Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
FOOD CRASH

FOOD CRASH

Titel: FOOD CRASH Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix zu Löwenstein
Vom Netzwerk:
Bekämpfungsmittel gegen Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter
    (Zitiert nach
BRUGGER
, Baden-Württembergisches Landwirtschaftsministerium)
    Diese Aufzählung legt ihren Schwerpunkt auf die Verzichte ökologischer Verfahren. Das führt leicht zu dem Missverständnis, dass die neuen umweltfreundlichen Verfahren nur einfach bestimmte Schadstoffe weglassen, die andererseits aber landläufig als notwendige Produktionsmittel für höhere Erträge angesehen werden. »Wo sollen die Pflanzen die notwendigen Nährstoffe hernehmen, wenn man sie nicht dazugibt?« Das Missverständnis klärt sich, wenn man die
Dynamik
ökologischer Verfahren begreift, welche folgendermaßen kurz zu beschreiben ist:
    »Das Bestreben des biologischen Landbaus liegt nun darin, nicht über die Einführung von Hilfsstoffen, sondern vor allem über die Steigerung der biologischen Aktivitäten von Boden und Pflanze die Produktion zu steigern. Dabei bleibt die Entwicklung von Boden, Pflanze und Tier einer ähnlichen Regulation wie im natürlichen Ökosystem unterworfen. Dass diese Methode fassbare Auswirkungen hat, zeigt sich im Entwicklungsrhythmus von Wiesen und sonstigen Pflanzenkulturen, in der Zusammensetzung des Futters, im physiologischen Reifegrad und in der Lagerfähigkeit der Feldfrüchte sowie in der Bekömmlichkeit so erzeugter Lebensmittel für den Menschen.«
    So weit die zeitlos gültige Beschreibung Büchtings und seines Mitautors Gutschow für ein Anbausystem, das in den seitdem vergangenen fast vier Jahrzehnten weiterentwickelt und verfeinert wurde und das mittlerweile in Europa und vielen anderen Wirtschaftsräumen durch eine entsprechende Gesetzgebung verbindlich definiert worden ist. Seit damals hinzugekommen ist allenfalls, dass die
Artgerechtigkeit der Tierhaltungsverfahren
als wesentlicher zusätzlicher Gesichtspunkt ergänzt wurde.
    Auch wenn es in beiden Systemen – im konventionellen sowie im ökologischen – viele Spielarten gibt, so macht diese Darstellung doch deutlich, dass ein Bauer sich immer distinkt im einen oder im anderen System befindet. Und dass es keine fließenden Übergänge geben kann. Denn entweder ich dünge die Pflanze mit künstlich hergestellten Nährstoffen und sehe im Boden wenig mehr als das wasserspeichernde Substrat, in dem die Pflanzenwurzeln Halt finden. Oder ich betrachte den Boden als den Ernährer der Pflanze, dessen Fruchtbarkeit ich durch Förderung seiner Lebendigkeit steigern muss.
    Entweder ich greife mit mineralischem, durch intensiven Energieeinsatz aus der Luft gewonnenem Stickstoff und mit einem Cocktail aus Herbiziden (Unkrautvernichtern), Fungiziden (gegen Pilzkrankheiten) und Insektiziden in die natürlichen Abläufe auf Acker und Wiese ein. Oder ich nutze die Regulationsmechanismen, die dort natürlicherweise ablaufen, und beschränke meinen Eingriff auf Stoffe und Methoden, die in der Natur selbst vorkommen.
    Entweder ich betrachte die Nutztiere als Gegenstand, dessen Aufgabe die maximale Lieferung von Eiern, Fleisch oder Milch ist und dessen Funktionsfähigkeit sich an der Höhe dieser Leistung ablesen lässt. In einem solchen Kontext geht es um eine Leistung, die ich durch den Einsatz von Futter mit hohem, konzentriertem Nährwert und mit Medikamenten herstelle. Oder ich betrachte Nutztiere als mir anvertraute Mitgeschöpfe, von denen ich zwar möglichst viele Produkte und diese in hoher Qualität haben will, deren Wohlbefinden aber einen Eigenwert hat. Ein Wohlbefinden, das ich herzustellen trachte, indem ich den Tieren ihr arteigenes Verhalten ermögliche, ihnen die Möglichkeit gebe, sich den natürlichen Einflüssen von Licht und Witterung auszusetzen, und indem ich sie mit Futter versorge, das ihren physiologischen Ansprüchen genügt.
    Und schließlich: Entweder produziere ich für einen Markt, auf dem ich nur bestehen kann, wenn ich Rohstoffe zu einem möglichst günstigen Preis herstelle. Oder ich erzeuge für Verbraucher, die bereit sind, ökologische Qualität im Herstellungsverfahren und im Produkt durch einen entsprechenden Preis zu honorieren.
    Wenn nun die zu diskutierende Behauptung die ist, es müsse unser »westliches« Modell einer industrialisierten Landwirtschaft dort angewandt werden, wo eine rückständige bäuerliche Landwirtschaft der Entwicklung harrt, müssen wir dieses Exportmodell, so wie es bei uns hier als konventionelle Landwirtschaft umgesetzt wird, unter die Lupe nehmen. Und wir müssen es, um es in seinen Eigenschaften und Wirkungen

Weitere Kostenlose Bücher