FOOD CRASH
Westsahara, der seit 35 Jahren von Marokko besetzt ist. Dazu kommt noch IUU : das
Illegal, Unreported and Unregulated Fishing:
also die Fangflotten von weltweit operierenden Kriminellen, die sich an keinerlei Quote halten, gezielt die seltensten – weil wertvollsten – Fischarten anvisieren und sich auch sonst keinen Regeln unterwerfen, seien sie ökologischer, sozialer oder fiskalischer Art. Angesichts der Tatsache, dass auch diese IUUs irgendwann, irgendwo in Häfen anlegen müssen, ist kaum zu verstehen, weshalb der internationalen Gemeinschaft immer noch die Entschlossenheit fehlt, sie wirksam zu bekämpfen. Es ist leicht vorstellbar, welche Folgen die Kombination aus vertraglich vereinbarter und illegaler Räuberei und eine auf Export getrimmte Fischwirtschaft für die Armen in den LIFDC -Ländern hat. Mit ihren kleinen Booten und einer Ausrüstung, die sich nicht eignet, um fern der Küsten und in großen Tiefen dem Fisch nachzustellen, sind die traditionellen Fischer im Wettbewerb hoffnungslos unterlegen.
Ein Ersatzgeschäft für ihre Boote schafft es hin und wieder in unsere Nachrichten. Nämlich immer dann, wenn wieder eines von ihnen gekentert ist: Sie werden zum Beispiel zum Transport von Flüchtlingen genutzt, um die Menschen aus Afrika an die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln vor der Küste von Marokko zu schleusen. Übrigens sind auch die berüchtigten somalischen Piraten zu einem großen Teil Fischer, denen man das Handwerk gelegt hat, indem man ihre Fischgründe ausräuberte.
So wie eine gerechte und von ökologischer Vernunft gesteuerte Fischereipolitik die sinnvollere Investition in die Ernährungssicherung der Hungergebiete darstellen würde, als es die Intensivierung der Bodennutzung in den betroffenen Küstenregionen sein kann, so würde sich auch eine effektive Klimapolitik für deren Zukunftschancen rechnen. Denn der Anstieg des Meeresspiegels durch das Abschmelzen der Polkappen und – noch stärker – durch die Erwärmung und dadurch Ausdehnung des Wasserkörpers der Ozeane ist nur eine der Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme. Dass diesem Prozess ganze Inselgruppen zum Opfer fallen werden, die von Fischervölkern bewohnt sind, ist mittlerweile sicher. So sicher, dass diese Völker schon jetzt darangehen, neue Siedlungsgebiete auf den Kontinenten ausfindig zu machen.
Darüber hinaus wird bei einem Anstieg der Meerestemperatur mit einer Verlagerung der Fischbestände gerechnet. Und die Gewinner sind – ähnlich, wie das bei den Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft ist – die Länder des Nordens, also ausgerechnet die, von denen das Gros der Treibhausgase verursacht wurde. Die Absenkung des pH-Wertes im Meerwasser, die unmittelbare Folge der Aufnahme von CO 2 durch den Ozean ist, verstärkt diesen Effekt. Denn wenn die Versauerung zu stark wird, schädigt sie die aus Kalk bestehenden Korallen bis zur Auflösung – und damit die Kinderstube einer Unmenge von Fischarten. Wahrscheinlich hat längst jemand errechnet, was alleine der daraus resultierende wirtschaftliche Schaden für die Menschheit ist – ein weiterer Schaden, den wir bedenkenlos künftigen Generationen überlassen!
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4.
Der Konflikt:
Intensive, chemiebasierte Landwirtschaft
versus Ökolandbau
Das vorangegangene Kapitel hat die Bestimmungsgründe aufgezeigt, die heute und in Zukunft das Recht aller Menschen auf ausreichende und gesunde Ernährung gefährden. Dabei wird deutlich, was die entscheidenden Themen sind: Schutz der Böden, Eindämmung des Klimawandels, Anpassung der Ernährungs- und Lebensstile an die Potenziale des weltweiten Ökosystems sowie eine gerechte Politik für den Zugang zu Ernährungsressourcen.
Gelingt es uns an diesen Stellen nicht, eine echte Wende zu vollziehen, und glauben wir, dass wir zur Lösung unserer Probleme nur einfach mehr desselben tun müssen, dann kann es keinen Zweifel geben, wie das enden muss: in einem weltweiten FOOD CRASH – im Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems. Das alles heißt aber nicht, dass die Frage, wie viel oder wie wenig wir zu erzeugen in der Lage sind,
keine
Rolle spielen würde.
Nach seiner Rückkehr von einer Reise durch Ostafrika, im November 2010, brach der westfälische Bundestagsabgeordnete Johannes Röring, seit 2011 Mitglied der CDU -Arbeitsgruppe Landwirtschaft im Deutschen Bundestag, eine heiße Debatte vom Zaun. Er gab einem Journalisten der
Katholischen Nachrichtenagentur
( KNA ) ein Interview, in dem er
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