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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Supergenies zur exklusiven Versammlungshöhle eines Stamms wilder Spielbetreiber geworden, die sich, eifersüchtig und überbezahlt, fortan schreiend und Zähne fletschend darin verschanzt hielten. Keine Reinigungskraft wagte, ihr Reich zu betreten. Selbst die persönlichen Assistenten trauten sich bloß bis zur Tür, wo sie unterwürfig um Audienz baten und sich unter den nach ihnen geworfenen Abfällen wegduckten. Die Herren des Spiels ließen sich nicht gern bei der Arbeit stören.
    Connor Prikkel hatte sein erwähltes Volk gefunden. Offiziell war er Vizepräsident, aber der einzige Mensch, der ihm unterstellt war, war ein persönlicher Assistent. Dessen Job war es, Connor ein paar Mal im Monat aus der Kommandozentrale zu fischen, ihn im firmeneigenen Fitnessstudio einer Dampfreinigung zu unterziehen, ihn in den firmeneigenen Jet zu setzen und ihn auf der ganzen Welt auf Presse und Spieler loszulassen, damit er ihnen – mit überlegenem Lächeln – erklärte, wie genau es Coca-Cola-Games eigentlich schaffte, drei der zwanzig größten Wirtschaftsräume der Welt zu kontrollieren.
    Die restliche Zeit war es Connors Aufgabe, an dem zu arbeiten, was sich am ehesten als eine Art Fingerspitzengefühl bezeichnen ließe – jenes gewisse Prickeln, das man auf dem weichen Polster der Nervenenden an der Spitze seiner Finger zu spüren glaubt, wenn die ganze Welt darauf zur ruhen scheint. Das Gefühl, wenn man einen Basketball locker in den Händen hält und ganz genau weiß, wohin man treffen wird. Oder wenn man ein Baby hält und spüren kann, wie es einschläft oder aufwacht. Das Gefühl, wenn man den Lenker seines Rads nur ganz leicht berührt, während man einen steilen Hügel hinab schießt, und gerade so viel bremst, dass man auf der messerscharfen Linie zwischen sicherer Ankunft und einem Überschlag balanciert.
    Propriozeption bezeichnet die Fähigkeit, die Lage des eigenen Körpers im Verhältnis zu seiner Umgebung wahrzunehmen. Es ist ein sechster Sinn, und in der Regel bemerkt man ihn nicht mal, bis man ihn verliert – beispielsweise dann, wenn man seine Finger miteinander verknotet und feststellt, dass man mit dem linken Zeigefinger wackelt, obwohl man den rechten hatte nehmen wollen; oder wenn man am Ende einer Treppe ins Leere tritt, weil man noch eine nicht existierende Stufe hatte nehmen wollen.
    Jenes besondere Fingerspitzengefühl ist in gewisser Weise die Propriozeption der ganzen Welt, eine Ausdehnung dieses sechsten Sinns auf die gesamte Umgebung. Manche Lehrer können die schlechte Stimmung ihrer Klasse förmlich riechen. Fußballspieler können es spüren, wenn ein Mannschaftskamerad am anderen Ende des Felds auf den Ball wartet.
    Connors sechster Sinn ließ ihn alles spüren, was in den von ihm betreuten Spielen vor sich ging. Er wusste es, wenn die Goldfarmer in Svartalfheim Warriors eine große Aktion vorbereiteten oder Zombie Mecha in der Spielergunst abstürzte. Er wusste Bescheid, wenn eine große Gilde einen Raid in Odins Festung durchzog, sechshundert Menschen in sechshundert Avataren, mit Generälen, Captains und Lieutenants. Er spürte es auch, wenn es in Zombie Mecha einen Stau auf der Brooklyn Bridge gab, weil zu viele Ronin nach Manhattan strömten, um das Flatiron Building leerzuräumen.
    AlldiesesWissenfandseinenWegdurcheineVielzahlsichständigverändernderQuellenzuihm – Tabellen,Chat-Logs,Server-Logs,Balkendiagramme,dieihnüberServer-undSpeicherauslastung,unerwarteteAusfälle,AbwanderungsquotenundjedennochsokleinenVorganginformierten.SiezogenineinerbuntenParadeaufdemriesigenBreitbildmonitorseinesLaptopvorüber,inhalbtransparentenFenstern,dieihmnichtdieSichtaufdiejeweilsvierCharaktereversperrten, die er in beiden Welten zeitgleich spielte.
    Jeder Spielbetreiber erwarb seinen sechsten Sinn auf andere Weise. Der Prozess war so individuell wie die letzten Gedanken vor dem Einschlafen oder die Gründe, aus denen man sich verliebt. Manche arbeiteten am liebsten mit mehreren Bildschirmen, am besten gleich mit vier oder fünf. Einige hatten eine Sprachausgabe am Start und lauschten dem Murmeln des Chat. Andere schauten sich bloß Diagramme an oder aber nur Logs, wieder andere nur das Spielgeschehen selbst. Coca-Cola-Games hatte ein paar Psychologen angeworben, um die einzelnen Methoden aufzubereiten und zu perfektionieren. Es brauchte nur einen knappen Tag, dann flogen sie, begleitet von einem Sturm von Beleidigungen und Flüchen, aus der Zentrale.
    Die Spielbetreiber wollten sich nicht

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