedem Schritt zu wachsen. Hin und wieder läuft sie ans Wasser, und er muss sie mehrmals vor den Wellen retten. Er kann es kaum glauben, aber die Hündin scheint eine regelrechte Freude am Wasser zu entwickeln. Er läuft mit ihr bis zur Promenade, setzt sich auf die Treppe und will sie ein wenig ausruhen lassen, aber sie trottet direkt wieder runter zum Meer. Erst als sie ihre Schnauze in die Wellen steckt, hat er sie eingeholt. Was machst du für Sachen, Mädchen? Er nimmt sie hoch, trägt sie zurück und zieht sich bis auf die schwarzen Boxershorts aus, stapelt die Kleidung zu einem Haufen und läuft mit der Hündin unterm Arm ins Meer. Die Wellen sind hier stärker als am Rand der Bucht, aber das scheint ihr nichts auszumachen. Das Wasser ist so kalt, dass es auf der Haut brennt. Er hält sie mit beiden Händen am Bauch fest, lässt sie aber selbst paddeln und in die Wellen eintauchen. Beta, Beta, du bist ja verrückt, sagt er mit klappernden Zähnen. Glaubst du, du bist ein Wal? Willst du Weltmeisterin im Hundeschwimmen werden? Prustend schwimmt sie weiter. Als er ein schmerzhaftes Kribbeln an Armen und Beinen verspürt, trägt er sie an den Strand und trocknet sie mit seinem T-Shirt ab. Dann schlüpft er nass in die restliche Kleidung und tritt mit ihr den Nachhauseweg an. Er ist steif vor Kälte. Kurz vor den aufgebockten Fischerbooten hört er Jasmim seinen Namen rufen. Sie sitzt alleine auf einer Bank an der Strandpromenade und trinkt Mate. Er läuft zu ihr hoch.
Hier waren vorhin ein paar Typen, die guckten aufs Meer raus und redeten über einen Verrückten, der in Unterhosemit seinem Hund badet. Da bin ich stehen geblieben und dachte mir, hm, ich glaube, den kenn ich.
Das war ich.
Ist dir nicht kalt?
Ich sterbe fast vor Kälte. Aber die Sonne hilft schon ein bisschen, wenn man aus dem Wasser kommt.
Dein Glück, dass es nicht windig ist.
War heute keine Wal-Tour?
Nein, es waren nicht genügend Leute da. Frota, der Besitzer, ist im Büro geblieben, und ich bin früher als sonst in die Kirche. Jetzt sitz ich noch kurz hier am Strand und fahr gleich nach Hause.
Du gehst in die Kirche?
Ja, immer sonntags. In die kleine Kapelle da vorne am Platz. Die ist wirklich hübsch, warst du da schon mal drin?
Nein, nie.
Bist du nicht religiös?
Nein, du?
Na ja, ich glaube an Gott. Mehr nicht. Ich bin so erzogen. Jeden Sonntag in die Kirche, seit ich klein bin. Das Beten tut mir gut. Ich finde, es ist eine schöne Geste. Ich weiß, dass das irrational ist und so. Ich wollte auch schon aufhören, aber ich kann nicht.
Und ich wollte
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