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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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viel Kraft, als wir ihn in der Grube versenkten.« Julius grinste so, daß es Hobart eiskalt überlief. »Wer könnte das besser wissen als ich?«
    »Er kann unmöglich noch am Leben sein. Ich weigere mich, das -«
    »Und warum verbietest du dann deiner Enkelin, hierherzukommen, hm? Hast du Angst, eine böse Erinnerung könnte sie überfallen?«
    »Es gibt hier Ratten...«
    »Klar. Aber nicht sie sind es, vor denen du dich fürchtest, Hobart, und das weißt du auch ganz genau.«
    Hobart öffnete den Mund, um zu protestieren, als der Boden unter seinen Füßen bebte und ein Donner ertönte, als habe irgend etwas von unten in die Erde eingeschlagen. Sein Herz flatterte, seine Hand griff nach dem Schwert. Er drehte sich um und sah, daß die quadratische Steinplatte nicht mehr ganz eben lag, das Erdreich darunter sich etwas emporgewölbt hatte.
    »Er wird herauskommen«, fuhr Julius fort. »Jemand, der mehr Macht hat als du und ich, wird ihn herauslassen und mit Vollmachten versehen. Und er hat dich nicht vergessen, Hobart.«
    »Ich bin alt!« protestierte der Kobold, ohne die Hand vom Schwert zu nehmen. »In meiner Jugend habe ich ihm gegenübergestanden! Ist das denn noch nicht genug? Warum zweimal in einem Leben?«
    »Frag mich nicht«, entgegnete Julius. »Große Fragen sind nie meine Sache gewesen, und mit Sicherheit hat das Schicksal noch nie was auf meine Meinung gegeben. Schließlich hab ich ja nicht einmal die erste Runde überlebt.«
    Gewissensbisse. »Julius. Bitte...«
    »Nimm vor des Märzen Idus dich in acht, Hobart«, sagte Julius und wandte sich ab. »Und vor der Zeit davor. Diesmal wird sogar das Große Volk in Mitleidenschaft gezogen werden.«
    Er verschwand, wurde von der Dunkelheit verschluckt.
    »Warte! Julius, warte!«
    Hobart rannte los, doch Julius war nicht einzuholen, und als der Kobold die Verfolgung schließlich aufgab und um sich blickte, hatte er sich nicht von der Stelle bewegt. Noch immer lag die weiße Marmorplatte links von ihm, jetzt noch schräger als zuvor. Sie kann jeden Moment umkippen, dachte Hobart, und eine mit einem Silberband umwundene Kiste wird aus dem Boden hervorschießen. Und dann wird sie aufgehen, die Büchse . . .
    Es dauerte lange, bis die Vision verblaßte.
     
    Ragnaröks Traum
     
    I
     
    »Wie kann ich dir bloß danken?« fragte Jinsei später. Sie standen vor Low-Rise Nummer 8, dem Internationalen Wohnzentrum auf dem North Campus. Tief beschämt, hatte Lenny Chiu es abgelehnt, sich in der Gannett-Poliklinik verarzten zu lassen, und war schon hineingegangen, um sich das Blut vom Gesicht zu waschen.
    »Du brauchst mir nicht zu danken«, sagte Ragnarök zu ihr. »Was ich heute getan habe, verdient keinen Dank.«
    »Du hast Lenny davor bewahrt, noch schlimmere Prügel zu
    beziehen.«
    »Indem ich zwei Typen windelweich geprügelt und einen dritten terrorisiert habe. Wirklich tolle Sache.«
    »Aber sie hatten es wirklich verdient«, wandte Jinsei ein.
    »Sie -«
    »Verdient hätten sie, verhaftet zu werden«, sagte Ragnarök. »Ich hab ihnen lediglich vorgeführt, was es heißt, jemand nach allen Regeln der Kunst zur Sau zu machen. Vielleicht ist das auch eine Art ausgleichende Gerechtigkeit, aber ich verrat dir eins: An Gerechtigkeit hab ich nicht gedacht, als ich Shelton flachgelegt habe. Ich hab gedacht, wie gut es sich anfühlt, dem Hurensohn die Magenwand einzudrücken.«
    »Vielleicht«, schlug sie zaghaft vor, »ist es ja auch gar nicht so schlimm, sich darüber zu freuen, wenn man solchen Typen weh
    tut.«
    »Wirklich? Wenn man von dem ›vielleicht‹ absieht, möchte ich wetten, daß es genau das ist, was Shelton zu seiner Heldentat sagen würde.«
    Schweigen. Ragnarök nickte kurz und setzte den Fuß auf den
    Kickstarter.
    Sie hielt ihn mit einer weiteren Frage auf. »Was hast du gemeint, als du sagtest, dein Vater habe seine Seele dem Teufel verkauft?«
    Ragnarök starrte eine Zeitlang zu Boden. »Ich meine damit«, erwiderte er, »daß ich kein Recht habe, mich für was Besseres als Jack Baron zu halten. Weißt du, was ein Bettlakenverkäufer aus Georgia ist?«
    Jinsei schüttelte den Kopf.
    »Ist auch nicht so wichtig«, sagte Ragnarök nach einer weiteren Pause. »Hör mal, soll ich dich nach Hause bringen?«
    »Bin schon da«, antwortete sie und wies mit einer Kopfbewegung auf das Wohnheim.
    »Dann solltest du jetzt besser reingehen. Dein Freund kann wahrscheinlich ein bißchen Gesellschaft brauchen.«
    »Ich glaube, Lenny möchte jetzt allein sein. Er

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