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Flutgrab

Flutgrab

Titel: Flutgrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meister Derek
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schwarzem Schimmel und Ruß überzogen.
    Rungholt trat ein und wollte leise die Tür schließen, doch sein Bauch verhinderte es. Er war einfach zu dick, der freie Streifen zu schmal. »Verdammte Tür«, knurrte Rungholt, dem es gar nicht gefiel, dass er ungeschützt die Treppe im Rücken hatte. Notgedrungen ließ er die Tür offen, mahnte sich zur Eile und redete sich ein, so jedenfalls etwas Licht zu haben. Von unten konnte er Meenkens und seinen Knecht hören. Sie hatten begonnen, weitere Dauben für die schlanken Fässer zu biegen. Der Geruch des erwärmten Holzes drang zu ihm hoch. Während sie die Dauben bearbeiteten und sie in die Reifen einpassten, fachsimpelten sie, wie sie den Deckel noch besser abschließen und dennoch leichtgängig aufziehen konnten.
    Obwohl Agnes erst zweieinhalb Wochen vermisst wurde, lagen bereits Staub und feinste Asche auf allen Flächen. Rungholt klappte den Alkoven auf und fuhr den Bettrahmen ab. Sie hatte hier nicht geschlafen, bevor sie umgebracht worden war. Dieses Zimmer stand schon länger leer.
    Sollte der Böttcher mit seinem Pechwagen tatsächlich etwas mit dem Verschwinden der Kinder zu tun haben, war es wahrscheinlich nur schlau von ihr gewesen, nicht wie Peterchen nach Hause zurückzukehren.
    In einer Truhe, deren abgegriffene Holzseiten von Flachs gehalten wurden, hatte Agnes ihre Kleider verstaut. Obwohl Rungholt in Eile war, sah er sie sich vorsichtig an. Er fand keine Dreckspuren oder Einstiche oder Ähnliches. Es waren bloß zwei schlichte Surkots aus grobem Leinen. Sie waren steif und rau. Als Rungholt an ihnen roch, meinte er, den Muff der Truhe und der schlechten Buchenasche zu riechen, in der sie gewaschen worden waren.
    Noch einmal fiel sein Blick auf den Alkoven. Was hatte Greteke ihm zeigen wollen? Kurz entschlossen zog er die schlichten Holztüren abermals auf. Sein Blick glitt über ihre Innenseiten. Nichts. Über die Jahre blank gescheuertes Holz. Das Bett war gemacht. Immerhin hatten sie Agnes eine dicke Strohdecke und ein Kissen gegeben. Die Matratze war ein flohverseuchter Hanfsack, der mit Stroh gefüllt war. Rungholt konnte zudem ein paar Hühnerfedern ertasten. Er walkte die Decke, das Kissen und die Unterlage durch – in der Hoffnung, endlich einen Hinweis auf Agnes’ Geliebten zu finden.
    Nichts. Enttäuscht stopfte er alles zurück, widmete sich erneut der Truhe, leerte sie aus und begutachtete auch hier Deckel und Seiten. Er traute sich nicht, sie nach einem Geheimfach abzuklopfen, weil er fürchtete, Meenkens würde es hören. Nachdem er alles abgetastet hatte, war ein zweiter Boden auch eher unwahrscheinlich.
    »Komm schon«, flüsterte sich Rungholt zu. »Wo warst du? Wo ist dieser Hammermann? Wo ist Gryps?«
    Die Verzweiflung wandelte sich langsam in Wut. Rungholt hatte nicht übel Lust, einfach in die Diele zu stapfen, dieser alten Schachtel von Greteke die Gnippe an den Hals zu setzen und sie zu zwingen, ihm eine Antwort zu geben.
    Andererseits unterschätzte er sehr wahrscheinlich den alten Böttcher. Wenn der für die Aufständischen Bomben herstellte, war er bestimmt bewaffnet und zu allem bereit.
    Eine Truhe, ein Bettschrank, eine Tür. Das war’s.
    Rungholt schloss die Augen und rieb seine trockenen Handrücken.
    Denk nach. Denk nach …
    »Du dummes Stück von einem Knecht!«, riss Gretekes Ruf ihn aus den Gedanken. »Du solltest den Keller abdichten. Du solltest die Luken zur Straße mit Brettern und Flachs abdichten, Michels.«
    »Aber Herrin, ich habe …«
    »Es ist alles unter Wasser. Hast du die Ratten nicht erschlagen? Was machst du den lieben langen Tag?«
    Unter dem Bett! Das musste es sein. Dort war im Schrank ein Hohlraum. Unter dem Hanfsack und den Brettern, auf denen Agnes geschlafen hatte.
    »Schlagt mich nicht, Herrin, ich …«
    »Sie kommen wieder hoch, die Ratten!« Das Zischen einer Knute war zu hören, dann drang Michels’ Schrei bis in den ersten Stock. Er jaulte vor Schmerz, anscheinend hatte Greteke ihm mit dem verknoteten Tau ins Gesicht geschlagen. Meenkens’ Fluchen unterbrach das Geheul. Auch er stauchte seinen Knecht zusammen und befahl schroff, erst einmal die Luken abzudichten. Michels solle Säcke vom Dachboden holen und mit Sand füllen.
    Dachboden! Rungholt riss den Kopf herum und fixierte die Treppe. Da hörte er bereits Michels’ Holzpantoffeln auf den Treppenstufen. Sofort griff er nach der Tür, zog sie so nah an seinen Bauch, wie es ging, dann zog er den Bettschrank auf. Die Türen verkeilten

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