Föhnfieber: Kriminalroman (German Edition)
unterzogen.« Pamela stutzte: »Und
wenn einer in diesem Moment eine wirklich mitgeführte Bombe, welcher Bauart auch
immer, zündet?«
»Dann waren
wir eben zu spät. Wir könnten ihn möglicherweise vor diesem letzten Schritt ausschalten.«
Pamela schaute sehr zweifelnd: »Bei einem Selbstmordattentäter bist du aber immer
zu spät.« Tizian schob das Kinn vor, meinte fast triumphierend: »Eine Bombe, die
in einem Stadion ihre volle Wirkung entfalten soll, kommt nicht mit einem Selbstmordattentäter,
weil der eben vorher entdeckt würde. Also wenn das Stadion einen Sinn ergeben soll,
größtmögliche Zahl von Opfern, größtmögliche Medienpräsenz, dann muss eine Bombe
strategisch genau platziert sein. Wenn wir einen Täter beim Hereinkommen entdecken,
wird er sofort aus der Menge abgedrängt, dazu sind unsere Leute verteilt, in Zivil.
Er wird durch eine der vielen sehr stabilen Türen gestoßen, die überall irgendwohin
führen, zu Treppen, Korridoren, Räumen. Dort ist dann die Wirkung schon begrenzt.
Was ich
ganz sicher weiß, ist, dass jetzt noch keine Bombe hier ist. Wir haben jeden Quadratmeter
dieses Stadions überprüft, da ist nichts.« Etwas nachdenklich meinte er: »Wir haben
die neuen Kameras, die auch die Körpertemperatur und die Wärmeentfaltung der einzelnen
Gehirnregionen sichtbar machen. Bei jemandem, der sich in der Menge scheinbar ruhig
verhält, sich innerlich aber in einem Erregungszustand befindet, also hypertonisch
ist oder Alarmbereitschaft oder Kampf fühlt, bei dem aktiviert sich eine bestimmte
Region seines Gehirns. Diese Region ist hier auf unserem Bildschirm sichtbar, rot
oder gelb, mehr oder weniger intensiv. Auch Fieberwärme ist klar als Wärmebild zu
sehen, oder dann die Wirkung von Medikamenten. Das wissen die Beobachteten noch
nicht. Andernfalls wäre es natürlich einfach, durch das Einnehmen von Beruhigungsmitteln
oder Betablockern diese Reaktionen abzudämpfen. Doch ein geübtes Beobachterauge
sieht auch das. Das Problem ist, wirklich emotionslose, eiskalte Täter würden unerkannt
glatt durchgehen.«
»Aber das
heißt doch, dass die ganze Einrichtung bei einem wirklich knallharten Täter nichts
nützt?« Pamela war frustriert, über die politische Seite derartiger Scanner wollte
sie sich später Gedanken machen. Lucius hätte keine Freude daran. Tizian schnalzte
mit der Zunge, »Als Abschreckung mag es bei lokalen, autonomen Kleingruppen wirken,
nicht bei gut ausgebildeten Profis. Wenn du willst, hat diese Technik bloße Beruhigungsfunktion.«
Pamela versuchte
mitzudenken: »Wo denkst denn du, käme jemand trotz aller Vorkehrungen durch?«
»Ich käme
als Klofrau!«, das kam aus Josys Ecke. Josy hatte sich ein hellgraues Kapuzenshirt
übergezogen. Seit Stunden saß sie reglos hinter dem PC. Unter der hochgeschlagenen
Kapuze wirkte ihr helles Gesicht sehr schmal, zerbrechlich. Jetzt streckte sie sich
wie eine Katze, bog sich aus ihrem Stuhl, schüttelte die Kapuze ab. Als hätte sie
nichts anderes zu tun gehabt als zuzuhören, meinte sie: »Ich wäre seit Monaten in
einer Reinigungsfirma des Stadions beschäftigt und hätte mich bis zu den Toiletten
hochgearbeitet. Das kann gar nicht so schwierig sein. Wäre ich Terrorist, würde
ich dies durchaus tun, dazu gibt es Handschuhe. Als Toilettenfrau wäre ich auch
heute unentbehrlich.«
Tizian stimmte
zu: »Das Stadion arbeitet nur mit etablierten Firmen zusammen: Reinigung, Rasenpflege,
Sicherheitstechnik, Verpflegung. Die Sicherheitsdienste des Stadions überprüfen
regelmäßig die Personallisten aller Beteiligten, auch der Nachtwächter und Parkwächter
natürlich und der Wartungsfirmen für die Parkschranken. Aber wir suchen ja nicht
nach Taschendieben. Josy hat recht, ein Täter kann sehr gut seit Wochen ein- und
ausgehen. Die größte Schwachstelle liegt jedoch in der Verpflegung. Wir haben Imbissstände
mit Pommes, Hamburgern, Sandwiches, Würstchen und Hähnchen, Spaghetterias, Pizzerias
oder Fisch- und Steakrestaurants. Jetzt gerade wird über unseren Köpfen das Hinterste
und Letzte zur Massenverpflegung hereingebracht. Natürlich sind auch hier die Kameras
installiert, und Körperkontrollen beim Personal gehören dazu. Doch ein Könner schlüpft
uns bei dieser Menge einfach durch.«
Pamela sah
auf die Uhr, noch drei Stunden bis zum Anpfiff. Sie saßen da und redeten über nicht
effiziente Sicherheitsmaßnahmen. Irgendwo, unerkannt, bewegte sich ein Täter.
Josy hatte
sich fertig gelockert und gedehnt. Jetzt
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