FOOD CRASH
Chance, auch den Verbraucher an der ökologischen Umorientierung der Milcherzeugung zu beteiligen.
Eine ähnliche Wirkung entfaltet die bereits in einigen Bundesländern eingesetzte
Beweidungsprämie
. Sie wird an Betriebe gezahlt, die bereit sind, ihre Rinder eine Mindestzahl von Tagen (je nach örtlicher Witterung) auf der Weide zu halten. Neben der Inwertsetzung von Grünland ergibt sich hier eine Auswirkung auf das Landschaftsbild. Wer mit wachen Augen das Allgäu durchwandert oder wer durch die nur noch mit Gras, Mais und Fichten bewachsenen Gegenden zwischen Passau und Wels fährt, wird feststellen, dass kaum noch Tiere auf den Weiden zu sehen sind. Erblickt man dann doch noch irgendwo eine Herde im Grünen, wird einem augenblicklich bewusst, welche Verarmung des Landschaftsbildes das bedeutet. Obendrein ist die Beweidung – also das Zusammenwirken von Gras und Graser – ein deutlicher Gewinn für die Biodiversität auf dem Grünland im Vergleich zu den mehrfach abrasierten Wiesen, an deren Pflege keine Tiere mehr mit ihrer Zunge und mit dem Tritt ihrer Hufe mitwirken. Genaueres dazu kann man bei Anita Idel [138] nachlesen.
Erosionsschutz-Maßnahmen
brauchen weiterhin einen Platz in den Programmen der EU- Agrarpolitik. Je nach Region und topographischen Verhältnissen kann es sich um ackerbauliche Systeme handeln oder um das Errichten von Strukturen wie Hecken oder Rainen. Dazu gehören neue Konzepte wie die Kombination von Wald- und Feldbau (»Agro-Forest-Systeme«).
Dass
Investitionsprämien
nur für besonders tiergerechte Haltungsverfahren ausgezahlt und nicht zur Ausstattung industrieller Tierproduktionsanlagen verwandt werden dürfen, sollte sich von selbst verstehen. Auch hier darf nicht die einzelbetriebliche Rationalisierung, sondern muss die gesellschaftliche Leistung im Vordergrund stehen. [139] Die Durchsetzung dieses Grundsatzes wird aber dennoch heftige Diskussionen auslösen – zu groß sind die wirtschaftlichen Interessen, die mit der Massenproduktion insbesondere von Schweinen und Hühnern verbunden sind.
Es bleibt zwar richtig, zur Vermeidung von Versorgungsengpässen in Krisenzeiten staatliche Lagerhaltung landwirtschaftlicher Rohstoffe zu betreiben – so wie auch strategische Ölreserven in öffentlicher Hand angelegt sind. Es darf aber keine Dumpingexporte von Überschüssen oder Verbilligung von Lebensmittelausfuhr durch
Exporterstattungen
mehr geben. Auch hier ist zwar die politische Übereinstimmung gegeben. Dennoch kommt es immer wieder dazu, wenn durch Überproduktion Preiseinbrüche zu beklagen sind. Es muss an dieser Stelle noch einmal wiederholt werden, dass es auch ohne diese Maßnahmen bei Wettbewerbsverzerrungen insbesondere zum Schaden der Entwicklungsländer bleibt, solange die Produktion in Europa durch die Zahlung direkter Beihilfen an die Bauern verbilligt wird. [140]
Prämien zur Umstellung auf den
Ökologischen Landbau
und für die Beibehaltung dieser Wirtschaftsweise sind weiterhin eine effiziente Maßnahme, um ein ganzes Bündel von Zielen wie extensive, umweltschonende Wirtschaftsweise, Tierschutz, Energieeffizienz, Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum zu erreichen. Dass der Ökolandbau über ein eigenes erprobtes Kontrollsystem verfügt und gesetzlich klar definiert ist, macht diese Maßnahme einfach zu administrieren. Außerdem werden durch das mit ihm verbundene Zertifizierungssystem die Verbraucher an der Finanzierung dieser Agrarumweltmaßnahme beteiligt.
In allen Politikfeldern
den Umbau der Landwirtschaft mitdenken!
Landwirtschaftliches Fachrecht und EU -Agrarpolitik sind von zentraler Bedeutung für die Setzung des Rahmens, in dem sich Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion bewegen. Wenn es aber nicht gelingt, in allen politischen und gesellschaftlichen Feldern, die dazu Bezug haben, kohärent auf das gleiche Ziel hinzuarbeiten, wird der Umbau unseres Landwirtschafts- und Ernährungssystems nicht gelingen.
In Frankreich wurde in einem Gesetz (»Grenelle 1«) das Ziel festgelegt, bis 2012 in allen öffentlichen Kantinen (Behörden und staatliche Betriebe, Universitäten, Krankenhäuser, Kasernen, Strafanstalten) zu 20% Produkte aus Ökologischem Landbau einzusetzen. Eine solche Maßnahme lässt sehr schnell Verarbeitungs- und Lieferstrukturen entstehen, die für die Entwicklung der Außerhausverpflegung mit Bioprodukten unerlässlich ist. 90 % der deutschen Haushalte geben in Restaurants, Kantinen und an Imbissständen Geld aus und
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