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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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gehen; es war eine beunruhigende Vorstellung, daß der Mann ihnen mitten während des Umzugs den Laden dichtmachen könnte.
    »Nein«, entschied sie. »Nein, die Parade würde er nicht abblasen, aber er könnte uns anhalten und zwingen, die Benzintanks rauszunehmen. Wir werden die Sache eben so lange geheimhalten müssen, bis wir den Engineering Quad erreichen. Ein hübscher Feuerstoß, daß die sich vor Schreck in die Hose machen, und ich pfeif darauf, was hinterher passiert.«
    »In Ordnung«, pflichtete Tchikovsky bei. »Wenn alle Stricke reißen, können wir ja immer noch jemand rauf schicken, der die Tanks holt.«
    »Genau.« Verna hatte das Problem bereits abgehakt. Sie sah auf die Uhr. »Noch dreiunddreißig Minuten bis zum Start. Wie lang wird die Parade schätzungsweise dauern?«
    »Eine Stunde, vielleicht auch anderthalb, bis wir ganz rum sind. Warum?«
    »Meine Nase. Ich mach mir Sorgen wegen des Gewitters...«
     
    II
     
    Das Gewitter umzingelte Ithaca von allen Seiten wie ein Spinnennetz, das sich zur Mitte hin immer enger zusammenzieht. Kaum hatte Tchikovsky eine Bemerkung über die absolut reglose Luft fallenlassen, als Wind aufkam und entschlußlos bald hierhin, bald dorthin wehte und von allen Richtungen Wolken heranführte. Mr. Sunshine, der seinen persönlichen Wettergeschmack zugunsten stilistischer Erwägungen hintangestellt hatte, wies ihnen den Weg, knüpfte das Netz.
    Natürlich ist es durchaus nicht einfach, sich vorzustellen, wie eine Stadt von der Größe Ithacas jeden Kontakt zur Außenwelt verliert. Daß ein kleiner Ort, ein Nest in der hintersten Ecke von lowa etwa, von der Erdoberfläche verschwinden könnte, ohne daß - wenigstens eine Zeitlang - jemand etwas bemerkte, liegt eher im Bereich des Denkbaren. Aber eine Stadt von dreißigtausend Seelen mit einer bedeutenden Universität und einem kleinen College auf einander gegenüberliegenden Hügeln ist etwas anderes. Tag für Tag, Stunde um Stunde werden Ferngespräche geführt, Waren angeliefert, pendeln Pendler. Ithaca könnte - darin wären sich die meisten einig - unmöglich von der Außenwelt abgeschnitten werden, ohne daß man es sofort bemerkte.
    Und doch geschah genau das. Als die Iden vorrückten, das Gewitter herankam, das Netz sich zusammenzog, begann sich Ithaca mehr und mehr von seinem Umland zu lösen. Es verwandelte sich in eine verzauberte, eine verwunschene Märchenstadt; immer weniger Nachrichten erreichten oder verließen sie, und Reisende wählten eine andere Route, um an andere Orte zu gelangen.
    Eines der letzten Lebewesen, die die Stadt betraten, ehe sich das Netz vollends zusammenzog, kam auf vier Beinen.
     
    III
     
    Auf dem Schild stand ITHACA - 2 MEILEN , und obwohl Luther es nicht lesen konnte, wußte er doch, daß seine Reise kurz vor ihrem Ende stand. Nach den vielen langen Wochen auf der Straße struppig und abgemagert, trottete er auf einem verlassenen Streckenabschnitt der Route 79, derselben Straße, über die er und Blackjack seinerzeit in den Himmel einmarschiert waren.
    Jetzt lag er direkt vor ihm, der Himmel, fett und nach Regen duftend; die Hölle folgte ihm auf dem Fuße. Von hier oben aus konnte man beobachten, wie die Wolken rasch aufeinander zustrebten: dick und grau und zum Horizont hin immer dunkler, fast schwarz. Blitze zuckten, und ein kalter Nebel legte sich über die Erde und verschluckte nach und nach alles. Die Angst vor dem Gewitter ließ Luther mit unverminderter Geschwindigkeit weiterlaufen, trotzdem wußte er, daß es ihn lange, bevor er den Hügel erreicht haben würde, eingeholt hätte.
    »Oh, Blackjack, bitte, sei am Leben, wenn ich dort ankomme«, flehte Luther und beschleunigte seine Schritte noch mehr. Erinnerungen an Träume verfolgten ihn, Träume, in denen er auf den zerfleischten Leichnam seines alten Freundes stieß, über dem ein anderes, größeres Tier kauerte: manchmal der aus Licht und Schatten gebildete Dämon Raaq, manchmal der Reinrassige Drakon. Ich habe auf dich gewartet, Krätze...
    Plötzlich änderte der Wind entschlossen seine Richtung. Für einen Augenblick wehte er direkt vom Hügel her, und Luther nahm kurz eine Witterung auf, eine wohlbekannte Witterung, die er zweifellos hatte wahrnehmen sollen.
    »Er wartet tatsächlich«, winselte Luther. »Er wartet auf mich, er ist vor mir dort angekommen, genau wie in den Träumen...«
    War es eine Prüfung, eine letzte Mutprobe, die Gott oder Raaq ihm zugedacht hatte? Ich werde niemals einen Hund töten,

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