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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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verzückten Lächeln stehen. »Warte. Stehen bleiben. Rühr dich nicht!«, hielt er den Büttel auf, der an ihm vorbei zum Karren gehen wollte.
    Der Krauskopf begriff nicht, sodass Rungholt ihn an der Heuke packen musste. »Bleib stehen.«
    »Was? Was ’n?«
    »Seid ihr in den Hof getreten? Ist einer von euch hier zum Karren?«
    Der Büttel sah Rungholt fragend an.
    »Ob ihr Büttel hier durchgegangen seid?« Was war denn so schwer an der Frage? Er stieß den Krauskopf an.
    »Nee, wir hamm den noch die Effengrube hochlaufen sehen – wir war’n aber zu weit weg.« Er warf de Kraih einen Blick zu. »Im Hof hier? Nee, hier war’n wir nich.«
    »Gut. Gib mir deinen Knüppel und warte hier. Ihr auch, de Kraih.«
    »Was habt Ihr vor?« Die Krähe wollte sehen, was Rungholt entdeckt hatte, aber der hielt ihn zurück, indem er ihm seine Hand auf die Brust legte.
    »Wartet hier, de Kraih. Ihr beide.«
    Behutsam trat Rungholt an den Karren. Der Regen leistete ganze Arbeit und spülte immerzu Wasser und Modder unter die morschen Räder. Einige Taubenspuren waren zu sehen, ältere Spuren hatte der Regen längst vernichtet. Rungholt ließ seinen Blick schweifen, ging in Gedanken den Weg des Hammermanns ab.
    Im Schutze eines der Gerüste konnte Rungholt Fußspuren in der feuchten Erde erkennen. Sie wirkten so frisch, als wäre erst vor wenigen Augenblicken jemand dort entlanggelaufen.
    »Na also.« Der Abdruck eines Stiefels, eines rechten Stiefels, wie Rungholt feststellte. Und daneben hatte sich ein nackter Fuß in den Schlamm gesenkt. »Er hat seinen Stiefel verloren. Als er sich durch den Riss gezwängt hat. Oder beim Karrenziehen.«
    Rungholt wandte sich zu seinen Begleitern um, die vor dem Regen unter einem der Baugerüste Schutz gesucht hatten. Während de Kraih seinen Hals streckte, um zu sehen, was Rungholt trieb, klatschte der Büttel mit seinem Stiefel immer wieder gelangweilt in den Matsch.
    Suchend trat Rungholt an den Karren und stocherte mit dem Knüppel zwischen seinen Rädern und den Backsteinen herum. Er brauchte nicht lange, um den Stiefel zu finden. Gekonnt stieß er den Knüppel in den Schaft und zog ihn zu sich her. Der Stiefel sah abgetragen aus, Löcher allüberall, und der Schaft war irgendwann neu angenäht worden. Ein paar weiße Blüten klebten am dreckigen Leder.
    De Kraih rieb nachdenklich seine Y-Narbe.
    »Steckt ihn ein«, befahl Rungholt und warf ihn kurzerhand de Kraih zu. Dem dürren Mann gelang es nur knapp, das schlammbesudelte Ding zu fangen. Murrend über den Dreck, der überall auf seine Schecke gespritzt war, wandte er sich an Rungholt: »Das ist nur irgendein Lederstiefel. Was wollt Ihr damit?« Mit spitzen Fingern hielt er ihn von sich gestreckt. »He, du! Komm her«, befahl er dem Büttel und drückte ihm den Stiefel vor die Brust. »Steck ihn ein.«
    »Manchmal sind die gewöhnlichen Dinge die interessantesten.« Murmelnd trat Rungholt noch einmal an den Riss in der Mauer. Ein paar Fäden, dünn wie Haar, wehten im Wind. Sie waren auf Schulterhöhe an den rauen Backsteinen hängengeblieben. Als Rungholt sie abzupfen wollte, durchzuckte ihn der Schmerz.
    »Was ist mit Euch?«
    »Mein Rücken. Verflucht.«
    »Soll ich Wiesberg fragen? Er behandelt die Wunde …«
    Rungholt winkte schroff ab und nahm die Fäden. »Geht schon … Das ist von einem Seil, einer Kordel …«
    »Er hat was getragen?«
    »Vielleicht hatte er einen Beutel geschultert, ja. Lasst uns alles um den Karren herum absuchen. Wir heben auch die morschen Bretter an. Vielleicht finden wir noch was.«
    De Kraih winkte den Büttel her und befahl ihm, sich hinzuknien und mit bloßen Händen im Matsch zu suchen.
    Weil sein Rücken zu sehr schmerzte, sah Rungholt den beiden nur zu und stellte sich dann unter das Baugerüst. Er wollte sich an die Bretterbude lehnen, als sein Stiefel gegen etwas stieß, das zwei Handbreit von der Fußspur des Hammermanns entfernt im Modder lag und aussah wie ein totes Tier. Neugierig stupste Rungholt es mit der Spitze seines Trippen an.
    Kein Fell. Es war ein Ledersack, aufgeweicht und verschmutzt. Seine Kordel war gerissen. Rungholt wollte sich nach dem Sack bücken, gab, als der Schmerz ihn durchzuckte, jedoch sofort auf.
    »Büttel! Lass das Wühlen sein. Komm her, ich hab’s.«
    Nachdem der Mann den Beutel aus dem Dreck gezogen und ihn Rungholt gereicht hatte, öffnete der ihn behutsam. Er zog ihn ganz auf und …
    Zuerst dachte Rungholt, ein Stück Holz vor sich zu haben, doch der

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