FOOD CRASH
Durch eine Förderung des Leguminosenanbaus …
Das Aufkommen der Stickstoff- und Eiweißsteuer muss der Landwirtschaft wieder zur Verfügung gestellt und darf nicht zum Stopfen allgemeiner Haushaltslöcher verwendet werden. Es ist ebenso sinnvoll wie logisch, es dort einzusetzen, wo die Wirkung auf den Stickstoffkreislauf verstärkt werden kann: bei der Förderung des Anbaus von Leguminosen. Von diesen Pflanzen war schon einmal die Rede, als die durch die Düngung verursachten Probleme der konventionellen Landwirtschaft vorgestellt wurden. An ihren Wurzeln siedeln Bakterien, die das Kunststück beherrschen, den elementaren Stickstoff der Luft zu binden und zu sammeln und ihn so ihrer Wirtspflanze und darüber hinaus dem Boden zur Verfügung zu stellen. Ackerbohnen, Erbsen, Klee, Wicken, Luzerne und Lupinen sind einige der für den Acker- und Futterbau wichtigsten unserer Leguminosen. Ihr Anbau ermöglicht nicht nur die natürliche Düngung mit Stickstoff und die Erzeugung eiweißreicher Futtermittel, sondern führt auch zum Aufbau von Humus und dadurch zur Festlegung von CO 2 . Zusammen mit Mist, Jauche und Gülle stellen sie eine Stickstoffquelle dar, die keinen Einsatz fossiler Energie erfordert und die einen Kreislauf der Nährstoffe auf dem Betrieb ermöglicht. Die Förderung des Leguminosenanbaus kann direkt über die Zahlung von Prämien erfolgen. [131] Darüber hinaus kann ein bestimmter Leguminosenanteil in der Fruchtfolge bei der Auszahlung anderer Agrarfördermittel zur Bedingung gemacht werden, was im noch folgenden Abschnitt zur europäischen Agrarpolitik zu behandeln sein wird. Dringend erforderlich sind aber auch Investitionen in die Züchtung von Leguminosen, weil hier ein enormer Rückstand aufzuholen ist. Das hängt damit zusammen, dass durch die billigen Stickstoffquellen des Mineraldüngers und der Importfuttermittel in den letzten Jahrzehnten Leguminosen fast nur noch in Ökobetrieben angebaut wurden. Die von diesen Betrieben nachgefragten Saatgutmengen waren aber zu gering, so dass es für die Saatzuchtfirmen, die solche Leguminosensorten vermehrten und vertrieben, eine Investition in die teure züchterische Entwicklung nicht lohnend war. Während bei Mais, Weizen, Gerste und Roggen Millionen für Züchtungsforschung ausgegeben und entsprechende Ertragssteigerungen erzielt wurden, blieb die Ertragsentwicklung bei unseren heimischen Leguminosenarten praktisch stehen. Das wiederum verstärkte den Rückgang ihres Anbaus, weil sich ihre Erzeugung im Vergleich zu den großen Getreidearten immer weniger lohnte. Aber nicht nur die Erhöhung des Mengenertrages wäre ein Ziel für die Arbeit der Züchter. Auch der Eiweißgehalt oder die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten harren der Bearbeitung. Erst eine dauerhafte Ausweitung des Anbaus wird die Saatzuchtfirmen dazu bringen, sich hier zu engagieren – so lange muss mit öffentlichen Mitteln, aufgebracht durch die Stickstoffsteuer, der Anschub geleistet werden. Da zur Entwicklung einer Sorte eineinhalb Jahrzehnte Züchtungsarbeit eingeplant werden müssen, braucht es dafür einen langen Atem!
Beide Maßnahmen – Stickstoff- und Eiweißsteuer und die Förderung des Leguminosenanbaus – begünstigen Betriebsformen, die im Kreislauf der betriebseigenen Nährstoffe wirtschaften, und benachteiligen solche, die auf der Grundlage von künstlich erzeugtem Stickstoff ihre Feldfrüchte produzieren und mit Hilfe von südamerikanischem Soja-Eiweiß ihre Tiere füttern. Sie fördern eine Landwirtschaft, die sich auf die Energie der Sonne stützt (die vermittels Photosynthese der Pflanzen auf dem Acker erzeugt wird), und benachteiligen eine Landwirtschaft, deren Basis fossile Energien bilden.
Das WBGU -Gutachten schlägt vor, »zu prüfen, ob im Rahmen einer Steuerreform die Emissionsintensität der Lebensmittel als Kriterium für Besteuerung von Agrarprodukten herangezogen werden soll«. [132] Ich bin sicher, dass diese Prüfung ergeben würde, dass die Stickstoffsteuer einen erheblich einfacher zu bedienenden Hebel abgibt, um zum Ergebnis einer emissionsärmeren Landwirtschaft zu kommen.
Der zweite Hebel: Tierschutz und Baurecht
Im November 2010 hatte der Landrat des Landkreises Emsland, Hermann Bröring, eine beachtenswerte Eingebung. Kaum ein Kreis der Republik wird von so vielen Schweinen und Hühnern bewohnt wie ebendieser. Schon die bisherigen 32 Millionen Schweine – das ist das Zehnfache dessen, was im selben Gebiet an Menschen
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