Fool on the Hill
Tabak schon eine ziemliche Abschweifung dar) und wäre am ersten Zug beinahe erstickt. Als er dann zum Krankenhaus zurückgeschlendert war, hatte er zum Nachthimmel emporgeblickt und ein Leuchten gesehen: das Nordlicht, das zu einem Gastauftritt aus Kanada angereist war.
Die Neugeborene wurde dementsprechend auf den Namen Aurora Borealis Smith getauft.
II
»... und da hat Brian gesagt, er fände es ziemlich abartig, solche Magazine in einem ganz normalen Geschäft offen herumliegen zu lassen, wo Jugendliche ein und aus gehen und sie sich anschauen können, und Mr. Garfield hat gesagt, da könne er recht haben, aber es sei schließlich nicht Brians Geschäft und wenn es ihm nicht paßt, dann soll er künftig woanders einkaufen. Da hat Brian ihn gefragt, was er tun würde, wenn auch andere Leute woanders einkaufen würden. Da ist die Sache dann erst richtig losgegangen. Mr. Garfield hat angefangen, von Bürgerrechten und Pressefreiheit zu reden, und Brian hat seine Bibel gezückt, und dann haben sie sich bestimmt eine Stunde lang herumgestritten -« Sie war hochgewachsen, blaß, blond. Das Haar reichte ihr bis fast an die Schultern. Die Lippen waren schmal und lieblich, die Wangen wohlgeformt, die Augen leuchteten blau wie der Glanz des Mittags auf einem See oder eine Kornblume am Brusttuch einer Herzogin. Es war alles fast genauso, wie es sein sollte, als ob ihr nur noch eine winzige Zutat fehlte, um statt hübsch wirklich schön zu sein. Walter Smith betrachtete Aurora, während sie das Frühstück vorbereitete, und hörte kaum, was sie sagte. Mrs. Smith lag noch im Bett, da sie an ihrer alljährlichen Cornellitis litt. Zu Auroras Immatrikulation waren sie alle zusammen nach Ithaca gefahren, und das erste, was sie bei ihrer Einfahrt durch den North Campus gesehen hatten, waren zwei Frauen, die auf der East-Avenue-Brücke über dem Fall Creek standen und sich am hellichten Tage und mit weit geöffneten Mündern küßten. Und als wollte Gott damit irgendwas beweisen, war das Pärchen nicht nur lesbisch, sondern auch noch gemischtrassig gewesen. Walter hatte sich daraufhin berechtigt gefühlt, von Cornells radikalisierender Atmosphäre Großes zu erwarten, doch seine Frau Prudence war beinahe in Ohnmacht gefallen. Jetzt erkrankte sie jedes Jahr schwer, wenn sich die Sommerferien dem Ende zuneigten, und sie hatte sich geweigert, den Campus vor Auroras Abschlußfeier noch einmal zu betreten.
»... danach sind wir noch ein bißchen herumgelaufen und haben uns unterhalten. Mir war wirklich nicht besonders wohl bei der ganzen Sache. Brian hatte natürlich recht, aber einem alten Mann wie Mr. Garfield angst zu machen... Na ja, man muß schließlich auch an ihn denken, nicht nur daran, daß irgendwelche Kinder ein Penthouse in die Finger bekommen könnten. Ich meine, irgend jemand muß sie doch kaufen, sonst würde er sie doch gar nicht führen, und vielleicht muß er eben auf diese Kunden Rücksicht nehmen...«
Walt spielte immer noch Haschen mit der Wirklichkeit. Er hatte sich auf seinem Baumstumpf übernommen, hatte zwei Joints und vom dritten die Hälfte geraucht, ehe er - zu spät - begriffen hatte, wie stark es reinhauen würde. Er fühlte sich wie abgeschottet, fußlahm im Kopf; das Ärgerliche an einem Marihuanarausch war, daß man es einfach nicht schaffte, sich auf mehr als eine Sache auf einmal zu konzentrieren, und selbst die neigte stark dazu, einem ständig zu entwischen.
Aurora rührte Eier und ließ sich weiter über ihr Rendezvous vom Vorabend aus, während Walters Gedanken in die Vergangenheit zurückschwirrten. Zu seinen Söhnen. Aurora war erst spät ins Spiel gekommen, ein Überraschungsbaby sozusagen, aber in ihrer Anfangszeit hatten Walter und Prudence zwei Söhne auf die Beine gestellt. Ed, der Älteste, war ein grundanständiger Kerl und noch durchschnittlicher als sein Vater (Walter hatte bei ihm sehr aufmerksam nach etwaigen Anzeichen gelegentlichen Abschweifens Ausschau gehalten, doch er hatte keine bemerkt). Er lebte in Minnesota mit einer lauen, methodistischen Frau und zwei Kindern, war bei einer Versicherungsgesellschaft angestellt und schickte zu Weihnachten sowie an Mutter- und Vatertag je eine Karte.
Der andere Junge, Jesse, hatte erst nach einer langwierigen Entbindung den Mutterleib verlassen und dabei Zeter und Mordio geschrien. Ein Weltbeweger vom ersten Augenblick an. Während des Vietnamkriegs war Jesse in Berkeley gewesen, hatte an Protestmärschen teilgenommen und war
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