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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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und schaute sich nach ihr um.
    Sie wartete darauf, dass er aufgab, aber das tat er nicht. Er lief weiter hin und her – jetzt war er der Stier, rastlos, wütend, dumpf. Sie hörte seinen keuchenden Atem. Während sie auf das Handy sah, das sie mittlerweile mit einer Hand herausgeholt hatte, schirmte sie mit der anderen Hand das verräterische Licht des kleinen Displays ab. Es war jetzt 0:47, und sie war mit ihren vierzehn Jahren zu dieser Zeit noch niemals allein unterwegs gewesen.
    Ihr blieb die Möglichkeit, jemandem aus ihrer Armee eine SMS zu schreiben – sie würden doch kommen, oder? Falls sie noch wach waren oder ihre Handys sie weckten … Allerdings schliefen sie alle sicher schon fest. Und wie sollte sie ihnen die Situation erklären? Was sollte sie sagen?
    Sie kam sich wie ein Idiot vor, schämte sich. Sie hätte diese Situation vorhersehen, sich wie ein General verhalten, strategisch denken und handeln müssen. Stattdessen hatte sie sich in die Enge treiben lassen.
    Sie konnte warten. Die ganze Nacht, wenn nötig. Kein Grund, ihrer Armee ihre Schwäche zu offenbaren. Irgendwann würde der Mistkerl schon müde werden, oder die Sonne ging auf – ihr war das gleich.
    Durch die dünnen Wände links und rechts hörte sie Schnarchen. Von der Lache stiegen üble Gerüche auf, und etwas Schleimiges quoll ihr zwischen die Zehen. Es brannte auf der Haut. Über ihr trappelten die Ratten wie Regen auf dem Wellblechdach. Dumm, dumm, dumm war das Mantra, das sie ständig wiederholte.
    Der Stier wurde müde. Als er das nächste Mal vorbeikam, schnaubte er fürchterlich und blies den Gestank nach Betelnuss wie süßen Verwesungsgeruch vor sich her. Sie konnte warten, bis er nächstes Mal vorbei war, und dann losrennen.
    Es war ein guter Plan. Trotzdem gefiel er ihr nicht. Dieser Kerl … hatte sie bedroht . Er hatte ihr Angst gemacht. Dafür sollte er bezahlen . Sie war General Robotwallah, nicht bloß irgendein Mädchen vom Dorf. Sie kam aus Dharavi. Sie war schlau und mit allen Wassern gewaschen.
    Abermals zog sein Schnauben an ihr vorbei. Sie schlüpfte aus der Gasse und zog ihre Füße mit hörbarem Ploppen aus dem Matsch. Er schaute immer noch in die andere Richtung und hatte sie noch nicht gehört.
    Die dümmeren Jungen in ihrer Armee kämpften nur von Angesicht zu Angesicht, redeten davon, dass keine »Ehre« darin liege, von hinten anzugreifen. Ehre war bloß eine Sache für dumme Jungs. Sieg war besser als Ehre.
    Sie fasste sich ein Herz, rannte auf ihn zu, die Arme angespannt, die Hände auf Schulterhöhe, schlug zu und blieb in Bewegung, genau wie zuvor. Und wieder traf ihn der Angriff völlig unvorbereitet, sodass er das Gleichgewicht verlor und stürzte. Das Geräusch, mit dem er in den Schmutz fiel, war wie das einer Ziege, die auf der Schlachtbank zusammensackt. Er versuchte sich wegzurollen, doch sie sprang los, landete mit beiden Füßen auf seinem Rücken und spürte durch die dünnen Sandalensohlen hindurch, wie seine Rippen knackten. Er heulte vor Schmerz auf und blieb danach wie betäubt im Dreck liegen.
    Sie kniete sich neben ihn und führte ihre Lippen dicht an sein haariges Ohrläppchen.
    »Im Café hab ich keineswegs auf dich gewartet«, sagte sie. »Ich hatte ganz andere Sorgen. Ich mag dich nicht. Du solltest Mädchen nicht jagen, denn die Mädchen könnten umdrehen und es dir heimzahlen. Hast du mich verstanden? Sag, dass du verstanden hast, bevor ich dir die Zunge rausreiße und dir den Arsch damit wische.« Im Chat redeten die Jungs immer so, und es hatte ihr nie sonderlich gefallen. Aber die Worte hatten Macht, das konnte sie spüren. Sie waren heiß wie Blut in ihrem Mund.
    »Sag, dass du verstanden hast!«, zischte sie.
    »Verstanden«, sagte er. Wegen der zerquetschten Lippen und der eingedrückten Nase kam es nur undeutlich heraus.
    Sie wandte sich schon ab und wollte gehen, da stöhnte er auf und rief ihr nach: »Nutte! Du dumme Nutte!«
    Sie überlegte nicht lange, sie handelte einfach: drehte sich um, rannte auf seine immer noch wehrlose Gestalt in der Dunkelheit zu, ein Schritt, zwei, wie ein Profifußballer vor einem Freistoß, und dann trat sie zu. Übel riechendes Wasser spritzte von ihrer durchweichten Sandale, als sie seinen riesigen Brustkorb traf. Irgendetwas darin brach, was auch immer – fühlte sich das nicht einfach herrlich an?
    Er war jeder Mann, der ihr je Angst gemacht hatte. Der ihr schmutzige Dinge hinterhergerufen oder ihre Mutter terrorisiert hatte. Er war der

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