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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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der Unterseite nach oben gelandet. Im Lichtstreifen, der durch die Türen sickerte, konnte Rungholt etwas erkennen.
    Blind um sich schlagend kam Marek an die Oberfläche. Immer wieder drückte ihn die Strömung unter Wasser, während er auf der Stelle zappelte, vergeblich versuchte zu entkommen.
    Marek spuckte Blut. Die hüfthohe Holzscheibe drückte gegen seine Brust, er klammerte sich dran, versuchte, Ruhe und Orientierung zu finden, einen Rhythmus. Bloß nicht so viel Wasser schlucken. Er lebte noch. Das Rad hatte ihn also nicht überrollt.
    Vor ihm zischte und gurgelte die Trave am Holzrad entlang. Der endlose Strom des Flusses. Die Fahrt hatte ein jähes Ende gefunden, keine zehn Klafter vor dem Holzbau des Äußeren Holstentores. Das Rad hatte Marek einen satten Klafter durch die Fluten geschoben, ohne ihn unter sich zu drücken. Doch sein Tappert hatte sich unter dem schweren Ding verfangen.
    Keuchend holte er Luft, umarmte das Rad und zählte bis fünf. Wenn Poling anfuhr, würde er zerquetscht werden, wenn das Wasser weiter stieg, würde er ertrinken. Vom Tor hörte er eine Wache rufen. Eine zweite kam auf dem Steg zum Ochsenwagen geeilt.
    Er musste den Tappert loswerden und aufpassen, dass ihn die Strömung nicht sofort mit sich riss. Vorsichtig, bloß mit dem Kopf nicht unter Wasser geraten, versuchte er, mit der Hand den Grund zu erreichen. Es war zu tief.
    »… uber die cristenhait. Erbarm dich uber dinu kint, du noch in disem elind sint …«, schwebte der Singsang über dem Gurgeln und Zischen des Wassers. Marek konnte die Flagellanten nicht sehen, aber sie waren bereits auf der Brücke.
    Was würde geschehen, wenn die Geißelbrüder oder der Soldat ihn unter dem Wagen erblickten? Ihm blieb nicht viel Zeit, wenn er weiter unbemerkt vom Schiffbauer mitfahren wollte. Da veränderte sich das Rauschen unter dem Wagen, und als er den Blick zur Seite wendete und unter dem Boden hindurchsah, erspähte er auf der anderen Seite Poling, der durch die Strömung zu den Hinterrädern watete, gegen den Wagen gedrückt wurde und nur mit Mühe vorankam.
    »Seid Ihr wohlauf?«, rief der Soldat und traute sich nicht, vom Steg hinunter ins Wasser zu steigen.
    »Es geht schon«, antwortete Poling. »Die Ochsen sind mir durchgegangen.«
    »Der eine ist hinüber, wenn Ihr mich fragt.«
    Zum Glück würde er erst das linke Rad kontrollieren, bevor er …
    Marek begann zu reißen, zerrte und zog am Tappert, aber er konnte nicht freikommen. Dann riss er die letzten Schnallen ab, tauchte unter und wickelte sich aus dem Stoff. Es brauchte zwei Anläufe.
    Jäh drückte ihn das Wasser vom Rad weg, seine Füße schrammten über den Boden, als er Halt suchte. Endlich. Ein Stein. Er sprang hoch, halb aus dem Wasser und zurück zum Rad, klammerte sich wieder ans Holz, diesmal im Stromschatten. Hinter ihm die Brücke und das unheimliche Wesen. Es ließ erneut einen Wasserstrahl emporschießen. Und selbst die Flagellanten, denen der pladdernde Regen nichts ausmachte, schrien jetzt auf. Jegliche Disziplin war dahin, der träge Büßerschritt zerbrochen. Peitschen und Geißeln landeten auf der Brücke, ein paar der Büßer rannten zurück zum Tor, ein paar in Richtung des Ochsenkarrens.
    Der Soldat hatte alles vom Steg aus gesehen und rief seinen Freund vom Tor herbei.
    Ein Wal, fiel Marek ein. Es war nur ein Wal. Er hatte sich die Trave hinunter verirrt, war gegen den Strom angeschwommen. Auf seinen Fahrten nach Novgorod hatte er mehrere dieser Ungetüme gesehen. Vor Reval hatten sie beinahe seine Kogge zum Kentern gebracht. Gefräßige Bestien, die nichts und niemanden verschonten und von denen man sagte, sie würden Männer bei lebendigem Leib schlucken. Und wenn man Pech hatte, lebte man noch tage-, monatelang in ihrem Bauch, bevor man elendig im Fisch verhungerte.
    Zitternd vor Anstrengung drückte sich Marek ans Holz und zog den Kopf ein, als Poling um den Karren sah. Zwar begutachtete der das linke Rad, traute sich aber nicht, unter den Wagen in den Strom zu treten und zu Mareks Rad vorzudringen. Wahrscheinlich hätte ihn das Wasser von den Füßen gerissen. Durch das Gurgeln der Trave hörte Marek ihn fluchen, dann ein Brummen. Der Kapitän versuchte zu erkennen, was der Kerl trieb, und musste überrascht feststellen, dass Poling sich nun doch um das Rad drückte und, an den Karren geklammert, sich langsam auf seine Seite kämpfte.
    Blitzschnell blickte sich Marek nach einer Möglichkeit zu entkommen um. Es gab nur einen Weg.
    Er

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