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Fool on the Hill

Fool on the Hill

Titel: Fool on the Hill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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schämt sich wahrscheinlich sehr wegen dem, was passiert ist. Du weißt schon... daß jemand anders ihm -«
    Ragnarök nickte. »Die Bullen wird er wohl nicht rufen, wie ?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Gut«, sagte Ragnarök. »Dann ist die Sache aber noch nicht ausgestanden. Morgen um diese Zeit wird das, was ich mit Jack und Shelton getan habe, keine Bedeutung mehr haben. Sie haben weit mehr Schiß davor, daß der Verbindungsrat sie auffliegen läßt, als vor mir.«
    »Ich werd mit Lenny darüber reden«, versprach Jinsei
    »Tu das.«
    Er trat die Maschine an. Jinsei berührte seinen Arm.
    »Und wer heitert dich wieder auf?«
    »Was?« Ragnarök sah sie an und merkte jetzt erst, daß sie weinte.
    »Du sagst, Lenny könnte ein bißchen Gesellschaft brauchen«, sagte sie. »Aber erzähl mir nicht, daß du dich nach diesem Abend nicht elend fühlst.«
    »Was mich krank macht, ist, daß es mir Spaß gemacht hat. Aber wenn du glaubst, daß es mich schockiert hätte zu sehen, wie die Ratten sich aufgeführt haben, dann irrst du dich. Himmel, bild dir doch nicht ein, du seist hier vor Reaktionären sicher, bloß weil die in Politik auch Marx anbieten.«
    Jinsei gab keine Antwort. Sie senkte nur den Kopf und weinte heftiger. Ohne nachzudenken, streckte Ragnarök die Hand aus, um ihre Wange zu streicheln. Er merkte es rechtzeitig und hielt in seiner Bewegung inne, doch im selben Augenblick beugte sich Jinsei zu seiner großen Überraschung plötzlich vor. Er saß noch immer auf dem Motorrad, und so befand sich sein Kopf auf gleicher Höhe mit dem ihren.
    »He -«, sagte Ragnarök, als sie sich an ihn lehnte. Jinsei zögerte nicht; ihre Lippen berührten die seinen, und nach einem Augenblick völliger Verwirrung erwiderte er ihren Kuß.
    Sie umarmten sich beim Licht des Sichelmonds.
     
    II
     
     
    Er wollte sie nicht mit nach Hause nehmen. Als sie sich schließlich voneinander lösten, bestand Ragnarök darauf, daß Jinsei, sosehr sie auch bei ihm bleiben wollte, ins Wohnheim ging. Er wußte, daß ihr sein Haus nicht gefallen würde - niemandem gefiel es -, und er wollte auch nicht mit ihr in die Risley Hall, wo er eventuell dem Top oder sonst einem Bohemier über seinen Zusammenstoß mit den Rho Alphas würde Rede und Antwort stehen müssen. Abgesehen davon war er heute nacht weder ihrer noch sonst jemandes Gesellschaft würdig. Erst später, als er begriff, daß er sich in Jinsei verliebt hatte, bereute Ragnarök, sie nicht mitgenommen zu haben.
    Auf dem Heimweg brachte er das Motorrad auf hundertzwanzig und hielt die Geschwindigkeit. Zweimal verlor er um ein Haar die Kontrolle über die Maschine; einmal retteten ihn nur ein paar Zentimeter vor einem Frontalzusammenstoß mit einem Lieferwagen. Diese Beinahe-Unfälle betäubten ihn eher noch mehr, als daß sie ihn wachgerüttelt hätten, und er verlangsamte seine Fahrt erst wieder, als das Haus in Sicht kam.
    Ragnarök wohnte in einer abbruchreifen Kate auf der University Avenue, direkt unterhalb des Knochenackers. Da er keinerlei finanzielle Unterstützung von wem auch immer erhielt, konnte er sich ein Zimmer in einem Wohnheim - oder jedenfalls in Risley - nicht leisten, und Mietwucherer Denman Halfast IV. hatte ihm ein wirklich selten günstiges Angebot gemacht. Dahinter steckte allerdings keine Menschenfreundlichkeit; Halfasts scheinbare Großzügigkeit rührte lediglich daher, daß seit fünf Jahren kein anderer Student das Objekt hatte mieten wollen (wozu der Umstand beigetragen haben mochte, daß es kein warmes Wasser gab, das Haus mangelhaft verkabelt und isoliert war und sich einer blühenden Kakerlakenpopulation erfreute). Zusätzlich zur niedrigen Miete hatte Ragnarök noch - und das war für ihn das Ausschlaggebende gewesen - Halfasts Erlaubnis ertrotzt, das Haus völlig nach eigenem Geschmack zu renovieren.
    Und so war das Haus schwarz: Wände, Decken, Fußböden und die wenigen Möbel, die es enthielt (einschließlich einer uralten Kommode). Schwere, ebenholzfarbene Vorhänge, die er von der Heilsarmee in der Stadt geschnorrt hatte, sperrten jedes Sonnenlicht aus; die Lampen waren mit schwachen Birnen bestückt und zusätzlich abgedunkelt, so daß sie nur gelblich-braunes Licht spendeten. Insgesamt trugen diese Maßnahmen zur Erzeugung einer Atmosphäre bei, die Prediger »Frühe Amerikanische Nekro-Sachlichkeit« getauft hatte; aber - und das war wichtiger - sie schufen eine Umgebung, in der Ragnarök selbst das einzig Weiße war. Und da auch Bettlaken und

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