Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
oder der Bar lief. Daniela fuhr um den Häuserblock herum und hielt nach Kiran und seinem Wagen Ausschau. Sie bog links ab und wieder links. Jemand lief an ihr unter einer Straßenlaterne vorbei, auf dem Bürgersteig, in einem dunkelblauen Hemd und mit dunklen Locken. Beinahe hätte sie eine Vollbremsung gemacht, aber der Fiat ruckte nur leicht, als sie vor Schreck die Bremse berührte. Kiran sah auf, wahrscheinlich wegen ihrem ungewöhnlichen Fahrverhalten und dem Bremsgeräusch. Dann lief er weiter.
Oh Gott, bitte …
Sie brauchte einen Parkplatz. Sofort! Im Rückspiegel sah sie, wie er sich entfernte. Daniela schlug das Lenkrad ein, und machte eine Kehrtwende, wobei sie einmal zurücksetzen musste, um an den Autos vorbeizukommen, die hintereinander am Straßenrand parkten. Dann folgte sie wieder dem jungen Mann mit den dunklen Locken. Sie fuhr langsam, als wolle sie einen Parkplatz suchen. Zuerst musste sie feststellen, wohin er ging. Für eine Schrecksekunde kam ihr der Gedanke, dass er jemanden in einer Privatwohnung besuchen könnte. In dem Fall war er für sie verloren, aber dann gewann ihr Realitätssinn die Oberhand. Dies war ein richtiges Berliner Kneipenviertel und deshalb hatte er sich hier verabredet.
Mit wem?
Daniela atmete ein und aus, versuchte, sich zu beruhigen. Kiran steuerte auf eine Bar zu, über deren Tür der geschwungene Schriftzug Babylon zu lesen war. Er öffnete die Tür und verschwand in dem Eingang. Danielas Herz klopfte und sie fühlte das Blut in ihren Adern rauschen. Sie hatte ihn! Es ging los. Das Parkplatzproblem blieb natürlich. Nicht umsonst parkte Kiran nicht vor der Tür des Babylon . Keine Parklücke weit und breit. Aber dann geschah das Wunder. Etwa fünfzig Meter entfernt verließ ein Bulli seinen Parkplatz. Daniela raste auf die freie Parklücke zu. Wieder ein Zeichen! Das Schicksal ebnete ihr den Weg. Sie parkte und warf einen schnellen Blick in den Spiegel. Zum Umziehen fehlte ihr die Zeit. Wenn ihr das Glück hold blieb, dann traf Kirans Verabredung erst später ein. Dieses Zeitfenster musste sie nutzen. Kam sie zu spät, konnte sie ihm nur noch weiter folgen und auf eine Gelegenheit warten, die wohl nicht mehr kommen würde.
Sie schnappte sich ihre Tasche und stieg aus. Dann knallte sie die Tür zu und fiel in einen Trablauf. Nur wenige Meter. Sie erreichte den Eingang des Babylon und legte die Hand für eine Sekunde auf die Türklinke. Ruhig. Sie durfte nicht gehetzt wirken.
Daniela betrat die Bar. Direkt vor ihr zog sich der Tresen im rechten Winkel durch den L-förmigen Raum. Auf den Tischen brannten Kerzen in breiten Gläsern. Kiran saß auf einem Hocker im hinteren Teil der Bar und unterhielt sich mit zwei jungen Frauen.
Daniela wurde übel. Zu spät. Sie war zu spät gekommen. Mit einer Hand stützte sie sich an der Holzplatte des Tresens ab.
„Bitteschön?“
Sie sah auf. Der junge Barkeeper mit dem sorgfältig frisierten Haar schaute sie erwartungsvoll an.
„Wasser bitte“, flüsterte Daniela.
„Still?“
„Egal.“ Schwindel wogte heran, wie damals im Studio, als er ihr so nahe gewesen war. Daniela atmete möglichst ruhig. Keinesfalls durfte sie jetzt umkippen. Vielleicht waren die beiden Frauen nur Fans, die ihn zufällig gesehen und angesprochen hatten. Sie ging ein paar Schritte in seine Richtung, bis sie die Stimmen der Frauen besser hören konnte und hievte sich dann auf einen Barhocker. Der Barmann stellte ihr ein Glas Wasser hin. Daniela nahm es und trank. Dabei lauschte sie auf die Unterhaltung.
„Nein, inzwischen studiere ich“, sagte die eine Frau mit den dunklen, langen Haaren. „Aber ich schließe nicht aus, dass ich noch mal was mit Drehbuch mache.“
„Ja, klar“, sagte Kiran. „Kann nicht schaden, ein wenig im Geschäft zu bleiben. Du weißt ja, wie die sind. Und du kannst dir was dazu verdienen. Zum Studium, mein ich.“
„Das ist der Plan“, sagte die Frau und ihre Freundin lachte in einer Art, die darauf schließen ließ, dass sie Kiran nicht persönlich kannte, ihn aber auf sich aufmerksam machen wollte. Wahrscheinlich fuhr sie auf ihn ab. Danielas Kreislauf stabilisierte sich ein wenig durch das Wasser, das sie trank. Die Kühle tat gut.
„Jedenfalls warst du von Anfang an meine Traumbesetzung für die Alexander-Rolle. Bin froh, dass es dann auch so geklappt hat“, fuhr die Dunkelhaarige fort. „Ich hätte ne Agentur aufmachen sollen. Das wäre auch nicht schlecht gewesen.“
„Kannst du ja immer noch
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