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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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bereits aufgestanden. Torkelte hinkend über den Abhang auf die verbogenen Überreste seines Motorrads zu. Doch nicht um die Maschine ging es ihm, sondern um die schwarze Keule, die noch in ihrem Köcher steckte. Er zerrte sie heraus und wandte sich zu dem toten Laster.
    »Nein...«, versuchte Jinsei ihn zu warnen. Ihre Stimme versagte, alle Kraft hatte sie verlassen. Von seiner alten Wut erfüllt, die ihm Kraft gab, stolperte und rutschte Ragnarök zur West Avenue hinunter. Als er sich dem Laster näherte, begann das Blau im Licht der Scheinwerfer zu verblassen - ging in ein normaleres Gelbweiß über und verlosch schließlich ganz.
    »Ich weiß nicht, wer du bist, Partner«, schrie der Bohemier, und wog die Keule in den Händen, »aber ich hoffe für dich, daß du schon tot bist, sonst...«
    Sein Knie knickte ein, aber er weigerte sich, der Schwäche nachzugeben, und schleppte sich auf seinem gesunden Bein weiter. Er erreichte die umgestürzte Fahrerkabine und ging um den Kühlergrill herum, fest entschlossen, etwaige Reste der Windschutzscheibe wegzuschlagen und sich den Fahrer, oder was von ihm noch übrig sein mochte, vorzunehmen. Als er schließlich in die Kabine hineinsah, hätte er fast seine Waffe fallen lassen.
    Es war niemand drin.
    Keine Menschenseele.
    Ein plötzlicher Schauder packte ihn, und da ließ ihn sein Bein doch im Stich, und er kippte um. Der Boden war kalt und hart und weitaus wirklicher als das, was er vor sich sah.
    Die Hecktür des Anhängers fiel krachend herunter. Eine Flut von Schweinen purzelte in den Schnee. Jetzt klang es so, als ob sie lachten.
     
    Hamlet sieht einen Geist
     
    I
     
    Die Kobolde des Hügels hatten mittlerweile angefangen zu begreifen, daß irgend etwas nicht stimmte. Seit Januar verschwanden immer mehr von ihren Leuten. Begonnen hatte es damit, daß zwei Angehörige des Kleinen Volkes von ihrer Suche nach Puck nicht zurückgekehrt waren. Der Winter hatte sie anscheinend verschlungen; eine zweite Suchaktion hatte keinerlei Ergebnisse bezüglich ihres Schicksals gezeitigt, dafür aber vier weitere Vermißtenmeldungen eingebracht. Bis Anfang Februar waren nicht weniger als fünfunddreißig Kobolde verschwunden, seit Neujahr also durchschnittlich einer pro Tag. Hobart, der einzige, der über ihren Verbleib hätte Auskunft geben können, war noch immer nicht aus seinem fiebrigen Schlaf in den Mauern der Straight erwacht.
    Daß seine inzwischen auf ein Vielfaches der ursprünglich zwanzig Ratten angewachsene Armee noch ein Geheimnis war, erfreute Rasferret über die Maßen. Wenn sich das Große Volk auch als unerwartet findig erwies, waren zumindest seine Erbfeinde noch so blind und arglos wie ein Jahrhundert zuvor. Gewiß, sie spürten dunkel die Gefahr, in der sie schwebten, daran bestand kein Zweifel; doch bis sie erkannt haben würden, aus welcher Richtung sie kam, würde es zu spät sein. Bis zum Tag dieser letzten, endgültigen Konfrontation würde der Tod sie weiterhin heimlich verfolgen, jedesmal einen oder zwei von ihnen zur Strecke bringen und nie eine Spur hinterlassen.
    Bei Hamlet kam der Tod am sechsten Februar vorbei, kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Er traf ihn zu Hause an.
     
    II
     
    Es schneite wieder, und die Flocken legten einen Schleier über die gefrorene Oberfläche des Beebe Lake und über das Dach der winzigen Hütte an der Spitze von Hamlets Insel. Das Häuschen stand allein, weitab von jeder anderen Koboldbehausung. Nicht wenige besorgte Freunde - darunter auch Zephyr - hatten gemeint, daß es vielleicht unklug sei, sich weiterhin so zu isolieren, da Tag für Tag Kobolde verschwanden. Hamlet hatte nur gelächelt; er liebte die Einsamkeit, und sollte irgendein Buhmann mit scharfen Zähnen versuchen, ihm Ärger zu machen, würde er es mit einer geladenen Armbrust und einem ausgezeichneten Schützen zu tun bekommen.
    Doch als Hamlet diesen Abend aus seiner Hütte hinaustrat, trug er keine Armbrust; er hatte sie zusammen mit seinem Schwert im Haus gelassen. Eine Feenlaterne in jeder Hand, trotzte er der Kälte und lief das kurze Stück zum Ufer, wo der Rumpf der »Prospero«, seines Modellschlachtschiffs, wuchtig aus dem Eis ragte. Puck hatte ihn einst gefragt, was er im Winter mit seinem Schiff anstellen würde, und Hamlet hatte ihm darauf geantwortet, daß er vielleicht Kufen daran montieren und es in eine Eisjacht verwandeln würde. Das hatte er auch getan; doch er war vom letzten Frost überrascht worden, und die Kufen saßen jetzt unter der

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