Fool on the Hill
machten, die Tankstelle heimzusuchen, holte einer der Jäger unklugerweise eine Schrotflinte aus der Fahrerkabine des Transporters. Vier Rocker entwaffneten ihn und schlugen ihn bewußtlos. Grumpy lief die Straße hinunter und ballerte Fenster zu Bruch; als die letzte Patrone verschossen war, warf er die Flinte durch die Glasfront von Farrels Trink- und Grillhalle und demolierte dabei ein Neonschild, das da sagte: DURST WIRD DURCH BIER ERST SCHöN.
»Wo haben Sie die Bären her?« fragte Doc einen der zwei Jäger, die noch standen.
»Das war Freds Idee!« sagte der Jäger ängstlich und zeigte auf seinen gefallenen Kameraden.
»Fred?« Doc lächelte und warf einen liebevollen Blick auf den Schrankkoffer im Beiwagen. »Darf ich vorstellen? Fred - Fred.«
»Er meinte, wir könnten die verkaufen!« brabbelte der Jäger mit aufgerissenen Augen weiter. »Wir haben rausgefunden, wo die lebten, haben ihre Spuren bis zu dieser Höhle verfolgt, und Fred, der hatte ein Dings dabei, so ein, na, einTrannkwillitzergewehr-«
»Ein Trannkwillitzergewehr«, wiederholte Doc. »Ein Trannkwillitzergewehr«, sagten die übrigen Decadents im Chor.
»Wir haben sie schlafen gelegt«, fuhr der Jäger fort. »Richtig fein schlafen gelegt, die Jungen. Aber es war stockdunkel wie sonst was, und es war ne ganz schöne Plackerei, die zum Anhänger zu schleppen. Und dann ist die Bärenmutter aufgekreuzt...«
»Die Bärenmutter«, sagte Doc.
»Die Bärenmutter«, wiederholten die Decadents. _’ »Ja... ja, die Bärenmutter. Die ist aufgekreuzt, aber wir haben uns mit den Jungen irgendwie aus dem Staub gemacht und Scheiße, Mister, wollen Sie uns umbringen oder was?«
»Mal sehen«, entgegnete Doc. »Sammeln Sie ihren Fred ein und stellen Sie sich in die Mitte der Straße, bitte.«
»W-was?«
»Stellen Sie sich in die Mitte der Straße. Beide. Und Fred.«
Nach kurzem Zögern hoben die zwei Jäger Fred auf und schleppten ihn ein Stück weiter. Vier Decadents bestiegen ihre Maschinen und fingen an, die Jäger wie Haie zu umkreisen. Sleazy und Bashful sprangen hinten auf den Anhänger drauf und rüttelten an der mit drei Vorhängeschlössern gesicherten Käfigtür. Ein Bärenjunges streckte eine Tatze nach ihnen aus und zog sie schleunigst wieder zurück, als Sleazy mit seiner Schneekette zuschlug.
»He!« rief der kuhäugige Jäger, zu jeder Hilfeleistung bereit, die seine Überlebenschancen verbessern könnte. »He, ich hab die Schlüssel, wenn Sie möchten!«
»Danke, nicht nötig«, sagte Sleazy und rüttelte weiter. Die drei Vorhängeschlösser gaben allmählich nach.
Doc begab sich wieder auf die Veranda des Cafes zurück, um bei den Festivitäten zuzuschauen. Einen solchen Spaß hatte er nicht mehr gehabt, seitdem er von den Firedrakes, einer rivalisierenden Gang, aus Providence verjagt worden war. Als er einen Blick ins Cafe warf, sah er, daß der Wachtmeister - trotz Perry Baileys eifrigen Wiederbelebungsversuchen - noch immer hinüber war.
»Gut«, sagte sich Doc. Wenn der Wachtmeister ein typischer Vertreter der Auker Bürgerschaft war, dann hätten sie mindestens noch eine halbe Stunde Zeit, bevor jemand das Spektakel mitbekam und den Mut aufbrachte, die Staatspolizei zu rufen. Die Rocker könnten sich bequem über die Grenze nach New York absetzen, ehe der erste Bulle aufkreuzte.
Die vier Decadents zogen ihre Kreise enger um die Jäger. Einer scherte nach innen aus und fuhr mitten durch das Grüppchen, wobei er dem Kuhäugigen leicht auf die Schulter klopfte und ihm einen Schrei entlockte. Doc mußte darüber lachen und stieß dabei mit dem Oberschenkel gegen das Damebrett der Badewannes. Plötzlich wurde ihm bewußt, daß die zwei Alten weg waren.
»Mist«, sagte er. Sie waren nirgends zu sehen; es bedurfte keines besonderen Scharfsinns, um ihr Vorhaben zu erraten. Schlagartig schweißfeucht, schaute Doc die Straße hinunter in der Erwartung, sich anschleichende Staatspolizisten zu erblicken. Statt dessen sah er die Bohemier, und die brachten ihn irgendwie noch mehr aus dem Gleichgewicht.
»Was...«
»Guten Morgen!« begrüßte Löwenherz die Rhode Island Decadents mit kräftiger, klarer Stimme. Die Motorradfahrer hörten auf zu kreisen, und alle Augen richteten sich auf die Bohemier. Sie standen aufgereiht nebeneinander und versperrten die Straße. Mit Ausnahme Ragnaröks, der seine Maschine weiterhin geduldig aufbrummen ließ, waren alle abgesessen.
Löwenherz fuhr fort: »Wer in dieser Stadt nichts zu suchen hat,
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