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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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würde, noch (und das war das Schlimmste), was danach sein würde. Jeden Morgen weckte ihn ein kalter Wind, der von Westen her über den Hügel fegte, an Fensterläden zerrte und die Ankunft von etwas Unangenehmem anzukündigen schien.
    Es war William F. Buckley, das konservative Sprachrohr der Nation, den dieser Wind eines grauverhangenen Tages heranwehte. Mit einer Erkältung im Kopf und einem erklecklichen Honorar in der Tasche betrat er das Podium in der Bailey Hall, um vor einem dichtgedrängten Publikum einen zweistündigen Vortrag zu halten. Natürlich konnten gewisse Elemente diese Gelegenheit, gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verstoßen, nicht ungenutzt verstreichen lassen; die ersten Reihen waren vollgepackt mit Cornellschen Marxisten, und als Buckley auf die Bühne trat, begannen sie, lauthals und in nicht weniger als sieben verschiedenen Sprachen des Ostblocks »Faschistensau! Grunz, grunz! Grunz, grunz!« zu skandieren. Den bohemischen König Löwenherz erfüllte dies mit heiligem Zorn. Er hatte sich schließlich mit gutem kapitalistischem Geld das Privileg erkauft, Buckley bis zum Ende anzuhören und anschließend seine Ansichten abzulehnen. Er hob trotzig eine Faust, und prompt stimmten Bohemier, Graue Vrouwen und Blaue Zebras einen Gegenchor an: »Bill! Bill! Bill! Bill!« Die Jungen Republikaner und die Reporter der rechtsgerichteten Cornellschen Review fielen - möglicherweise ohne sich in ihrer Empörung klarzuwerden, mit wem sie da eigentlich gemeinsame Sache machten - in das Protestgeschrei ein. Eine mitreißend donnernde Darbietung von »God bless America« brachte die Kommunisten dann endlich zum Schweigen. Sichtlich benommen, aber keineswegs unglücklich, begann Buckley seine lange Rede, in deren Verlauf er sich über das Ende des Liberalismus, den Aufstieg der neuen Rechten und die Tätowierung von AIDS-Kranken ausließ.
    Als er nach dem Vortrag über den Parkplatz der Bailey Hall schlenderte, sah Löwenherz zufällig Ragnarök auf seinem Motorrad davonfahren. Der König von Bohemia rannte zu seinem Roß und nahm die Verfolgung auf, wobei er Buckley, der umringt von Bewunderern Autogramme verteilte, beinahe über den Haufen geritten hätte. Anfangs merkte Ragnarök nicht, daß er verfolgt wurde, und fuhr langsam. Als er aber dann rechts in die Tower Road einbog und sich dabei halb umdrehte, sah er ein purpurmähniges Pferd rasch näher kommen und gab Vollgas. Einen Augenblick später zwang ihn der Verkehr, die Fahrt wieder zu verlangsamen, doch gelang ihm die Flucht dank einer halsbrecherischen Fahrt die lange Treppe hinunter, die hinter und zwischen der Uris und der Ives Hall verläuft. Löwenherz versuchte, sein Pferd dazu zu bringen, im gestreckten Galopp hinterherzujagen, erreichte damit aber lediglich, daß er abgeworfen wurde.
    William Buckley war nicht alles, was der Wind an politischen Ereignissen brachte. Angefeuert von neuen schlechten Nachrichten aus Pretoria, intensivierten die Blauen Zebras ihre Proteste gegen die Aktienbeteiligung der Universität an Firmen, die mit Südafrika Geschäfte machten. Am letzten Vorlesungstag des Semesters trommelten sie so viele Gleichgesinnte wie möglich vor der Straight zusammen, um dort ein symbolisches Kartenhaus zu errichten. Sie wollten mit ihrer Aktion ein möglichst großes Publikum anlocken, doch mit zwei bestimmten Personen, die sich schließlich einfanden, hatten sie wirklich nicht gerechnet.
    Der eine war ein Blitzableiterverkäufer mit einem Magister in Physik.
    Der andere war Stephen Titus George, Geschichtenerzähler, Drachensteigenlasser, Schutzheiliger der Tagträume, Freund des Windes und Kandidat der Kunst, ohne Papier zu schreiben.
     
    Der Narr, der Wind und der Blitzableiterverkäufer
     
    I
     
    Natürlich muß es eine gewisse Anzahl Wissenschaftler geben, die verrückt werden, damit die Tradition am Leben bleibt.
    Er arbeitete an seiner Promotion und hatte ein Zimmer für sie allein - was für einen Mann äußerst wichtig ist. Das mehre Stockwerke unter der Clark Hall gelegene Zimmer war klein und ungefähr würfelförmig. Die Tür war mit drei Schlössern versehen. Einst hatte er im tlor gewohnt, dem Trainingslager für Offiziere der Reserve, aber obwohl er inzwischen ausgeschieden war, hatte ihn die Army nicht aus ihrem Herzen verbannt. Die Army hat seit jeher eine Schwäche für Physikstudenten: Sie bauen Sachen.
    Und er hatte in der Tat was gebaut. Er saß an diesem späten Vormittag auf einem Drehstuhl,

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