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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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sieben an der Zahl. Ihre wirklichen Namen spielen sub specie aeternitatis keine Rolle - nennen wir sie also Sleepy, Sneezy, Sleazy, Grumpy, Dopey, Bashful und Doc (ein zusätzliches Abzeichen auf Docs Jacke erklärte ihn zum DUKE DER DECADENTS ). Sie waren die Nacht durchgefahren und entsprechend ausgehungert, und so brachten sie ihre splittbespritzten Harleys (die bedrohlichsten Fahrzeuge, die Wachtmeister Cyrus je zu Gesicht bekommen hatte) vor dem Canterbury zum Stehen. Sleazys Maschine war mit einem Beiwagen versehen, und darin thronte ein verschnürter und bekränzter Schrankkoffer. Seitlich auf den Koffer hatte jemand die pietätvolle Inschrift gekritzelt: FRED - AKUTES BREMSVERSAGEN .
    Während die Decadents auf die Veranda sprangen, nahm sich der Wachtmeister einen Augenblick Zeit, um den Umstand zu beklagen, daß er seinen Revolver nicht bei sich hatte. Um die Wahrheit zu sagen, lag die Waffe schon seit seinem Amtsantritt vor zehn Jahren auf der Wache, in der abgeschlossenen Schublade seines Schreibtisches. Er war sich auch keineswegs sicher, ob er überhaupt den Mut aufgebracht hätte, sie zu benutzen, doch wie die Dinge lagen, hätte er sich mit ihr beträchtlich wohler gefühlt.
    »He, he«, sagte Sleazy und postierte sich neben Jankin und Alison Badewanne, die weiterhin Dame spielten. Er nahm einen schwarzen Stein vom Brett, biß ihn glatt entzwei und spuckte die Hälften auf die Straße. Beide Badewannes blickten erzürnt auf, sahen die aufgerollte Schneekette, die Sleazy in der Rechten hielt, und sagten nichts.
    »He, he«, sagte Grumpy, indem er die Eingangstür aufstieß und hereinstolzierte. Der Anblick des Wachtmeisters ließ ihn innehalten.
    »He, he«, sagte Duke Doc, als er sich zu Grumpy gesellte. In diesem Augenblick beging Wachtmeister Cyrus den großen Fehler, aufzustehen; Doc sah sofort, daß er keine Waffe trug, und lächelte entspannt.
    »He, he«, wiederholte er, indem er ein Schnappmesser herausholte und auf den Knopf drückte. Zwanzig Zentimeter Stahl schnellten matt schimmernd hervor. »Guten Morgen, Officer.« Seine höfliche, nahezu kultivierte Stimme stand in einem gewissen Widerspruch zur Waffe.
    Perry Bailey ragte starr hinter der Theke empor und betete stumm darum, daß man ihn übersehen möge. Der Wachtmeister schwankte sanft hin und her und stotterte: »Ich... ich...«
    »Wie meinen?« fragte Doc und streichelte liebevoll die Messerklinge.
    »Ich... hä-hä-hä-hätt...«
    »Bitte, Sir«, sagte Sleazy, der gerade mit schneekettenumwickelter Faust das Cafe betrat. »Nur frisch von der Leber weg.«
    »I-i-i-i-ich...«
    Die übrigen vier Decadents traten mit gezückten Waffen hinzu.
    »Wachtmeister?« fragte einer von ihnen. »Wie meinen?«
    Der Wachtmeister stülpte die Lippen vor und brüllte ihnen unter Aufbietung großer Willenskraft entgegen: »Ich hätte heute zu Hause bleiben können!«
    Kaum hatte er sich dieser Botschaft entledigt, brach er ohnmächtig zusammen.
    »Wirklich schade«, seufzte Grumpy. »Kein Rückgrat.«
    »Zum Kotzen tragisch«, pflichtete Sleazy bei.
    »Sagen Sie, bitte«, wandte sich Doc an Perry Bailey. »Pflegt er bei Beanspruchung immer zu kollabieren?«
    Perry Bailey holte nun selbst zum Stottern aus, der Notwendigkeit eines Ohnmachtsanfalls wurde er allerdings durch das Auftauchen der bereits erwähnten vier Nonnen in einer Limousine enthoben. Wie das Steinchen in des Wachtmeisters Stiefel waren auch die Nonnen nichts Aufsehenerregendes (sie fuhren, ohne anzuhalten, auf direktem Wege durch Auk und wirkten lediglich ein bißchen deplaziert in dem großen Auto, das ein wohlhabender Müller in der Hoffnung, Gott möge ihm seinen Reichtum verzeihen, ihrem Kloster geschenkt hatte), doch übten sie immerhin einen gewissen Einfluß auf den weiteren Gang der Ereignisse aus.
    Die Decadents begaben sich wieder hinaus auf die Veranda, um dem Durchzug der Nonnen beizuwohnen. Sie winkten, und eine der Nonnen bedankte sich mit einem flotten Segen aus dem Wagenfenster. Als die Rocker dem sich entfernenden Schlitten nachsahen, wurde ihre Aufmerksamkeit erstmals in die Richtung der Texaco-Tankstelle, der Jäger, des Kleintransporters und vor allen Dingen der Bärenjungen im stählernen Anhängerkäfig gelenkt.
    Doc warf einen Blick auf die Jungen und vergaß schlagartig Perry Bailey und den bewußtlosen Wachtmeister.
    »He, he«, sagte er leise.
     
    V
     
    Die Straße vor dem Canterbury war bald mit Glasscherben übersät. Als die Decadents die ersten Anstalten

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