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Folge dem weißen Kaninchen

Folge dem weißen Kaninchen

Titel: Folge dem weißen Kaninchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Hübl
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zugleich erfüllt. Die meisten Gesetze sagen nur etwas über das Verhältnis von universellen Größen wie «Kraft ist Masse mal Beschleunigung», «Stromstärke ist Spannung durch Widerstand» oder «E = mc²», also «Energie ist Masse mal die Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat». Aber dann betreffen sie nicht den tatsächlichen Verlauf der Welt: Sie handeln ja nicht davon, was an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt passiert.
    Oder Gesetze sagen etwas über ideale Zustände, beispielsweise über den reibungslosen Fall. Aber auch dann handeln sie nicht vom tatsächlichen Weltlauf: Sie gelten ja nur in einem Gedankenmodell. Wenn es dann wirklich einmal um regelmäßige Abläufe in der Welt geht wie: «Alle Dinge fallen zu Boden», ist klar, dass man sie stören kann: Das weiß jeder, der schon einmal einen Ball gefangen hat. Aber dann sind die Gesetze nicht exakt, also ausnahmslos: Sie gelten ja nur, solange nichts dazwischenkommt oder nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Der Determinismus allerdings verlangt absolute Präzision. Einschränkungen dieser Art darf es nicht geben.
    Cartwright schließt daraus, dass die Naturgesetze nicht zugleich wahr und ausnahmslos gültig sind, und dazu noch etwas über unsere Welt aussagen. Solche Gesetze braucht der Determinismus aber, um anzunehmen, dass alles aus Notwendigkeit geschieht. Wenn wir diese Gesetze nicht finden können, dann haben wir einen guten Hinweis, dass auch der Weltlauf nicht unausweichlich festgelegt ist.
    Die Gegner der Freiheitsfreunde halten den Determinismus für wahr und deshalb die Menschen für unfrei. Auf den ersten Blick schien die Freiheitsannahme die gewagtere These zu sein. Cartwrights Einwände sind aber so gewichtig, dass sie das Verhältnis umdrehen. Ihr amerikanischer Kollege Patrick Suppes drückt das so aus: Handlungsfreiheit ist die Tatsache, die Annahme des Determinismus hingegen die wilde Spekulation. Mit der Kritik am Determinismus leugnet man natürlich nicht das
Kausalprinzip
, das sagt: Jedes Ereignis hat eine Ursache. Man stellt nur die stärkere Behauptung in Frage, nämlich dass jedes Ereignis durch seine Ursache
zwingend
festgelegt ist.
    Da Freiheitsfreunde wie Suppes den Determinismus für falsch halten, glauben sie auch, dass unserer Freiheit nichts im Wege steht. Aber was ist eigentlich die Alternative zum Determinismus?

Freiheit durch Zufall?
    Der Staatsanwalt Harvey Dent, eine Figur aus der Comicreihe
Batman
, wird Opfer eines Säureanschlags und hat deshalb eine entstellte Gesichtshälfte. Das Attentat entzweit aber nicht nur seine Gesichtszüge, sondern auch seine Persönlichkeit. Harvey Dent verwandelt sich zu dem Charakter «Two-Face», also Doppelgesicht, in dem ein Dr. Jekyll und ein Mr. Hyde sozusagen nebeneinander existieren. Bei jeder Entscheidung wirft er eine Münze. Ist der polierte Kopf oben, folgt er seiner guten Hälfte, beim durchgekreuzten Kopf der bösen. Offenbar ist Doppelgesicht nicht frei in seinen Handlungen, denn wer wie er seine Entscheidungen vom Zufall abhängig macht, handelt ja nicht selbst, sondern lässt gleichsam die Welt für sich entscheiden.
    Der Zufall macht nicht frei. Genau das werfen Kritiker den Freiheitsfreunden vor: Wer den Determinismus leugne, müsse sich auf den Zufall berufen, um die Freiheit zu retten. Aber damit sei man keinen Deut besser gestellt: Wären alle unsere Taten die Folge bloßen Münzenwerfens, dann könnten wir niemandem je eine Handlung zurechnen. In einer Welt, in der der Zufall regiert, ist man genauso unfrei wie in einer, in der alles aus Notwendigkeit passiert.
    Einige Freiheitsfreunde haben sich tatsächlich auf diesen Einwand eingelassen. Der englische Mathematiker und Physiker Roger Penrose beruft sich auf die Quantenphysik, um die Freiheit zu retten. Er dreht den Vorwurf einfach um: Der Zufall rette die Freiheit. Das Argument lautet ungefähr so: Wir alle sind nach dem Lego-Prinzip aus Elementarteilchen zusammengesetzt, die laut Quantenphysik keinen festen Ort haben, sondern sich nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit an genau einer Stelle befinden. Penrose argumentiert so weiter: Wenn im Kleinen nichts ganz genau festgelegt ist, dann ist auch im Großen nichts genau festgelegt, also ist die Freiheit gerettet.
    Der Gedankengang ist nicht ganz neu. Schon der antike griechische Philosoph Epikur glaubte, dass die Atombahnen minimale Abweichungen zuließen. Penrose hat einfach die wissenschaftliche Version dieses Erklärungsmusters

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