Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
Vom Netzwerk:
wir keine Arbeit.«
    Das Metallgesicht des Giganten nickte. »Stimmt. Zuerst wird es vielleicht nicht leicht für dich. Vielleicht könnten deine Freunde etwas beisteuern. Auch dafür sind Gewerkschaften da: Es nennt sich Streikgeld. Aber irgendwann würden du und ich, wir alle, in einer Welt mit anständigen Löhnen leben und unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten, an einem angemessenen Arbeitsplatz. Ist das nicht ein kleines Opfer wert?«
    Darum also ging es. »Du willst, dass ich ein Opfer bringe. Warum sollte ich das tun? Wir sind arm. Wir kämpfen für wenig, weil wir noch weniger haben. Weshalb sollten wir etwas opfern? Warum opferst du nicht was?«
    »Wir haben alle etwas geopfert, Schwester. Mir ist klar, dass das alles ganz neu für dich ist und du Zeit brauchen wirst, dich mit dem Gedanken vertraut zu machen. Ich bin mir sicher, wir werden uns eines Tages wiedersehen. Schließlich spielen wir alle in derselben Welt, nicht wahr?«
    Mala bemerkte, dass der Atem der anderen Personen auf dem Chat-Kanal verstummt war. Eine kurze Zeit war sie allein mit dieser Frau gewesen, die sie »Schwester« nannte.
    »Wie heißt du?«
    »Mein Name ist Nor-Ayu, aber alle nennen mich Schwester Nor. Auf der ganzen Welt nennt man mich so. Wie soll ich dich nennen?«
    MalasNamelagihraufderZungenspitze,abersiesprachihnnichtaus.Stattdessensagtesie:»GeneralRobotwallah.«
    »Ein guter Name«, bemerkte Schwester Nor. »Es war mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen.« Mit diesen Worten ließ der riesige Mech sie fallen und stapfte davon. Zombies knirschten unter seinen Füßen.
    Mala stand auf und streckte ihre Muskeln und den knackenden Rücken. Sie hatte stundenlang gesessen.
    Sie rollte mit dem Kopf, lockerte die Schultern und sah, wie Mrs. Dottas dummer Neffe sie beobachtete. Auf seinen geschürzten Lippen stand der stinkende Betelspeichel, und er starrte sie so unverhohlen an, dass sich ihr der Magen umdrehte.
    »Mirzuliebebistdualsonochgeblieben«,sagteermitbreitemGrinsen.SeineZähnewarenbraun.ErwarkeinechterSchwachkopf – nurziemlichlangsaminderBirne,dafüraberviehischstark.Mrs.Dottasprachimmervonseiner»besonderenKraft«.Malafand,dassereinfacheinüblerSchlägerwar.Siehattegesehen,wieersichindenengenGassenDharavisbenahm:ErmachteniePlatzfürFrauenoderältereMenschen.Stattdessenzwangersie,einenBogenumihnzuschlagen,selbstwennsiedafürinMatschoderSchlimmerestretenmussten.UnderkautedieganzeZeitüberBetelnuss.VieleLeutetatendas,eswarwiemitdemRauchen,aberihreMutterverabscheuteesundhatteihrsohäufigeingetrichtert,esseieineniedereundschmutzigeGewohnheit,dasssienichtanderskonnte,alseineschlechte Meinung von Betelkauern zu haben.
    Er taxierte sie mit blutunterlaufenen Augen. Sie fühlte sich auf einmal sehr verwundbar, so wie sie sich bei ihrer Ankunft in Dharavi die ganze Zeit gefühlt hatte. Sie machte einen Schritt nach rechts – er machte ebenfalls einen Schritt nach rechts. Damit hatte er eine Grenze überschritten: Indem er ihr den Ausgang blockierte, hatte er seine Absicht kundgetan, ihr wehzutun. Das war grundlegende Militärstrategie: Er hatte den ersten Schritt getan, also hatte er die Initiative übernommen – allerdings auch als Erster sein Blatt offengelegt …
    Sie machte eine Finte nach links, und er fiel darauf herein. Gleich darauf senkte sie den Kopf wie ein Stier und rammte ihn in die Brust. Da er bereits aus dem Gleichgewicht geraten war, fiel er hin. Sie hielt nicht inne, schaute nicht zurück, machte einfach weiter, wie ein angreifender Stier. Eine Ferse trat ihm in die Rippen, eine ins Gesicht, drückte ihm Lippen und Nase ein. Sie hätte sich ein knirschendes Geräusch gewünscht, es gab aber keins.
    Dann war sie zur Tür hinaus und stand in der kühlen Nachtluft Dharavis. Sie hörte das Geräusch von Ratten auf den Dächern, fernen Straßenlärm und Schnarchen. Dazu viele andere, schwerer bestimmbare Klänge, die sich in den Schatten verbargen und sie zu beobachten schienen. Gedämpfte Gespräche. Ein ferner Zug.
    Plötzlich kam sie sich ziemlich blöde vor, ihre Armee fortgeschickt zu haben.
    Hinter sich hörte sie einen bedrohlichen Laut: Der dumme Neffe krachte durch die Tür und trampelte auf die unbefestigte Straße hinaus. Sie glitt in eine Gasse zwischen zwei Gebäuden, kaum breiter als sie selbst, und trat mit einer ihrer Sandalen in eine warme Flüssigkeit, die einen üblen Geruch verströmte. Während der dumme Neffe an ihr vorbeistolperte, rührte sie sich nicht vom Fleck. Er stapfte zurück

Weitere Kostenlose Bücher