FOOD CRASH
Tiere für den Ökobauern ein wertvolleres Betriebsmittel ist als für den konventionellen Bauern, der seine Felder aus dem Düngersack düngt.
Die Art und Weise, wie sich die Bauern in MASIPAG organisiert haben, führt auch zu einem
sozialen Unterschied,
der nur wenig mit der unmittelbaren landwirtschaftlichen Produktion zu tun hat. Sie sind politisch aktiver, haben Gemeinschaftsarbeit und gemeinschaftliche Vermarktung besser organisiert und schätzen ihre eigenen Zukunftschancen deutlich positiver ein als ihre konventionellen Nachbarn.
In diesem Zusammenhang ist eine grundsätzliche Einschätzung der Autoren der Studie bemerkenswert. Sie sehen in der Art, wie die Entwicklung von MASIPAG von den Bauern ausgegangen ist und nach wie vor ausgeht, und damit in der Erstarkung der Eigeninitiative das entscheidende Erfolgskriterium. Sie schlussfolgern, dass die positiven Ergebnisse von MASIPAG nicht erzielt worden wären, wenn die Umstellung auf ökologische Wirtschaftsweise im Rahmen eines klassischen Projektes – als Folge der Belehrung durch Experten und unterstützt durch finanzielle oder sonstige Vorteile aller Art – stattgefunden hätte.
Die Kompostrevolution im Tigray
Es gibt nicht viele Untersuchungen, welche die Produktionsweisen der Ökologischen Intensivierung systematisch und mit großem Aufwand mit konventionellen Landbaumethoden vergleichen. Wie wichtig es ist, dabei nicht dem Missverständnis zu erliegen, Ökologischer Landbau sei gleichbedeutend mit »Weglassen von Chemie«, zeigt eine Studie, die auf Veranlassung der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen durchgeführt wurde. Hier ging es um eine Weltgegend, die nicht nur weit entfernt von den bislang betrachteten liegt, sondern wo Bauern auch unter völlig anderen Bedingungen wirtschaften müssen als ihre Kollegen in Haiti oder auf den Philippinen. Die Rede ist von Äthiopien, einem der »Hot Spots« auf der Landkarte des Welthungers. Dort wiederum geht es um eine der trockensten und ärmsten Regionen dieses riesigen Landes im Osten Afrikas, den Tigray. In dieser Region leben ca. vier Millionen Menschen, die fast durchweg als Kleinbauern ihren Lebensunterhalt bestreiten. Zwar fallen dort in der Hauptregenzeit, oft in heftigen Unwettern, ausreichende Mengen an Niederschlag, aber eben nur in der Zeit von Juni bis September. Den Rest des Jahres ist die Vegetation auf das angewiesen, was die Böden an Feuchtigkeit speichern können.
Erträge bei unterschiedlichen Düngungsverfahren im Tigray
Quelle: FAO
Im Jahr 1996 hatte das äthiopische
Institut für nachhaltige Entwicklung
[103] im Tigray ein Projekt für nachhaltige Landwirtschaft gestartet. Durch Beratung und Ausbildung – auch hier mit einem partizipatorischen, die Initiative der Landwirte einschließenden Ansatz – wurde die Herstellung von Kompost, die Verwendung lokaler Sorten und die Revitalisierung traditioneller, umweltgerechter Ackerbaupraktiken gefördert. Durch die FAO wurde dann eine Auswertungsstudie initiiert, von der ich hier berichten will. Ihr Ziel war es, herauszufinden, ob ein ökologischer Ansatz helfen könnte, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und Erträge zu steigern. Von 2001 bis 2006 wurden insgesamt 779 Felder beerntet, auf denen 14 verschiedene Feldfrüchte wuchsen. Unterschieden wurden Parzellen, die mit Mineraldünger (Stickstoff, Phosphat) gedüngt wurden, solche, auf denen Kompost ausgebracht wurde, und als Nullparzellen solche, auf denen weder das eine noch das andere zur Anwendung kam. Die Auswertung erfolgte getrennt nach Korn und Stroh. Da das Stroh wesentlich für die Tierfütterung ist, war es wichtig, diesen Bestandteil der Ernte gesondert zu ermitteln. Das obige Schaubild zeigt die beeindruckenden Resultate (im Ertragsschnitt über alle Kulturen).
Es unterstreicht eindrücklich, dass ein klug eingesetztes System der Ökologischen Intensivierung etwas völlig anderes ist als konventioneller Anbau ohne mineralischen Dünger. Denn diese »Nullvariante« des Versuchs bringt es auf gerade einmal die Hälfte des Ertrages, der durch die Kompostdüngung erzielt wird.
Eigentlich hätte man aber außer den Erntefrüchten und dem Stroh noch etwas anderes messen müssen: die Bildung organischer Substanz
unter
der Bodenoberfläche. Sie besteht aus der Wurzelmasse, die sich weitgehend proportional zum oberirdischen Aufwuchs bildet. Darüber hinaus wimmeln darin Milliarden von Organismen vom kleinsten Bodenbakterium über verschiedenste Würmer bis
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