Fool on the Hill
der seine innigsten Hoffnungen erfüllt sah. »Moses, ich habe dich gefunden!«
Moses sprach kein Wort, sondern wandte sich fast augenblicklich ab und ging gemessenen Schritts aus dem Zimmer. Luther überließ die Menschen ihren Lachsalven und folgte ihm hinaus.
»Moses, Moses, wo warst du nur? Du hast mir so schrecklich gefehlt! Ich -«
Moses führte ihn durch einen kurzen Flur in die Küche, wo eine Windbö die Hintertür aufschlug. Ohne sich um die Kälte zu kümmern, marschierte der ältere Hund geradewegs ins Freie. Luther blieb seinem Erzeuger dicht auf den Fersen. Lange Zeit gingen sie so weiter, tief in die Nacht hinein, bis das Haus der Smiths schließlich nur noch ein bloßer Funke ferner Wärme und Helligkeit geworden war. Erst dann blieb Moses stehen und wandte sich ihm wieder zu.
»Oh, Moses!« sagte Luther, der die ganze Zeit über glücklich dahergeplappert hatte. »Moses, es ist so schön, hier mit dir zu
sein.«
Der alte Mischling sah ihn mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns an.
»Du mußt hier weg, Luther«, sagte er.
III
Die Kreatur kroch kurz nach Einbruch der Dunkelheit aus der eisernen Kiste. Klein, verwachsen, absolut widerlich anzusehen wie sie war, war es kein Wunder, daß ihre Feinde sie den Engerling getauft hatten. Endlich erlöst, war sein erster Gedanke, seinen Haß am Gefängnis auszulassen, das ihn so lange eingesperrt gehalten hatte. Wutschäumend mußte er indes erkennen, daß außerstande war, der Kiste etwas anzutun; das Kunststück, über ein Jahrhundert ohne Luft und Nahrung auszukommen, hat seine ganze Zauberkraft aufgezehrt, und jetzt war er machtlos
Verflucht, verflucht, verflucht! Wie konnte er jetzt ohne Magie Rache üben? Frei und dennoch hilflos zu sein, war eine noch größere Folter als Einzelhaft...
Rasferret.
Der Bote wartete mit angelegten Schwingen geduldig hinter ihm im Schnee.
Rasferret, ein Geschäft für dich.
Der Engerling erbebte beim Anblick des Eis-Vogels, denn war durch und durch feige, und ohne Zauberkraft konnte er sie ebensowenig verteidigen wie angreifen. Nur die Aussicht auf ein Geschäft hielt ihn davon ab, Hals über Kopf zu fliehen - so nutzlos das auch gewesen wäre.
Und so gab der Bote an dieser kalten Wohnstatt der Toten wortloser Sprache die Nachricht weiter, die Mr. Sunshine ihm anvertraut hatte. Rasferret lauschte, und als er die Bedingungen des vorgeschlagenen Geschäfts hörte, schmolz seine Angst mehr und mehr dahin. Dürstete es ihn nach Rache? Er sollte sie haben! Brauchte er frische Zauberkraft, um diese Rache zu vollziehen? Auch die sollte er haben, und in größerem Umfang als jemals zuvor - die Macht, nach Herzenslust zu morden und zu wüten. Die Sache hatte einen einzigen Haken: Er würde es mit einem eigens für ihn ausgesuchten Gegner zu tun haben - keinem Kobold, sondern einem Angehörigen des Großen Volkes, einem Mann von großer Macht und starkem Willen. Der Engerling würde magische Kräfte empfangen, um ihn zu bekämpfen, doch behalten würde er sie nur im Falle seines Sieges. Unterlag er, würde er fortan vollkommen machtlos sein.
Der Bote hatte noch nicht ausgeredet, als die Kraft der Magie schon in Rasferrets Körper einzufließen begann, und kaum hatte der Engerling sie gekostet, war er nicht mehr fähig, das Angebot auszuschlagen, gleichgültig, was für Folgen ihm möglicherweise daraus erwachsen würden. Er erprobte seine neu gefundene Kraft an seinem Kisten-Verlies, verbog es zu einem unkenntlichen Metalltrümmerhaufen, wobei die Scharniere wie brechende Knochen barsten.
Schön, schön. Im Handumdrehen war seine Hilflosigkeit wie weggeblasen. Doch seine Macht war noch nicht vollkommen - die Zauberkraft würde, wie der Bote sagte, kontinuierlich zunehmen, um nach knapp zweieinhalb Monaten, an den Iden des März, dem Tag der Entscheidungsschlacht, ihren Höhepunkt zu erreichen. Bis dahin gab es viel zu tun. Er hatte noch nie einen Menschen getötet; er würde üben müssen.
IV
»Weg?« begehrte Luther auf. »Aber ich bin doch grad erst angekommen!«
»Guck mich nicht so an, Luther. Ich kann nichts dafür. Du hast eine Rolle zu spielen, da auf dem Hügel, wo du hergekommen bist. Keine große Rolle, aber eine notwendige.«
Luther sah sich nach dem fernen Haus um. »Aber sie haben mich hergebracht. Allein schaffe ich die Reise niemals.«
»Warum nicht? Das erstemal hat’s doch auch geklappt. Der einzige Unterschied ist, daß du diesmal den Kater nicht dabeihast, aber du wirst auch
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