FOOD CRASH
beurteilen zu können, gegen die beschriebene ökologische/biologische Alternative halten.
Ressourcen-Effizienz
Im Sommer 2010 hatte mich die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit ( GTZ ) [52] , eine der drei damals noch bestehenden Organisationen der staatlichen deutschen Entwicklungszusammenarbeit, eingeladen, auf einem Seminar einen Vortrag zu halten. Es ging um Szenarien, Konzepte und Visionen für die Zukunft der Landwirtschaft und damit um genau die Debatte, zu der unser oben erwähnter CDU -Abgeordneter seinen Beitrag geleistet hat. Mein Part war es, mich zum Thema der »Ressourcen-Effizienz« zu äußern. In der darauffolgenden Diskussion, ebenso wie in den anderen Beiträgen des Symposiums, spielte der Begriff »Effizienz« eine große Rolle, wurde aber unentwegt mit dem Begriff »Produktivität« in einen Topf geworfen. Mein Diskussionspartner auf dem Podium, ein Vertreter eines weltweit operierenden Düngemittel-Unternehmens, befasste sich zwar auch mit dem Ertrag je Kilogramm gedüngtem Stickstoff. Ansonsten ließ er allerdings, ebenso wie all die anderen Vertreter der Agrarindustrie, ausschließlich den Hektar Fläche als Bezugsgröße gelten. Tut man das, dann werden Effizienz und Produktivität tatsächlich zum Synonym.
Eine solche Betrachtungsweise wäre nur dann gerechtfertigt, wenn Fläche das einzig knappe Gut wäre, mit dem landwirtschaftliche Produktion zu tun hat. Das aber ist eindeutig nicht der Fall. Denn Wasser, Dünge- und Spritzmittel, Saatgut und Arbeitszeit sind weitere knappe Güter, die in diesem Zusammenhang betrachtet werden müssen. Doch damit ist erst eine Liste dessen erstellt, was dem Bauern selbst gehört. Darüber hinaus aber wirtschaftet die Landwirtschaft mit öffentlichen Gütern, von denen viele ebenso knapp sind wie entscheidend für die Funktionsfähigkeit unserer Lebensgrundlagen. Sie müssen deshalb den entscheidenden Bezugspunkt für die Ermittlung der Effizienz eines Produktionssystems abgeben. Zu ihnen gehören:
knappe
Rohstoffe,
auf die die Menschheit heute und in künftigen Generationen angewiesen ist: fossile Energie, Phosphat;
die
Atmosphäre
in ihrer bisherigen Zusammensetzung. Denn effizient ist nur, was je erzeugter Produkteinheit die wenigsten klimarelevanten Gase produziert – also vor allem Kohlendioxid, Stickoxide und Methan;
Biodiversität
– also die Vielfalt an Arten und Rassen im Ökosystem im Allgemeinen und im Besonderen die Vielfalt an Rassen bei landwirtschaftlichen Nutztieren und Nutzpflanzen
(Agrobiodiversität);
Wasser und seine Reinheit
– sowohl als Grund- als auch als Oberflächenwasser;
die
Gesundheit
aller Menschen – sowohl der Landwirte als auch der Verbraucher. Sie kann sowohl durch die Produkte, die für die gesamte Gesellschaft zu Lebensmitteln werden, als auch durch die bei der Produktion in die Umwelt eingebrachten Stoffe beeinträchtigt/betroffen sein;
fruchtbarer
Boden
. Man könnte zwar argumentieren, dies sei ein privates Gut, weil ja der Boden demjenigen gehört, dem die Fläche gehört. Angesichts der Tatsache, dass fruchtbarer Boden eines der knappsten und am meisten gefährdeten Güter der Menschheit ist, dessen Erhalt für die Existenzmöglichkeit künftiger Generationen entscheidend ist, ist das jedoch keine mögliche Sichtweise;
Tierschutz.
Ohne Artenreichtum sind wir arm
Schon Ende der 1980er Jahre, vor Umstellung auf ökologischen Landbau nach Richtlinien des Anbauverbandes Naturland, haben wir auf unserem Hof mit dem Anbau von Heilkräutern begonnen. Eine der ersten Kulturen war Fenchel – jener Fenchel, aus dessen Körnern der Tee hergestellt wird, mit dem man Babys hilft, über Bauchweh und Blähungen hinwegzukommen. Die Fenchelpflanzen wachsen, wenn Wasserversorgung und Wärme stimmen, an die 2 m hoch und ergeben einen dichten Wald an Stengeln. Oben bilden sie Blüten in Doldenform aus, die über einen langen Zeitraum gelb blühen und nach und nach die Fenchelkörner ausbilden. Wenn diese dann eingetrocknet und braun sind, kann die Ernte mit dem Mähdrescher beginnen.
Schon im ersten Anbaujahr bekam ich Anrufe von Imkern, die um Erlaubnis baten, an diesem Feld ihre Bienenstöcke aufstellen zu dürfen. Dem habe ich gerne zugestimmt, denn erstens tut man doch den freundlichen Imkern gern etwas Gutes, und dann bekam ich immer auch noch ein Glas – oder zwei – von dem köstlichen Honig, den die fleißigen Tiere aus dem Nektar des Fenchels bereitet hatten. Ich habe erst nach ein paar Jahren
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