Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
selbst
    meinen Feind nicht. Aber wenn der Wolfshund auf ihn wartete und ihn fand, woran kein Zweifel bestehen konnte...
    »Es ist hoffnungslos«, sagte er sich. »Ich bin tot. Ich bin ein toter Hund.«
    Dennoch verlangsamte er seine Schritte nicht, blieb nicht stehen, ließ nicht zu, daß die Gewißheit seines nahenden Todes ihn übermannte. Während seiner Wanderung hatte er über viele Dinge nachgedacht, unter anderem auch über Ruffs Lebensphilosophie. Vielleicht war wirklich alles nur eine Geschichte, ein unterhaltsames Schauspiel für Gott und seine Engel. Zumindest glaubte Luther, daß dem Ganzen ein Plan zugrunde liegen mußte, ein Plan, den er nicht verstand, gegen den er sich jedoch nicht auflehnen würde.
    »Aber ich habe Angst. Ich habe solche Angst, Blackjack, bitte, bitte sei noch am Leben.«
    Die ersten Wolken waren jetzt direkt über ihm, und Ausläufer der Nebelfront waberten eisig zwischen seinen Beinen... wie der Pesthauch eines Ungeheuers. Er lief weiter.
     
    Hobart erzählt eine letzte Geschichte
     
    I
     
    Der Koboldälteste Hobart stöhnte leise auf.
    »Julius... ?«
    Zephyr saß auf dem Rand seines Bettes - eine gepolsterte Streichholzschachtel mit vier geköpften Streichhölzern als Pfosten - und wischte ihm die Stirn mit einem kalten Schwamm. Hobart zuckte unter seinen Decken; soviel hatte er sich in den letzten Monaten zusammen nicht bewegt, aber seine Augen blieben glasig, blicklos.
    »Das Fieber scheint nachzulassen«, bemerkte Butts, der Arzt. »Das läßt hoffen.«
    Zephyr zuckte unverbindlich mit den Schultern. Ihr Gesicht war verhärmt und von Müdigkeit gezeichnet, und sie sah aus wie jemand, der alles einschließlich der Hoffnung verloren hat - oder zumindest kurz davor steht.
    »Er spricht im Schlaf, seitdem er hergebracht worden ist«, sagte sie. Ihre Stimme war kalt, wie längst erloschene Glut. »Das hat nichts zu besagen.«
    »Gewiß, aber die Symptome... nun ja, das geübte Auge glaubt zu erkennen, daß er demnächst aufwachen -«
    »Ich hab genug von geübten Augen«, unterbrach ihn Zephyr. »Die meisten davon scheinen mir noch mehr Übung zu benötigen. Vor zwei Monaten hast du mir fast wortwörtlich das gleiche gesagt: daß er entweder bald aufwachen oder sterben wird und daß es so oder so bald ausgestanden ist. Vor zwei Monaten hat mir Hamlet versichert, daß es eine Frage von Tagen sei, bis er Puck finden würde, und dann wäre auch das ausgestanden. Und jetzt... kann mir dein geübtes Auge sagen, wann sie Hamlet finden werden?«
    Trotz dieser Worte schwang kaum Zorn in ihrer Stimme mit; Zephyr hatte keine Energie mehr, um richtig wütend zu werden. Nichtsdestoweniger wich Butts nervös zurück und schwieg.
    »Ich werde jetzt zum Turm fliegen«, sagte Zephyr und ließ den Schwamm in einen Fingerhut voll Wasser fallen. »Ich muß nach
    dem Glockenspiel sehen. Hab du ein Auge auf ihn, bis ich zurück bin.«
    »Sehr wohl, Fräulein«, erwiderte Butts, nicht gerade unglücklich, sie gehen zu sehen. Ihre Laune war in letzter Zeit zunehmend schlechter geworden.
    Zephyr verließ die Krankenstation und folgte einem Gang, der über der Zwischendecke der Haupteingangshalle der Straight verlief. Obwohl sie an vielen Bekannten vorbeikam, blieb sie kein einziges Mal stehen, um ein paar Worte zu wechseln; den wenigen Kobolden, die von sich aus zu grüßen versuchten, schenkte sie keinerlei Beachtung. Wäre Puck jetzt hier gewesen, hätte er ihre Laune wiedererkannt - es war die gleiche wie damals an dem Tag, als er sie durch die Lüfte bis zum Knochenacker verfolgt hatte. Tief in ihrem Herzen fühlte sich Zephyr betrogen, so wie sie sich durch Pucks Seitensprung mit Saffron Dey betrogen gefühlt hatte. Das Schicksal hatte sie ohne ein Wort der Erklärung ihres Geliebten und eines guten Freundes beraubt und ihren Großvater ins Koma fallen lassen; doch anders als bei einem ungetreuen Liebhaber konnte sie das Schicksal nicht einfach aus ihrem Bett werfen oder jeden Verkehr mit ihm einstellen. Das war das Schlimmste: kein greifbares Wesen zu haben, das sie für ihre Sorgen hätte verantwortlich machen können.
    Eine verborgene Treppe führte sie hinauf, in die höchsten Ebenen des Gebäudes. Es gab hier keinen Hangar, aber eine Dachluke ging auf einen der Firste, und dort lag der inzwischen reparierte Marienseidengleiter vertäut und bockte im auffrischenden Wind, als könnte er es nicht erwarten loszufliegen.
    Das Wetter überraschte sie; noch vor wenigen Stunden war der Himmel

Weitere Kostenlose Bücher