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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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frisch verbunden, seine Wunde am Kopf eingerieben und ihm Scharpie um den Rücken gewickelt hatte.
    Mit knurrendem Magen sah Rungholt in den Grapen. »Erbsenmus?«
    »Mit Hirse.«
    Rungholt brummte. Egal welches Essen, es würde seinen Hunger vertreiben und ihn kräftigen, aber ob es das dumpfe Grollen in seinem Bauch stillen konnte? Ein eigenartiges Gefühl der Leere rumorte in ihm, und gleichzeitig war da eine Wärme, die vielleicht vergleichbar war mit einem Gang auf die Bleichwiesen, wenn die Morgensonne über die Wakenitz strich und seine Wangen küsste. Tröstliches Prickeln auf der Haut, ein liebkosender Wind und Millionen Wege. Weil es keine Richtung gab, die man nehmen musste.
    Das Alte mahnt, das Fremde lockt, dachte Rungholt. Nur womit? Womit lockt mich das Fremde? War es so glanzvoll wie die Sonne über den Bleichwiesen?
    »Im Frühjahr 1393 haben wir angefangen, es zu bauen. Für Mirke und Daniel. In der Marlesgrube«, meinte er. »Gutes Stück Land.«
    »Ich weiß. Ich war schon ein paar Mal da, Rungholt.«
    »Große Diele, viel Platz. Für Mirke, Marlein … Hilde und sie.«
    » Und sie? … Aha, verstehe.«
    »Alheyd, ja. Alheyd. Auch für sie.«
    »Deswegen gehst du nicht hin? Wegen ihr?«
    »Das … Ich kann das nicht. Heut noch nicht. Ich kann ihr das nicht einfach so sagen, Marek … Dass das Haus weg ist, die Möwe …«
    Nickend rührte Marek um. »Aber du musst mit ihr reden, das sag ich dir aber.«
    »Ach«, stieß Rungholt aus und wechselte lieber das Thema. »Was ist eigentlich aus deinem Zimmer geworden?«
    »Hab ich aufgegeben. Schon vor zwei Wintern.«
    Rungholt nickte stumm und sah sich nach dem abgetrennten Schlafbereich um. Auffallend viele Truhen schimmerten mit ihrem polierten Holz im Schein der Fackel. Darauf reihten sich Mareks Flaschenschiffe eins ans andere.
    Er hatte gedacht, der Schone hätte mittlerweile etwas Besseres gefunden, was er hier an dunklen Abenden treiben konnte, aber weit gefehlt. Zu den Miniaturen, die Rungholt bereits kannte, hatte sich eine stattliche Zahl neuer Bauten gesellt.
    Nicht auszudenken, wie viel Zeit Marek mit diesem weibischen Zeug verplempert hatte. »Um mit Alheyd zu sprechen: Ich brauch Kraft, Marek. Und das bisschen, was ich noch habe, brauch ich für den Florenzer.«
    »So? Was hast du vor?«
    Rungholt stippte in das kalte Mus und aß ein paar Fingervoll. »Ich bring ihn um.«
    Kopfschüttelnd schnaufte Marek und stampfte weiter seine Eicheln. Schließlich meinte er leise und ohne aufzublicken: »Du kannst auf mich zählen, Rungholt. Das weißt du.«
    »Ich weiß, Marek. Aber wegen Rungholt, dem Querschädel, fährst du mir nicht in die Hölle.«
    »Besser für einen Freund in die Hölle fahren als einsam auf Deck bleiben. Das sag ich dir aber.«
    Sie warfen sich einen Blick zu und mussten beide schmunzeln. Immerhin, Marek war ihm geblieben.
    »Treueschwüre … Rührend. Ihr Männer stellt mir keinen Unsinn an. Verstanden! Es wird niemand umgebracht.« Sinje stellte einen Korb mit frisch geschnittenen Kräutern zur Herdstelle. Sie legte die nasse Decke ab, die sie sich über Kopf und Surkot gelegt hatte, und holte ein in Rinde gewickeltes Bündel hervor. »Du hast eingeschlagen in seine Hand, Rungholt. Zwei Mal, wenn Marek das richtig erzählt hat«, sagte sie, nachdem sie die Tür zugezogen hatte.
    Rungholt knurrte ein »Ja«.
    »Na also.« Sinje warf Marek das Bündel zu.
    »Was ist das?«
    »Fleisch. Ein Wal ist an der Holstenbrücke gestrandet. Sie fallen wie die Wilden drüber her … Ihr müsst euch das ansehen. Das dauert Tage, bis der zerlegt ist.«
    »Der Handschlag zählt nicht.« Rungholt nahm Marek das Bündel aus der Hand und wickelte es auf. Rosiges Walfleisch, mindestens drei Pfund.
    »Aber es gibt einen Vertrag«, stellte Sinje fest. »Bist du kein ehrbarer Kaufmann mehr?«
    Nun war es an Rungholt zu schnaufen. »Ehre. Kein Grund, ihn nicht umzubringen.«
    »Dann weiß ich einen anderen Grund«, sagte sie schnippisch und nahm Rungholt das Fleisch aus der Hand. Sie packte es auf ein Schneidebrett, wischte sich die Finger in einem Tuch ab und holte ein Messer.
    »Du willst mich mit Essen ablenken?«
    »Nein, ich weiß, wie der Schädel uns zu den Kindern bringt.«
    Sanft stoppte Rungholt sie mit einer Geste beim Schneiden. »Wie meinst du das?«, fragte er und sah ein stolzes Blitzen in ihren grünen Augen.
    Kurz darauf beäugten sie alle drei Mareks alten Nachttopf. Sinje hatte ihn schief in eines von Rungholts Strohkissen

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