Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
Druck. Fast berührte die Metallspitze ihr Shirt, als sie mit einem unterdrückten Stöhnen losließ. Die Spritze fiel auf ihre Brust und rollte dann von ihr herunter aufs Bett. Sofort ließ Kiran ihre Hand los und versetzte ihr mit der Faust einen schnellen Hieb auf die Schläfe. Daniela stöhnte und ihre Augen wurden glasig. Er schlug sie noch mal und dann lag sie still. Er klopfte auf ihre Wange. Keine Reaktion.
Seine Hand fuhr in ihre Hosentasche. Er tastete, fand aber keinen Schlüssel. Er stieß einen leisen Fluch aus und suchte in der anderen Tasche. Nichts.
„Wo hast du die Schlüssel, verdammt“, murmelte er. Er warf einen Blick zum Flur. Sie konnte sie in der Küche haben oder in ihrer Handtasche. Ein Schmerz fuhr in seinen Arm. Er schrie auf und machte eine instinktive Abwehrbewegung. Die Spritze steckte in seinem Oberarm und Danielas Hand streckte sich danach aus. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, kämpfte wieder unter ihm, versuchte, ihn von sich herunter zu stoßen. Kiran zog die Spritze aus seinem Arm und taumelte zurück. Die Flüssigkeit war noch im Kolben, zumindest zum großen Teil. Er hatte schnell genug reagiert, oder? Daniela kam auf die Beine und hielt etwas mühsam das Gleichgewicht. Die Schläge hatten ihr zugesetzt, sie schien benommen zu sein.
„Du hast nur so getan, du verdammtes Miststück.“ Kiran zog sich an seiner Kette hoch, aber er fühlte bereits, dass ein wenig von dem Zeug in seinem Fleisch gelandet war. Seine Beine gehorchten nicht mehr. Daniela hatte ihre ausweglose Lage registriert und ihm die Betäubte nur vorgespielt. Dann hatte sie die Spritze gepackt und zugestochen. Kiran sank in hilfloser Wut auf den Boden.
„Du hast mich geschlagen“, brachte Daniela heraus. Sie atmete schwer.
„Wundert dich das?“, antwortete er. Seine Gedanken drifteten bereits ab. Die Droge nebelte ihn ein.
„Ich kann verstehen, dass du nicht gefesselt sein willst, aber dass du mich schlägst … ich weiß nicht, ob ich dir das verzeihen kann“, sagte sie anklagend.
„Du bist … verrückt“, keuchte er. „Total irre bist du. Du gehörst in die Klapsmühle und sonst nirgendwo hin.“
Er lag hilflos auf dem Holzboden und Daniela beugte sich über ihn, während die Welt vor seinen Augen verschwamm.
Eine Ewigkeit war vergangen. Voller Qual und Angst. Nachdem er wieder halbwegs bei Sinnen war, kamen die Horrorvisionen zurück. Kiran ließ es über sich ergehen, wehrte sich nicht mehr. Er war sich sicher, dass er sterben musste. Sein Mörder war in der Nähe und es war nur eine Frage der Zeit, bis er zuschlug. Und Kiran wünschte fast, er würde es endlich tun.
Patricia fuhr auf einen kleinen Parkplatz vor einem Lokal und hielt. Sie schaltete das Licht im Wagen ein, denn es dämmerte bereits. Es gab nur noch wenige Adressen, die sie nicht aufgesucht hatte. Ein Vermieter hatte sich tatsächlich auf dem Handy gemeldet und sie konnte seine Adresse von der Liste streichen.
Nur was tat sie, wenn Daniela doch ganz woanders war und sie sie nicht fand? Danielas Äußerung am Telefon sprach allerdings dafür, dass sie sich in erreichbarer Nähe aufhielt.
Unterwegs hatte Patricia per Handy eine Vertretung fürs Set organisiert. Morgen würde sie so oder so nicht zur Arbeit gehen. Entweder befand sie sich dann auf der Suche nach Kiran oder sie hatte ihn bis dahin gefunden. Und er lebte noch oder eben nicht …
Patricia atmete durch. Konnte sie es ertragen, ihn tot zu sehen? Sie würde sich ewig Vorwürfe machen. Sie war zu spät gekommen … erst zu ihrer gemeinsamen Verabredung und dann zu seiner Rettung. Sie hatte Fehler gemacht, die Polizei zu früh informiert und damit Daniela herausgefordert. Ihre Schuld.
Eine kurze Welle der Verzweiflung spülte durch sie hindurch. Ihr Handy klingelte. Sie drückte die Ruftaste und hob es ans Ohr.
„Hallo, ich sollte Sie zurückrufen. Löhns Ferienhausagentur“, sagte eine Männerstimme.
Patricia lehnte sich zurück und schloss kurz die Augen.
„Ja, danke, dass Sie anrufen.“
„Meine Frau hat mir schon von Ihrer Schwester erzählt. Eine junge Frau hat sich bei uns eingemietet, letzte Woche.“
Patricias Herzschlag beschleunigte sich.
„Daniela Kranz?“, fragte sie atemlos.
„Nein, es ist ein anderer Name.“
„Hat sie rotbraune, schulterlange Haare? Dann ist es Danny. Oh, das wäre ein Segen, wissen Sie? Ich muss ihr unbedingt beistehen. Ist es nicht schrecklich, wenn sich ein Mensch so vergräbt?“ Patricia merkte, dass
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